Weiß-blaue Kapseln
Krebsbekämpfung bei Kindern: Künftig auch mit Kapseln? Bildrechte: IMAGO / YAY Images

Studie Ceritinib: Krebsmedikament auch für Kinder und Jugendliche

18. November 2021, 12:16 Uhr

Weit mehr als 2.000 Kinder und Jugendliche bekamen in Deutschland im Jahr 2019 die Diagnose Krebs und nicht alle wurden geheilt. Bei jedem fünften Kind schlagen die Therapien nicht gut genug an. Umso wichtiger ist eine Studie, die nun veröffentlicht wurde. Mit ihr wurde die gute Wirkung eines neues Mittels gegen Krebs bei Kindern nachgewiesen.

Krebs bei Kindern und Jugendlichen: Das Thema macht ratlos, denn sie haben noch ihr ganzes Leben vor sich. Das ist die eine Seite. Die andere: Pharmakonzerne forschen vor allem an Medikamenten für Erwachsene. Kinder hatten sie lange Zeit weniger im Fokus, bis sie vor zehn Jahren von der EU gesetzlich dazu verpflichtet wurden. Seitdem wird für mehr Medikamente auch eine Variante entwickelt, die für Kinder und Jugendliche geeignet ist. Um so ein Präparat handelt es sich auch jetzt bei einer neuen Studie zu einem Medikament, das Erwachsene schon seit 15 Jahren bekommen. Für Kinder und Jugendliche fehlte noch die Zulassung. Nach einer Studie mit weltweit 83 Patienten in neun verschiedenen Ländern, davon alleine 30 Patienten in Deutschland liegt jetzt die Zulassung auf dem Tisch. Name des Medikaments: Ceritinib. Dr. Jonas Schulte ist Facharzt für Kinder und Jugendmedizin, stellvertretender Klinikdirektor an der Charité und leitete den Part der internationalen Studie in Berlin. Er sagt im Gespräch mit MDR WISSEN über das Mittel gegen Krebs: "Das ist ein ganz normales Medikament in Tablettenform. Die Patienten können entweder ein Pulver oder eine Tablette schlucken."

Medikament gegen Krebs mit weniger Nebenwirkungen

Verglichen mit einer Chemo oder Bestrahlung soll es gezielter wirken und weniger Nebenwirkungen haben, führt Johannes Schulte aus. Kinder könnten sogar weiter in die Schule gehen. "Es sind jetzt Patienten in die Studie eingeschlossen worden, bei denen die Chemotherapie und die Bestrahlung bereits nicht mehr wirksam waren, also bei denen diese Therapien bereits ausgereizt waren. Dann konnten wir trotzdem noch eine Wirksamkeit beobachten." Ceritinib sei ein sehr wirksames Mittel, so Schulte und könne sogar sehr aggressive Tumore bewältigen. Und zwar solche, die eine bestimmte genetische Veränderung haben. Die Heilungschancen dieser Tumore sind sehr gering und liegen nur bei 30 Prozent. Bei Erwachsenen finden sie sich zum Beispiel im Lungenkarzinom, im Kindesalter im Neuroblastom, einem besonders aggressiven Tumor im Kopf.

Ab jetzt wird das Medikament parallel zu Chemo oder Bestrahlung eingesetzt

Die aktuelle Arbeit hatte nun zwei Ziele: Nebenwirkungen ausschließen und die Wirkung beweisen. Das ist nun geschehen. Trotzdem sind noch viele Fragen offen. Zum Beispiel, wie lange Ceritinib eingenommen werden muss. Mediziner Schulte sagt: "In dieser frühen klinischen Studie haben wir Patienten, die das Medikament so lange genommen haben, bis der Therapieerfolg mit einer Folgetherapie konsolidiert wurde, bei Neuroblastom zum Beispiel mit einer Stammzelltransplantation. Es gibt auch andere Patienten, die wir über mehrere Jahre zum Teil mit diesem Medikament behandelt haben."

Als nächstes kommt eine Phase-3-Studie. Darin geht es jetzt nicht mehr um die Wirkung, sondern darum zu zeigen, ob das neue Medikament Kinder und Jugendliche auch wirklich heilen kann. Das heißt, in der Folgestudie beginnt die Therapie nicht erst, wenn alles andere durchprobiert wurde, sondern parallel zu einer Chemo oder Bestrahlung. Ceritinib kann schon jetzt von jungen Patienten und Patientinnen genutzt werden. Johannes Schulte erwartet eine Steigerung der Heilungschancen von dreißig auf fünfzig Prozent.

Link zur Studie

Die Studie "Ceritinib in paediatric patients with anaplastic lymphoma kinase-positive malignancies: an open-label, multicentre, phase 1, dose-escalation and dose-expansion study" ist in The Lancet Oncology erschienen.

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