Ein Landwirt bringt mit seinem Traktor und einer großen Pflanzenschutzspritze ein hochwirksames Pflanzenschutzmittel auf das Feld aus.
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Entzündung im Gehirn Studie belegt Langzeitschäden durch Glyphosat im Gehirn von Mäusen

10. Dezember 2024, 15:59 Uhr

Das Pestizid Glyphosat ist schon lange umstritten: Während viele Landwirte weltweit nach wie vor darauf schwören und die EU ein generelles Verbot zuletzt zehn Jahre aufgeschoben hat, warnen Forschende vor den Risiken. Eine aktuelle US-Studie zeigt nun, dass der Kontakt mit Glyphosat langfristig schädlich für das Gehirn ist und tatsächlich mit der Entwicklung neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer in Verbindung stehen könnte.

Schon ein kurzer Kontakt mit dem Pestizid Glyphosat kann Schäden im Gehirn verursachen, die auch lange danach noch bestehen bleiben können. Das ist das Ergebnis einer Studie der Arizona State University und des Translational Genomics Research Institute (TGen). Sie zeigt, dass Mäuse, die dem Pflanzenschutzmittel ausgesetzt sind, eine erhebliche Entzündung im Gehirn entwickelten. Das Entzündungsbild werde außerdem auch mit neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer in Verbindung gebracht. Die Ergebnisse legten nahe, dass das Gehirn möglicherweise viel anfälliger für die schädlichen Auswirkungen des Pestizids ist als bisher angenommen, schlussfolgern die Forschenden.

Das Forschungsteam hat für die Untersuchung verschiedene Mäuse mit Glyphosat in Kontakt gebracht. Einige der Tiere trugen dabei die genetischen Voraussetzungen für Alzheimer. Hier konnte das Team beobachten, dass sich durch das Pestizid verstärkt die sogenannten Plaques und Tau-Verwicklungen bilden, die klassischen diagnostischen Marker der Alzheimer-Krankheit. Sie stören die neuronale Funktion und stehen in direktem Zusammenhang mit Gedächtnisverlust und kognitivem Abbau. Auch nach einer sechsmonatigen Erholungsphase wurde das Glyphosat-Abbauprodukt Aminomethylphosphonsäure in den Mäusen nachgewiesen, welches im Verdacht steht, die Alzheimer-Symptomatik zu befördern und Krebs auszulösen.

Die Effekte seien auch bei einer niedrigen Dosis Glyphosat, die der derzeit akzeptablen Dosis für Menschen entspreche, zu beobachten gewesen, so das Forschungsteam. Das Pestizid verursache einen anhaltenden Anstieg der Entzündungsmarker im Gehirn und im Blut, auch nach der Erholungsphase. Diese anhaltende Entzündung könnte das Fortschreiten neurodegenerativer Erkrankungen, einschließlich Alzheimer, vorantreiben und die Gesundheit des Gehirns beeinträchtigen, heißt es.

Glyphosat ist eines der weltweit am meisten genutzten Pflanzengifte und wird insbesondere in der Landwirtschaft eingesetzt. Zahlreiche Menschen sind ihm tagtäglich ausgesetzt und die Untersuchungsergebnisse legten nun nahe, so die Forschenden, dass die Einnahme von Glyphosatrückständen auf mit dem Mittel besprühten Lebensmitteln möglicherweise ein Gesundheitsrisiko darstellt. Nach einer Diskussion um ein Verbot von Glyphosat in der Europäischen Union, bei der sich die Mitgliedsstaaten nicht einigen konnten, hatte die Kommission im November 2023 entschieden, die Nutzung von Glyphosat für weitere zehn Jahre bis 2033 zu genehmigen. In Deutschland ist der Einsatz beschränkt und grundsätzlich unter anderem in Wasser- und Heilquellenschutzgebieten sowie in Haus- und Kleingärten untersagt.

Links/Studien

Bartholomew, Samantha et. al.: Glyphosate exposure exacerbates neuroinflammation 1 and Alzheimer’s disease-like 2 pathology despite a 6-month recovery period in mice. In: Journal of Neuroinflammation. 2024. doi:10.1186/s12974-024-03290-6.

(kie)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 15. Juni 2024 | 05:54 Uhr

17 Kommentare

Julius Senegal vor 3 Wochen

In den Kommentaren reitet die MDR-Redaktion immer auf die umstrittene (!) Bewertung des IARC rum. Das IARC bewertet nur, ob eine Substanz theoretisch (also wenn man Glyphosat literweise säuft oder täglich darin badet) krebserregend sein kann. Aufgrund mittlerweile bizarren Mausstudien aus dem Dunstkreis des Fälschers Séralini wurde es in diesselbe Gruppe eingestuft, in der auch die Tätigkeit des Friseurs fällt.

Zur Mausstudie selbst - tonnenweise Glypohsat, das die armen künstlichen Mäusen (3xTg-AD gibt es in der Natur gar nicht, btw: "only female 3xTg‐AD mice were used because males do not display consistent neuropathology") trinken mussten. Prima, eine weitere Unsinnsstudie / Tierquälerei.

Die EFSA hat letztens Tonnen an Studien ausgewertet - nichts dran an der Gefährlichkeit Glyphosats. Nur Lobbyisten sehen die Entscheidung als "umstritten" an. Der MDR-"Wissen"-Team aber in den Kommentaren: Es gibt solche und es gibt solche, also false balance. Nein, gibt es nicht.

na so was vor 6 Wochen

Stimmt. Aber mit Verlaub, das Risiko, von einem abstürzenden Schornstein erschlagen zu werden, ist auch nicht komplett ausschließbar, trotzdem stehen überall Schornsteine auf den Dächern. So what, also über die pflanzlichen Bestandteile kann kein Glyphosat durch Nahrungsaufnahme aufgenommen werden, gut, daß wir das mal herausgearbeitet haben, da werden einige jetzt verwundert sein. Zum Verbleib im Boden und Grundwasser verweise ich auf diverse Beiträge zum Thema, bspw. von der Bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft, über den Abbauzyklus von Glyphosat und seinem Abbauprodukt AMPA. Darin wird von einer Halbwertzeit der Verbindungen im Boden von durchschnittlich 21 Tagen (Glyphosat) und 80 Tagen (AMPA) , ein Austrag in das Grundwasser erfolgt aufgrund der sehr hohen Bodenadsorbtion überhaupt nicht. Durch Starkregen kann es Eintrag von Boden in Gewässer geben, im Wasser ist die Halbwertzeit 5 bis 10 Tage, der komplette Abbau nach max. 75 Tagen erledigt. Könnte,könnte,könnte......tsss.

MDR-Team vor 6 Wochen

@na so was
Nur weil die Pflanzen direkt durch Glyphosat vernichtet werden, heißt dies nicht, dass Menschen nicht doch etwas davon aufnehmen können, etwa über den Boden oder das Grundwasser. Deswegen ist ein gewisses Risiko nicht komplett ausgeschlossen.
LG, das MDR-WISSEN-Team

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