Studie an Mäusen Übergewicht macht Grippeviren stärker
Hauptinhalt
04. März 2020, 09:14 Uhr
Auf den ersten Blick verhält sich Grippe zu Adipositas wie Turnschuh zu Pumps. Beides Krankheiten, bzw. Schuhe, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben. Aber nur auf den ersten Blick. Wenn Forscher bei den Krankheiten einen zweiten Blick wagen, könnte doch noch ein Schuh draus werden. Dann nämlich, wenn Übergewicht die Viren stärker macht.
Wie stark sich ein Grippevirus verbreitet oder ändert, hängt möglicherweise vom Übergewicht eines Menschen ab. Das legt eine Studie der US-amerikanischen Gesellschaft für Mikrobiologie nahe, die anhand von Mäusen simuliert hat, wie sich ein Grippe-Virus während einer Epidemie verhält, wenn er von einem Wirt zum anderen übergeht.
Für die Studie wurden erst magere und fettleibige Mäuse mit einem Virus infiziert, dieser wurde nach drei Tagen Entwicklungszeit entnommen, und auch wieder auf fettleibige bzw. magere Mäuse übertragen. Dabei stellten die Forscher fest, dass der Virus je nach Verteilungskette, also bei dünnen oder dicken Mäusen, anders reagiert. Studienleiterin Stacey Schultz-Cherry zufolge hatte das Virus beim Übergang von fetter Maus zu fetter Maus eher neue Virus-Varianten entwickelt, als vom mageren Nager zum mageren Nager. Schultz-Sherry beschreibt das Grippe-Virus an sich als komplette Population, und die verhalte sich bei verschiedenen Mäusen sehr unterschiedlich - bei den übergewichtigen Mäusen seien die Virenstämme weit virulenter als bei den mageren, sagt sie.
Haben Viren bei gestörter Virenabwehr leichtes Spiel bei dicken Mäusen?
Grund dafür könnte eine eingeschränkte Interferon-Abwehrreaktion sein. Die Interferonreaktion im Körper ist quasi ein körpereigenes Notfallprogramm, das verhindert, dass sich Viren verbreiten und vermehren. Bei den übergewichtigen Mäusen scheint diese Reaktion nicht mehr zu funktionieren, was erklären könnte, warum sich das Virus schneller verändert.
Die Forscher wollen diesen Beobachtungen nachgehen. Zeigt sich bei Grippeviren im Menschen etwa ein ähnliches "Verhalten", und auch bei adipösen Menschen eine erhöhte Viralität der Grippeviren? Adipositas ist eine weltweit verbreitete Krankheit, in den USA galten nach einer Erhebung der OECD zufolge allein 38,2 Prozent der Erwachsenen als fettleibig. "Ist die Fettleibigkeit ein Teil der Gründe, warum wir jetzt in jeder Saison so viel Virusdrift sehen und warum wir unsere Impfstoffe ständig aktualisieren müssen?", überlegt Schultz-Cherry angesichts solcher Zahlen.
Grippezahlen in den USA
Tatsächlich kämpft die Bevölkerung der USA derzeit mit einem Grippe-Hochstand, die US-Gesundheitsbehörde CDC schätzt anhand der wöchentlich erhobenen Daten für die aktuelle Grippesaison die Zahl der Erkrankten seit Oktober 2019 auf 32 bis 45 Millionen Menschen, sowie 18.000 bis 46.000 Grippetote. Aus Europa hingegen ist nach den Zahlen auf dem EU-Grippe-Portal kein extrem hohes Vorkommen bekannt. Lediglich Rumänien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Nord-Mazedonien, Albanien und Montenegro sowie Azerbaidschan melden hohe Intensität.
Link zur Studie
Die Untersuchung mit dem Titel "Obesity-Related Microenvironment Promotes Emergence of Virulent Influenza Virus Strains" ist im Journal mBio der American Society for Microbiology erschienen.
lfw
part am 03.03.2020
Leider haben wohl die Forscher die Mäuse nicht extremer Unterernährung ausgesetzt, dann hätte sie vielleicht Rückschlüsse auf die spanische Grippe von 1918 ziehen können, mit mindestens 25 Millionen an Toten. Der wissenschaftliche Beweis ohne Gegenumkehr...