Ein Fußballplatz von oben
Vertrockneter Rasen. So sah es im Sommer 2018 auf vielen Plätzen der unteren Fußball-Ligen aus. Bildrechte: imago images/Westend61

Fußball Schadet die Fußball-Bundesliga dem Klima?

02. Dezember 2019, 15:21 Uhr

Fußballfans sind keine Verbrecher, so lautet ein Fangesang. Aber Klimasünder schon. Denn der CO2-Abdruck pro Spieltag beträgt im Schnitt 7.800 Tonnen des schädlichen Gases - so viel wie 780 Deutsche im Jahr verursachen.

Die gute alte Stadionwurst - für viele ein essenzieller Bestandteil beim Besuch eines Fußballspiels - verursacht 0,07 Kilogramm CO2. Kling wenig, aber bei rund 400.000 Bundesliga-Zuschauern läppert sich das. Für wieviel Kohlenstoffdioxid-Emissionen die Fußballfans in Deutschland genau verantwortlich sind, hat nun die Klimaberatungsfirma CO2OL ausgerechnet: 7.753 Tonnen pro Spieltag.

Fahrten verursachen zwei Drittel der Emissionen

Zum Vergleich: Laut den Experten von "TheCompensators" beträgt der CO2-Ausstoß jedes Deutschen im Schnitt ca. zehn bis elf Tonnen pro Jahr. Ein Flug von Berlin nach New York und zurück verursacht 3,87 Tonnen CO2, der durchschnittliche Jahresverbrauch an Strom pro Haushalt 3,7 Tonnen. Die Berechnungen beruhen auf dem CO2-Rechner des Umweltbundesamtes. Ein wichtiges Thema spielen die Kohlenstoffdioxid-Emissionen auch bei der UN-Klimakonferenz, die noch bis zum 13. Dezember 2019 in Madrid berät.

"In der Summe liegen wir bei rund 7.800 Tonnen CO2, die pro Spieltag ausgestoßen werden", sagt Patrick Fortyr von CO2OL. Dabei tragen die Fahrten zu den Spielen mit zwei Dritteln zu den Emissionen bei, der Konsum wie die Stadionwurst oder das Bier (0,16 Kilo) zu einem Drittel. Der Unterschied etwa zwischen Fahrrad (0 kg CO2) und dem eigenen PKW (1,6 kg CO2) ist schon bei einer Distanz von fünf Kilometern zum Stadion enorm.

Mainz 05 seit 2010 "klimaneutral"

Fans von RB Leipzig
Nach Paderborn mussten die Fans von RB Leipzig am vergangenen Spieltag rund 350 Kilometer reisen. Bildrechte: PICTURE POINT / R. Petzsche

Bei der Mobilität beeinflusst maßgeblich die Entfernung zu den Auswärtsspielen, wieviel Kohlenstoffdioxid ein Fan produziert. Die Anhänger von Bundesligist RB Leipzig etwa mussten in der Saison 2018/19 im Schnitt 406 Kilometer zurücklegen - deutlich mehr beispielsweise als die Fans von Eintracht Frankfurt (289 km) oder Mainz 05 (308), da im Rhein-Main-Gebiet sowie im nahen Nordrhein-Westfalen noch diverse andere Bundesliga-Vereine beheimatet sind.

Einige Erstligisten versuchen nun, dem entgegenzuwirken. Besonders weit sind nach eigenen Angaben die Mainzer, die sich bereits seit 2010 als klimaneutraler Verein bezeichnen. Die Rheinhessen verbauten beim Neubau ihrer Arena 2011 eine der damals größten Solardach-Anlagen auf Fußballstadien in Deutschland. Dazu fördert der Verein die Anreise der Fans mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Nachgezogen hat in diesem Jahr die TSG Hoffenheim. Der Klub aus dem Kraichgau ist als bislang einziger Sportverein Mitglied der im Herbst 2018 vom Entwicklungshilfe-Ministerium gestarteten Allianz für Entwicklung und Klima. Dabei wurden etwa in Uganda auf einer Fläche von 10.000 Hektar acht Millionen Bäume gepflanzt.

Noch viel Luft nach oben bei Bundesligisten

Insgesamt sei bei den Bundesligisten aber noch viel Luft nach oben, wie Norman Laws vom Institut für Nachhaltigkeitssteuerung an der Uni Lüneburg dem "Deutschlandfunk" sagte. Der Forscher meint, dass die Vereine ihrer Vorbildfunktion noch nicht genügend nachkommen:

Dazu gehört natürlich auch nicht nur Fans aufzufordern, umweltfreundlich anzureisen, sondern es auch selbst zu tun. Deutschland ist nun nicht gerade das allergrößte Land, es ist sicherlich auch möglich per Bahn und umweltfreundlicher anzureisen, als wenn man das mit dem Flugzeug tut.

Norman Laws

Polizeieinsätze verursachen weitere CO2-Emissionen

Was die Klimaberater allerdings noch gar nicht eingerechnet haben, sind CO2-Emissionen, die durch Polizeieinsätze entstehen. Allein in der Saison 2018/2019 waren das 1,7 Millionen Einsatzstunden. Bei Risikospielen können bis 1.000 Polizisten am Stadion eingesetzt werden.

Und Fußballspieler und -fans sind natürlich nicht die einzigen, die mit Großveranstaltungen einen gewaltigen CO2-Fußabdruck hinterlassen. Musikfestivals kennen das Problem ebenfalls, denn sie verursachen ähnlich große Emissionen. Auch dabei, so die Greenmusicinitiative, fallen allein 40 Prozent bei der An- und Abreise an.

cdi

Wissen

Familie Döring aus Magdeburg: Jenny, Jakob, Charlotte und Thomas. Schrift: "Heute schon die Welt gerettet? Familie Döring macht das Klima besser." 45 min
Bildrechte: Mitteldeutscher Rundfunk

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 15. November 2019 | 13:00 Uhr

17 Kommentare

Altlehrer am 04.12.2019

Mir gehts weniger um das persönliche Beispiel, sondern mehr um die komplexere Sicht auf den "CO2-Abdruck". Alternativ zum Fussball kann ich auch fliegen, kreuzfahren, bootfahren oder im Bett bleiben und mir alles liefern lassen. In jedem Fall verursache ich mehr CO2. Je nach politiischer Großwetterlage führt so eine Studie dann zügig zu einer Stigmatisierung von Gruppen und Interessen die dann wiederum in eine steuerliche Bestrafung mündet. Dann zahlt der autofahrende Fussballfan doppelt und dreifach.

MDR-Team am 04.12.2019

Hallo "Dynamo",

in unserem wertfreien und neutralen Artikel über den CO2-Abdruck in der Fußball-Bundesliga geht es tatsächlich nur um diesen Punkt. Über das Fliegen und dessen CO2-Belastung haben wir ebenfalls Artikel zur Verfügung gestellt:

https://www.mdr.de/wissen/umwelt/cozwei-promi-umweltsuender-100.html

https://www.mdr.de/nachrichten/politik/inland/faktencheck-internet-schlimmer-als-fliegen-100.html

https://www.mdr.de/wissen/duerfen-wir-noch-fliegen-102.html

Auch die Top 5 der CO2-Verursacher haben wir schon benannt: https://www.mdr.de/wissen/deutschland-top-fuenf-klima-emissionen-100.html

Herzliche Grüße aus Ihrer MDR-WISSEN-Redaktion

Dynamo am 04.12.2019

Danke MDR.de-Redaktion für die Nichtveröffentlichung von zwei Kommentaren von mir zu diesem Thema. Wovor haben Sie Angst ? Teilen Sie uns einfach den Anteil der Politikerreisen rund um den Erdball in Bezug auf Kohlendioxid-Emissionen mit . Wenn die UN-Klimakonferenz das für die Fußball-Fans ausrechnen kann, ist sie auch in der Lage, uns allen die Werte auszurechnen, für die "hohen Politiker", die jede Strecke mit dem Flugzeug bewältigen, verantwortlich sind. Es ist schon vorgekommen, dass ein Flugzeug nur mit Besatzung, also leer sozusagen mitgeflogen ist. Für den Fall, ein Flugzeug kann wegen eines Defektes nicht weiterfliegen. Die Fußballer und deren Fans bringen wenigstens ein Ergebnis mit nach Hause. Und die Politiker, na ja, sie haben eben weit weg von zu Hause eine Tagung abgehalten. Ein Ergebnis gibt es vielleicht beim nächsten mal. 04.12.2019, 08:40