Wissen-News Eineiige Zwillinge bewerten eigene Leistung spiegelbildlich zum anderen
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29. Januar 2024, 15:31 Uhr
Während die meisten Menschen ihre Lernleistung besser bewerten, wenn andere schlechter sind und umgekehrt, ist es bei eineiigen Zwillingen nicht so. Sie bewerten ihre Leistung besser, wenn der Co-Zwilling besser ist und schlechter, wenn auch der Co-Zwilling schlechter ist. Bildungsforscher sprechen von einem "Spiegeleffekt".
Gemeinsam lernende Menschen vergleichen ständig ihre Leistungen. Nach Erkenntnissen der empirischen Bildungsforschung tritt dabei üblicherweise ein sogenannter Kontrasteffekt ein, der sich auf das "schulische Selbstkonzept" (u.a. Wahrnehmung eigener Leistungsfähigkeit sowie gezeigte Leistung) der jeweiligen Personen auswirkt. Sprich: Schneiden die anderen besser ab, schätzt man seine eigenen Fähigkeiten schlechter ein. Zeigen die anderen weniger gute Leistungen, empfindet man sich als begabter und fähiger.
Dieser "Kontrasteffekt" gilt für die meisten Menschen, nicht jedoch für eineiige Zwillinge. Bildungsforscher der Universität Tübingen fanden heraus, dass in ihrem Leistungsvergleich ein "Spiegeleffekt" auftritt. Das bedeutet, dass sich die Leistung des einen Zwillings nicht gegensätzlich - wie oben beschrieben - sondern angleichend auf den anderen Zwilling auswirkt. Heißt: Ist der Co-Zwilling gut in einem Schulfach, wirkt sich das positiv auf das eigene "schulische Selbstkonzept" im gleichen Fach aus. Umgekehrt haben schlechte Leistungen des einen Zwillings negative Auswirkungen auf das "Selbstkonzept" des anderen.
Für ihre Studie analysierten die Tübinger Forscher Daten von über 4.000 eineiigen und zweieiigen Zwillingen in Deutschland im Alter zwischen elf und 17 Jahren. Die Daten stammten aus der sogenannten TwinLife-Studie, einer repräsentativen Zwillingsfamilienstudie. In der Untersuchung der Tübinger Bildungsforscher zeigte sich dabei auch, dass der "Spiegeleffekt" bei zweieiigen Zwillingen nicht nachgewiesen werden konnte. Nach Ansicht der Studienautoren deutet das darauf hin, "dass eine nur mäßige Ähnlichkeit nicht ausreicht, damit der Spiegeleffekt eintritt, sondern dass der Grad der Ähnlichkeit außergewöhnlich hoch sein muss".
(dn)