Homo Erectus mit Schädel
Schädel und Rekonstruktion eines Frühmenschen der Art Homo erectus. Bildrechte: IMAGO / SuperStock

Wissen-News Erste Menschen erreichten Europa schon vor 1,4 Millionen Jahren über heutige Ukraine

07. März 2024, 12:15 Uhr

Die ersten Frühmenschen erreichten Europa schon vor 1,4 Millionen Jahren und damit 200.000 Jahre eher als bislang vermutet. Ihr Weg führte über die heutige Ukraine. Das haben Datierungen von Steinwerkzeugen aus der Ausgrabungsstätte Korolewo ergeben, die Forscher des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf mit einem Teilchenbeschleuniger vorgenommen haben.

Die ersten Frühmenschen der Art Homo erectus erreichten Europa bereits vor rund 1,4 Millionen Jahren über die heutige Ukraine. Das hat ein internationales Forscherteam unter Beteiligung des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) nachgewiesen. Die Dresdner Forscher ermittelten mithilfe eines Teilchenbeschleunigers für die bei Korolewo im äußersten Westen der Ukraine (Oblast Transkarpatien) ausgegrabenen Steinwerkzeuge ein Alter von 1,42 Millionen Jahren. Das sind die bislang ältesten Belege für die Anwesenheit des Frühmenschen in Europa.

Übersicht Steinwerkzeuge aus Korolewo
1,42 Millionen Jahre alt sind diese Steinwerkzeuge aus Korolewo, die Archäologen dem Homo erectus zuordnen. Bildrechte: Tschechische Akademie der Wissenschaften

Die bislang frühsten Spuren von Homo erectus auf unserem Kontinent stammen von den Ausgrabungsstätten in Atapuerca in Spanien und der Vallonet-Höhle in Südfrankreich. Diese sind jedoch mit 1,12 bis 1,2 Millionen Jahren deutlich jünger als die Steinwerkzeuge aus Korolewo. Das Forscherteam unter Leitung der Tschechischen Akademie der Wissenschaften vermutet deshalb, dass Europa von Ost nach West durch Frühmenschen besiedelt wurde. Womöglich kamen sie aus dem Nahen Osten, zogen über den Kaukasus oder durch Kleinasien und von dort die Donau flussaufwärts nach Europa weiter. Korolewo liegt nahe dem Donau-Nebenfluss Theiß.

Für die Altersbestimmung der Schicht, in der die Homo erectus-Steinwerkzeuge von Korelowo gefunden wurden, verwendeten die Forscher zwei Datierungsmethoden. Beide beruhen auf seltenen radioaktiven Isotopen, nämlich Beryllium-10 und Aluminium-26. Sie entstehen, wenn kosmische Strahlung auf quarzhaltige Ablagerungen trifft. Die Isotope zerfallen sehr langsam und über ihr Verhältnis zueinander kann das Alter einer Schicht bestimmt werden. Beide Methoden erbrachten bei den Untersuchungen am HZDR in Dresden ein Alter von etwa 1,42 Millionen Jahren. Die Studie des Forscherteams erschien in der Fachzeitschrift "Nature".

HZDR-Beschleuniger Dresden: Blick in die Anlage
Um winzige Mengen an Radionukliden kosmischen Ursprungs in den Proben aus Korolewo aufzuspüren, nutzten die Forscher am Ionenstrahlzentrum des HZDR einen Teilchenbeschleuniger mit einer maximalen Spannung von sechs Millionen Volt. Bildrechte: HZDR/Oliver Killig

dpa/idw (dn)

Prof. Jean-Jaques Hublin, mit dem ältesten Schädel eines Homo Sapiens, der je gefunden wurde - 300-tausend Jahre alt 3 min
Bildrechte: MDR/Karsten Möbius

2 Kommentare

MDR-Team vor 7 Wochen

Hallo weils so nicht unwidersprochen bleiben darf,

die Methoden müssen möglicherweise noch weiter überprüft und verfeinert werden. Die Archäologie ist eine sich entwickelnde Wissenschaft, und die Interpretation von Funden kann sich im Laufe der Zeit ändern.

Die Archäologie steht oft vor Herausforderungen bei der Rekonstruktion der Vergangenheit, und es ist entscheidend zu akzeptieren, dass einige Informationen möglicherweise für immer unbekannt bleiben.

Neue Erkenntnisse tragen dazu bei, unser Verständnis der Menschheitsgeschichte zu erweitern, auch wenn sie nur einen Teil des großen Puzzles darstellen.

- Das MDR WISSEN Team

weils so nicht unwidersprochen bleiben darf vor 7 Wochen

Mal langsam.
Noch sind die Methoden neu und wenig "gegengecheckt"; unsicher bleiben die Daten vorläufig auf jeden Fall. - Und auch der "Einwanderungsweg" über den Osten ist durch den Einzelfund (dem ja fehlende oder noch nicht untersuchte Funde auf anderen "Wegen" gegenüberstehen könnten) nicht bewiesen. Diese sehr frühen "Werkzeuge" sind nur in seltenen Ausnahmefällen als solche erkennbar und werden in der Regen nicht erkannt werden, selbst wenn sie vorhanden wären; wir müssen also damit rechnen, dass wir die weitaus grösste Zahl der frühen "Einwanderer" nie zu fassen bekommen werden.
Trotzdem natürlich ein Stückchen Erkenntnis mehr; Glückwunsch.

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