Psychologie Leipziger erforscht Rezept für die perfekte Weihnachtsfeier
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26. November 2023, 15:59 Uhr
Alle Jahre wieder: Ob die Weihnachtsfeier mit Kollegen wirklich verbindet oder eher zum Karrierekiller wird, hängt von vielen Faktoren ab. Was den gemeinsamen Jahresabschluss perfekt macht, haben Forschende der Universität Leipzig jetzt untersucht.
Den Brauch, Weihnachten nicht nur zu Hause in der Familie zu feiern, sondern auch mit Kollegen, gibt es seit dem 19. Jahrhundert. Damals verschwanden nach und nach die kleinen Handwerksbetriebe, sie wurden von der zentralisierten Industrie verdrängt. In Weihnachtsfeiern sahen die Firmenbesitzer eine Chance, der Anonymität im Arbeitsalltag zumindest für den Moment einen familiären Anschein zu geben.
Obwohl diese Tradition also schon etwa 200 Jahre alt ist, sind die damit verbundenen Rituale und ihre Wirkung auf das Miteinander wissenschaftlich bislang kaum untersucht worden. Jetzt liegt eine Studie der Universität Leipzig vor, die Auskunft darüber gibt, was den Mitarbeitern wirklich wichtig ist. Arbeitspsychologe Hannes Zacher hatte dazu bereits im Januar 2019 deutschlandweit 359 Arbeitnehmer verschiedener Alters- und Gehaltsgruppen, verschiedener Positionen und unterschiedlicher Branchen befragt.
Kreativität und Authentizität: So gelingt die Weihnachtsfeier
Wichtig sei, dass die Feier insgesamt eine positive, auf menschliche Beziehungen ausgerichtete Unternehmenskultur widerspiegele, so Zacher. Dabei läge den Befragten besonders am Herzen, die Hierarchien für den Abend einfach mal auszublenden, sich ungezwungen miteinander zu unterhalten, sowohl über die Arbeit als auch über Privates. Gutes Essen und Getränke sowie eine Location außerhalb der Firma würden ebenso zu einer entspannten Atmosphäre beitragen. Lustige Aktivitäten wie Spiele oder Karaoke können das Miteinander auflockern und inhaltlich eine Verbindung zu den Aufgaben und Werten des Unternehmens herstellen. Für Zachers Team hieß das zur letzten Institutsweihnachtsfeier: Powerpoint-Karaoke! Also Vorträge zu völlig unbekannten Themen nach vorgegebenen Folien.
Es seien Kreativität und Authentizität gefragt, so der Arbeitspsychologe. Wie das im konkreten Fall aussieht, komme ganz aufs Team an, das bei der Organisation der Feier unbedingt mit einbezogen werden sollte. Wünsche erfragen, ein Feedback vom letzten Jahr einholen, all das kann bei der Planung helfen. Ob ein Besuch im Escape-Room, das Aufstellen einer Fotobox oder Wichtelpäckchen für den Tischnachbarn, idealerweise mit einem Bezug zum Arbeitsalltag: Hauptsache, ein jeder findet sich in all dem wieder. Ein Tipp für die Vorgesetzten: Wenn Sie eine Rede halten, dann sollte sie kurz und kurzweilig sein. Außerdem sollte das gesamte Team wertgeschätzt werden und niemand explizit hervorgehoben werden. Und ein Tipp für alle Beteiligten: Zu viel Alkohol und körperliche Nähe zu Kollegen sind ein No-Go.
Die Feier sollte ein Lichtblick zum Jahresende sein, eine schöne Tradition. Sozialer Kitt.
"Die Feier sollte ein Lichtblick zum Jahresende sein, eine schöne Tradition", betont Hannes Zacher. Diese Bedeutung sei heute aktueller denn je. Es spiele keine Rolle, ob man dafür tatsächlich im sowieso schon ausgefüllten Dezember zusammenkomme oder dann im Januar in Form eines Neujahrsempfangs. "Das weihnachtliche Ambiente ist nicht unbedingt notwendig. Wichtiger ist, dass man in einem informellen Rahmen zusammenfindet und nicht nur über die Arbeit spricht. Das erhält den sozialen Kitt", so der Arbeitspsychologe. Dafür sei nicht entscheidend, wie groß die Feier sei und ob dafür übermäßig viel Geld in die Hand genommen werde. Es sei aber immer gut, wenn die Mitarbeitenden ihre Feier nicht selbst finanzieren müssten, sondern diese von ihrer Organisation spendiert bekämen.
Welche Rolle Betriebsausflüge spielen und wie man mit Geburtstagen und Hochzeiten von Teammitgliedern umgehen sollte, das möchte Hannes Zacher als Nächstes untersuchen.
Links/Studien
Die Studie "Betriebsweihnachtsfeiern und Mitarbeiterzufriedenheit" erschien im Fachmagazin "Scientific Reports!
krm
NochJemand am 26.11.2023
In der Theorie ist ja alles schön und gut. In der Praxis ist es mit dem Ausblenden der Hierarchie und dem entspannten Miteinander eben doch nicht ganz so einfach.
Egal ob man jemanden nicht ausstehen kann oder zu jemandem ein besonders enges Verhältnis hat, unliebige Konkurrenz ausschalten will oder stets auf der Hut vor Neidern ist, sich ungerecht behandelt fühlt oder als Chef jemanden loswerden will... das verschwindet auch nicht auf der Weihnachtsfeier oder auf dem Betriebsausflug. Vor allem nicht in Zeiten von ständiger Selbstoptimierung, übertriebener Political-Correctness und omnipräsenter Social-Media-Überwachung. Da kann durchaus ein falscher Satz, eine falsch verstandene Geste oder ein Lacher an der falschen Stelle zum "Karrierekiller" werden.