Corona Einzelfallstudie: Kinder haben Antikörper ohne Infektion mit Sars-CoV-2
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23. November 2020, 14:05 Uhr
Wie kann unser Körper lernen, sich erfolgreich gegen eine Corona-Infektion zu wehren? Kann er es überhaupt? Diese Fragen beschäftigen uns, seit die Infektion um die Welt geht. Wissenschaftler aus Melbourne haben jetzt eine Einzelfallstudie vorgelegt, die möglicherweise hoffen lässt. Bei Kindern infizierter Eltern konnten sie Antikörper nachweisen, das Sars-CoV-2 jedoch nicht. Können Kinder das Virus also erfolgreich stoppen?
Einen Hinweis darauf, dass Kinder möglicherweise besser als Erwachsene in der Lage sind, das Virus Sars-CoV-2 zu stoppen, leitet das Murdochs Children's Research Institute (MRCI) aus seiner aktuellen Fallstudie ab. Die Wissenschaftler untersuchten das Immunprofil einer fünfköpfigen Familie aus Melbourne mit zwei Erwachsenen und ihren drei Kinder im Grundschulalter. Die Eltern zeigten nach einem Hochzeitsfest, das sie besucht hatten, Symptome wie Husten, Schnupfen, Fieber und Kopfschmerzen. Die Kinder hingegen blieben unauffällig, sogar das jüngste, das mit den Eltern das Bett teilte. Die Familie wurde für die Studie rekrutiert und aller zwei bis drei Tage untersucht. Blut, Speichel, Nasen- und Rachenabstriche, Stuhl und Urin wurden regelmäßig analysiert.
Kinder bildeten mehr Antikörper gegen Sars-CoV-2
Bei allen Familienmitgliedern fanden die Forscher Sars-CoV-2-spezifische Antikörper - sowohl im Speichel als auch in serologischen Tests im Vergleich zu gesunden Kontrollproben. Auffallend waren die Ergebnisse bei den Kindern: Sie wurden trotz der Nähe zu ihren Eltern mehrfach negativ auf den Covid-19-Erreger getestet, hatten aber Antikörper gebildet.
Das jüngste Kind, das überhaupt keine Symptome zeigte, wies die stärkste Immunzellanwort auf, dennoch blieb der Zytokinspiegel niedrig, was erklärt, warum keine Symptome zu erkennen waren.
Die Rolle der Zytokine
Zytokine sind an der Aktivierung des Immunsystems beteiligt, können aber auch zu einer erhöhten Ausschüttung von entzündungsauslösenden Botenstoffen und damit zu Symptomen führen. Das Enzym soll im Körper eigentlich von Viren infizierte Zellen markieren, damit diese von weißen Blutkörperchen zerstört werden können. Bei einer Überreaktion werden aber auch viele gesunde Zellen markiert, wodurch das Immunsystem die Selbstzerstörung des Körpers einleitet. Im Lungengewebe, aber auch in anderen Organen und den Blutgefäßen, werden gesunde Zellen zerstört.
Dass sich bei Kindern mit Covid-19 im Vergleich zu Erwachsenen meist sehr milde oder gar symptomfreie Verläufe zeigen, ist nicht ungewöhnlich, bestätigt auch der an der Studie beteiligte Kinderarzt Dr. Shidan Tosif vom MCRI. Warum jedoch die untersuchten Kinder eine so viel stärkere Immunantwort zeigten als ihre Eltern oder als Erwachsene generell, ist noch nicht geklärt. Offen bleibt auch, ob und wie lange die inzwischen genesenen Familienmitglieder vor einer erneuten Infektion geschützt sind.
Reagiert das kindliche Immunsystem besser auf Sars-CoV-2?
Nigel Crawford, Associate Professor beim MCRI, sieht in der Studie einen Hinweis darauf, dass das Immunsystem von Kindern möglicherweise in der Lage sei, die Vermehrung des Virus im Körper effektiv zu stoppen. Überhaupt sieht er in der Betrachtung der Immunantworten verschiedener Altersgruppen eine Chance, die Erkrankung besser zu verstehen.
Das könnte der Schlüssel zum Verständnis der Krankheitsanfälligkeit, der Schweregradunterschiede und zur Einschätzung von Impfstoffkandidaten sein.
Die Studie des Murdochs Children´s Research Institute (MRCI) erschien im Fachmagazin Nature Communications.
(krm)