Seeadler (Haliaeetus albicilla), fliegend mit Beute
Seeadler fliegt mit seiner Beute über der Oberlausitz. Bildrechte: IMAGO / imagebroker

WWF-Bericht Dank Schutzmaßnahmen: In Deutschland leben wieder mehr als 1.000 Seeadler-Paare

27. Dezember 2024, 16:35 Uhr

Um 1900 war er hierzulande fast ausgerottet, inzwischen hat sich die Population des Seeadlers in Deutschland erholt. Die Entwicklung des größten europäischen Greifvogels ist einer der Lichtblicke im neuen WWF-Bericht.

Majestätisch fährt er seine bis 2,50 Meter breiten Schwingen aus und gleitet Richtung Boden in der Oberlausitz, in der Altmark oder auf der Müritz in der Mecklenburgischen Seenplatte – immer auf der Suche nach seiner Beute, einem Fisch, einem Aastier oder auch einem kleineren Vogel: der Europäische Seeadler (Haliaeetus albicilla).

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts schien das Schicksal des größten europäischen Greifvogels in Deutschland besiegelt. Kompromisslos wurde der Seeadler hierzulande über Jahrhunderte bejagt, sodass sein Bestand auf weniger als 100 Exemplare zurückgegangen war. In den 1950er- und 1960er-Jahren setzte den Tieren zudem das Insektizid DDT zu, das die Eierschalen der Seeadler brüchig machte.

Seeadler, Vorkommen- und Verbreitungskarte 2019
Die letzte gesamtdeutsche Zählung der Seeadler durch das Bundesamt für Naturschutz erfolgte 2019 für den Nationalen Vogelschutzbericht, der alle 6 Jahre erstellt wird. Bildrechte: Nationaler Vogelschutz-Bericht 2019

In der Oberlausitz schon Obergrenze erreicht

Doch das Verbot von DDT in der 1970er-Jahren und weitere intensive Schutzmaßnahmen brachten schließlich Erfolge mit sich und die Art konnte sich wieder erholen. Laut dem aktuellen Bericht der Umweltstiftung WWF leben in Deutschland wieder mehr als 1.000 Brutpaare. Das führt der WWF zum Teil auch auf seine eigene Arbeit zurück, etwa das 1968 in Schleswig-Holstein ins Leben gerufene "Projekt Seeadlerschutz".

In einigen Regionen Deutschlands ist schon eine Obergrenze für die Seeadler-Population erreicht, etwa in der Obeerlausitz, wo derzeit 27 Paare leben. Da die Tiere eine gewisse räumliche Distanz zueinander brauchen, sei das Gebiet mit der Anzahl der Vögel bereits nahezu ausgelastet, wie Dirk Wei vom Unesco-Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft erklärt. 

Seeadler im Flug; mit einem erbeuteten Fisch in den Klauen.
Seeadler finden in den fischreichen Gewässern des Oder-Deltas reichlich Nahrung. Zahlreiche dieser Vögel kommen im heißen Sommer zum Jagen im Anklamer Stadtbruch zusammen. Bildrechte: MDR/NDR/doclights/NDR Naturfilm/Coraxfilm

In Kamenz gibt es Seeadler zum Anfassen

Über die Seeadler in der Oberlausitz weiß man auch deswegen so gut Bescheid, weil ein Großteil von ihnen in den vergangenen Jahren beringt werden konnte. Über die Ringe mit einem individuellen Zahlencode, die am Fuß der Tiere angebracht werden, kann man den Lebensweg nachverfolgen. Dazu müssen zwar die Jungtiere aus dem Nest genommen werden, dies stellt aber laut dem Ornithologen Falko Gleichner keine Gefahr für die weitere Aufzucht dar.

Im Museum der Westlausitz in Kamenz dürfen ausgewachsene Seeadler sogar ganz offiziell angefasst werden. Zwar nur als ausgestopftes Präparat, aber immerhin. In einer Sonderausstellung, die noch bis zum 26. Januar 2025 läuft, sind alle 36 in Deutschland lebenden Greifvogelarten ausgestellt. Und dabei wird auch das eine oder andere Geheimnis der beeindruckenden Tiere gelüftet.

Global gesehen gibt es laut WWF weitere Lichtblicke neben den Seeadlern: "Luchsen und Tigern geht es besser, Siamkrokodile, Meeresschildkröten und Thunfische kehren in ihre altangestammten Lebensräume zurück." In der Nordsee tauchen wieder vermehrt Blauflossen-Thunfische auf, die durch Überfischung lange Zeit verschwunden waren. Strenge Fangverbote und die Bekämpfung illegaler Fischerei sorgen dafür, dass die Population, die im Nordostatlantik wandert und im Mittelmeer laicht, wieder auf ein gutes Niveau anwachsen konnte. 

Igel- und Wolf-Populationen in Deutschland gefährdet

Allerdings stand es 2024 in Deutschland und weltweit nicht um alle Tierarten so gut wie um den Seeadler. Laut dem erwähnten WWF-Bericht ist in der Bundesrepublik die Zahl der Westeuropäischen Igel, auch Braunbrustigel genannt, geht stark zurückgegangen. Die Art werde jetzt als "potenziell gefährdet" eingestuft. Auch dem Wolf geht es offenbar schlechter als gedacht, sein Schutzstatus hat der Europarat im Dezember herabgestuft. Mit 200 Rudeln sei die Art auch in Deutschland noch nicht in einem sogenannten "günstigen Erhaltungszustand".

In den Korallenriffen der Erde vollzog sich laut WWF im zu Ende gehenden Jahr "eine Tragödie unermesslichen Ausmaßes". Die Klimakrise habe zu Rekordtemperaturen im Wasser geführt, durch die in den tropischen Meeren der ganzen Welt die Korallenriffe bleichen. "Die Unterwasserwälder der Meere stehen förmlich in Flammen. Hält dieser Zustand länger an, drohen große Teile dieser ikonischen Lebensräume abzusterben", hieß es. 

Borneo-Elefanten sind mittlerweile so selten, dass nur noch rund tausend Exemplare in freier Wildbahn leben. Und auch der weltweite Banteng-Bestand (eine südostasiatische Ochsen-Art) ist stark geschrumpft – die Population wird nur noch auf etwa 3.300 Tiere geschätzt. Die Art gilt seit diesem Jahr als vom Aussterben bedroht. Ebenso Brillenpinguine, eine afrikanische Art. Während es 1956/57 noch 141.000 Brutpaare gab, werden jetzt laut WWF nur noch etwa 9.900 Paare gezählt. "Die Ursachen sind allesamt menschengemacht: Lebensraumzerstörung, Übernutzung und Wilderei, invasive Arten, Umweltverschmutzung sowie die Klimakrise", betonte Kathrin Samson vom WWF Deutschland.

cdi/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR Aktuell | 27. Dezember 2024 | 11:34 Uhr

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