Tierforschung Seeleoparden erstmals bei gemeinsamen Mahl gesichtet

07. August 2019, 14:46 Uhr

Seeleoparden gelten als Einzelgänger. Jetzt hat ein Filmteam zum ersten Mal beobachtet, wie sich die Tiere Beute teilten. Derartiges Verhalten wird sonst eher bei Raubtieren mit starken sozialen Bindungen beobachtet.

Ein Seeleopard taucht aus dem Wasser auf. 1 min
Bildrechte: James Robbins/University of Plymouth

Von wegen, Einzelgänger! Eigentlich sind Seeleoparden dafür bekannt, dass sie ihren Artgenossen gegenüber nicht besonders tolerant sind. Jetzt hat ein Filmteam der Doku-Serie "Our Planet" zufällig eine Gruppe Seeleoparden gefilmt, die ihr Mahl gemeinschaftlich einnahmen. Ungefähr 36 Exemplare machten sich demnach über eine Pinguinkolonie in der Nähe der Insel Südgeorgien im Südpolarmeer her. Die Filmaufnahmen zeigen unter anderem wie zwei Seeleoparden gemeinsam einen Pinguinkadaver vertilgen.

Was ist daran so besonders?

Forscher waren bisher immer davon ausgegangen, dass Seeleoparden Einzelgänger sind. Um so überraschender und widersprüchlich ist daher das gemeinsame Fressen. Bekannt dagegen ist, dass die Seeleoparden in Gebieten mit reichlich Beute nebeneinander jagen. Auch das konnte nun erstmals mittels einer Drohne auf Video festgehalten werden.

Die einzigartigen Aufnahmen wurden von Wissenschaftlern aus England, Australien und den Falklandinseln analysiert. Die jetzt veröffentlichte Studie erschien im Fachblatt "Polar Biology", die den Studienleiter James Robbins von der Universität Plymoth in Großbritannien so zitiert:

Ich persönlich hatte über 500 Begegnungen mit Seeleoparden und habe noch nie gesehen, dass zwei Tiere so tolerant miteinander umgehen.

Gemeinsam stark oder doch nur toleriert?

Die Forscher merken an, dass den Seeleoparden möglicherweise zu Unrecht ein schlechter Ruf vorauseilt: "Seeleoparden werden oft als Bösewichte dargestellt. Sie jagen flauschige Pinguine in 'Happy Feet' und verursachen Furcht und Schrecken in der Antarktis. In Wirklichkeit ist wenig über diese rätselhaften Kreaturen bekannt. Diese Beobachtungen liefern wichtige Erkenntnisse über ihr Verhalten und soziale Interaktionen", führt Robbins aus.

Die Wissenschaftler vermuten, dass die Tiere sich wahrscheinlich einfach gegenseitig toleriert haben. Es sei energetisch aufwändiger die potentielle Beute zu verteidigen, als das Teilen dieser in Kauf zu nehmen. So bekomme jedes Tier mit geringstem Energieaufwand einen Teil der Beute ab.

Filmteams unterstützen Wissenschaftler

Filmmaterial wie dieses ist besonders für die Verhaltensforschung von Tieren interessant. Ein bekanntes Beispiel für zufällig gefilmte Verhaltensauffälligkeiten sind Orcas, die gemeinsam eine Welle erzeugen, um eine Robbe vom Eisberg zu stoßen.

Die Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und Kamerateams ist besonders in Gebieten wie der Antarktis wichtig: "Die Abgeschiedenheit der antarktischen Ökosysteme macht es schwierig, sich mit der dortigen Tierwelt auseinander zu setzen. Das neue Material bietet einen seltenen Einblick in diese Welt", sagt der Co-Autor der Studie David Hocking von der Universität Monash (Australien).

Hocking sieht in dieser Studie ein gutes Beispiel dafür, wie neue Technologie die Arbeit der Forscher unterstützen könne: "Durch den Einsatz von Kameradrohnen können die Filmemacher über die Tiere fliegen, ohne sie zu stören und decken so detaillierte Verhaltensweisen auf, die sonst für den Beobachter an Land unbemerkt blieben."  

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Elefant, Tiger & Co. | 05. August 2018 | 19:50 Uhr