Globaler Wasserhaushalt Klimasimulation: Weltweit mehr Regen und trotzdem Dürre

29. Juni 2020, 12:47 Uhr

Forscher sind mit Klimasimulationen auf erstaunliche Prognosen gestoßen. Die Niederschlägen werden weltweit steigen. Trotzdem könnte sich die Wasserknappheit in ohnehin schon trockenen Gebieten weiter verschärfen.

Regen ist nicht das Problem

Wasserknappheit und damit mangelnde Hygiene werden in Zukunft die Klimakrise weiter verschärfen, mahnt die Unesco. Dürre, Dürre, Dürre, warnen Landwirte, Waldbesitzer, Umweltschützer und Klimaforscher - auch in Mitteldeutschland regelmäßig. Doch Regen ist nicht das Problem. Das haben US-Wissenschaftler jetzt herausgefunden. In einer Studie untersuchten sie, wie sich Niederschlag und Verdunstung verändern und auf den globalen Wasserhaushalt auswirken. Dafür analysierten die Wissenschaftler Klimadaten aus der Gegenwart und errechneten Modelle für die Zukunft. Die Ergebnisse sind jetzt in der Fachzeitschrift "Nature Communications" veröffentlicht worden.

Verfügbarkeit von Wasser wirkt sich auf Gesellschaft und Ökosysteme aus

Niederschläge und Verdunstung bestimmen den Wasserhaushalt und damit viele Aspekte des Lebens. "Die Verfügbarkeit von Wasser wirkt sich auf die Gesellschaft und die Ökosysteme aus", schreiben die Forscher in ihrem Artikel.

Erde wurde in neun Landregionen unterteilt

Ziel der Studie war die weltweite Untersuchung der hydroklimatischen Bedingungen und deren Auswirkungen auf die einzelnen Regionen. Dafür unterteilten die Wissenschaftler die Landregionen der Erde in neun Bereiche und verglichen die Niederschläge (Durchschnittmenge und Zeit) und Verdunstungen aus dem späten 20. Jahrhundert (1970-2000) mit simulierten Daten aus den zukünftigen Jahren (2070 bis 2100).

Das Projekt CMIP5 Das Projekt CMIP5 der internationalen Klimamodellierungsgemeinschaft gilt als Modell für die Vergleiche von standardisierten Klimasimulationen. Es wurde auch bei der Erstellung des Weltklimaberichts verwendet. Das Nachfolgemodell heißt CMIP6.

Nicht weniger, sondern mehr Niederschläge weltweit

Das Ergebnis der Analyse ist erstaunlich: Nach den Klimasimulationen der Forscher werden die Niederschläge in allen Gebieten der Welt steigen - mehr als in bisherigen Studien angenommen. Parallel dazu steigt laut der Berechnungen auch die jährliche Verdunstung in allen Gebieten.

Tropischer Regenwald
Mehr Regen im Regenwald. Hinzu kommt: Die Regenzeiten werden weltweit immer nasser, die Trockenzeit immer trockner. Bildrechte: imago images / blickwinkel

Die Zunahme der mittleren jährlichen Verdunstung über der Landoberfläche kann auf den globalen Temperaturanstieg und die Zunahme der Niederschläge zurückgeführt werden.

Goutam Konapala, Ashok K. Mishra, Yoshihide Wada & Michael E. Mann US-Forscherteam

Doch was bedeutet das? Den Forschern zufolge könne die zunehmende Verdunstung auch auf eine erhöhte Wassernachfrage in allen Regionen hinweisen. Nach Aussage des Klimaforschers und Meterologen Valerie Goldberg an der TU Dresden könne eine durch Trockenheit ausgelöste zunehmende Bewässerung in der Landwirtschaft in sogenannten semi-ariden Gebieten (aride = trocken, wüstenhaft) wie Spanien und Kalifornien die erhöhte Wassernachfrage bedingen. Mehr Bewässerung auf den Feldern führe zu höherer Verdunstung.

Kurzum: Es gibt laut der Studie zwar überall mehr Regen, doch die gleichzeitige steigende Verdunstung weist auf mehr Trockenheit hin? Wie passt das zusammen?

Schwankungen der Niederschläge nehmen immer stärker zu

Den Forschern zufolge führen die erhöhten Niederschlagsmengen nicht unbedingt zu einem berechenbaren saisonalen Kalenderjahr, in dem Bauern optimale Bedingungen finden. Denn: Die Schwankungen der saisonalen Niederschläge werden laut der Studie weiter zunehmen. "Die bereits jetzt saisonal sehr variablen Gebiete werden noch variabler", schreiben die Forscher.

Schon jetzt schwanken die Niederschläge in vielen Regionen der Welt stark und sind weniger berechenbar geworden. Bauern – selbst in vielen Ländern des fruchtbaren Europas – bewegen sich zwischen Dürre und Hochwassergefahr und müssen sich mit bislang unbekannten Phänomen auseinandersetzen.

Bedeutet: Die Regenzeit wird immer nasser, die Trockenzeit immer trockener. Pech haben also die Gebiete, in denen es ohnehin schon trocken ist. Hier verschärfen sich der Studie nach die Phänomene. Wo es also trocken ist, wird es noch trockener - auch wenn der Jahresmittelwert für Niederschläge rein rechnerisch höher ist.

Keine Schwankungen bei der Verdunstung weisen auf mehr Wasserknappheit hin

Darauf weist auch ein weiteres Indiz hin, was die Forscher in der Studie entdeckt haben. Zwar steigt die Verdunstung in allen Gebieten der Welt, die jahreszeitliche Schwankung nimmt jedoch in vielen Gebieten ab.

Dies würde bedeuten, dass Regionen, die aufgrund der hohen saisonalen Schwankungen der Niederschläge bereits eine inkonsistente Wasserversorgung haben, eine noch inkonsistentere Versorgung erfahren könnten.

Goutam Konapala, Ashok K. Mishra, Yoshihide Wada & Michael E. Mann US-Forscherteam

Heißt: Die Gebiete mit schlechter Wasserversorgung müssen gegebenenfalls in Zukunft mit noch mehr Wasserknappheit rechnen.

Wasser - Grundbaustein unseres Lebens Wasser gilt als Grundbaustein unseres Lebens und ist entscheidender Faktor für Armut und Reichtum. Die mit Wasser am besten versorgten Gebiete gehören heute zu den reichsten Ländern der Erde. Umgekehrt haben nach Angaben der Unesco etwa 2,1 Milliarden Menschen auf der Welt keinen Zugang zu sauberem und durchgängig verfügbarem Trinkwasser – die meisten davon in armen Ländern Afrikas, Asiens aber auch Südamerikas. Der Zugang zu sauberem Wasser gilt als essentiell.

Räumliche Verteilung der Niederschläge führt zu Verschiebung in Ökosystemen

Doch die Veränderungen der Niederschläge wirken sich nicht nur auf deren Menge aus. Auch die räumliche und zeitliche Verteilung von Regen und Schnee wird sich ändern, schreiben die Forscher. Zusammen mit den immer stärkeren Niederschlagsschwankungen können diese zu Veränderungen in den Ökosystemen und deren Jahresablauf sowie deren Reservoiren führen. Viel Regen gibt es demnach in Zukunft in Italien, dafür fast gar keine oder sehr wenige Niederschläge an einigen Orten Grönlands.

Stimmen die Berechnungen?

Klimaforschung basiert laut dem Klimaforscher und Meterologen Valeri Goldberg an der TU Dresden auf sehr verschiedenen Modellen. Diese Modelltypen können mit statistischen und dynamischen sowohl parametrisierten und eben nicht parametrisierten Ansätzen arbeiten (die TU Chemnitz hat das in diesem pdf gut erklärt). Die Forschungsergebnisse aus den verschiedenen Modelltypen gilt es zu vergleichen, sagte Goldberg.

So zeigen etwa die aktuellen Klimaszenarien für Mitteldeutschland für die nächsten Jahrzehnte eher eine Abnahme der Niederschläge.

kt

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