Junge Frau mit runder Brille und roten Haaren und leeren gelben Klebezettel auf der Stirn schaut verdutzt, Hintergrund unscharf Straße, Bäume, Auto
Wenn das Gedächtnis ein teilweise unbeschriebenes Blatt ist, kann das unter bestimmten Voraussetzungen evolutionär von Vorteil sein. Bildrechte: imago/Westend61

Wissen-News Evolution: Vergessen zu können, ist von Vorteil

10. August 2023, 07:06 Uhr

Wie beim Video-Streaming – wer die Qual der Wahl hat, ist nicht immer im Vorteil: Soziales Wissen zu vergessen kann mit einem evolutionären Vorteil einhergehen. Zu dieser Erkenntnis kommen Forschende am Leipziger Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in verschiedenen Simulationsmodellen.

So hätten Individuen, die sich alles merken können, zwar eine riesige Auswahl an Verhaltensweisen und Handlungsmöglichkeiten, entschieden sich aber häufig genau für das Falsche. Individuen, die weniger nützliche Verhaltensweisen vergaßen, trafen oft bessere Entscheidungen. Vergessen könne also von Vorteil sein, so die Forschenden, ebenso wie soziales Lernen durch die Beobachtung anderer bei der Lösungsfindung.

Bisher gingen Forschende davon aus, dass Tiere und Menschen vor allem dann von sozialem Lernen profitieren würden, wenn sich ihr Lebensraum nur langsam verändere – die Informationen, die sie voneinander lernen, blieben dann über einen längeren Zeitraum hinweg aktuell und anwendbar. In dynamischen und sich schnell verändernden Lebensräumen seien Innovationen aber nützlicher, denn vorhandene Informationen veralten rasch. Die aktuelle Studie widerlege damit die vorherrschende Lehrmeinung, dass sich soziales Lernen nur unter relativ stabilen Umweltbedingungen entwickeln könne, während unter dynamischen Umweltbedingungen Innovation durch natürliche Selektion begünstigt werde.

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