Zwei Frauen stehen hinter einem Tisch. Sie halten ein Insektenhotel und sprechen darüber. 11 min
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Wenn es draußen friert, verkriechen sich Tiere in warme Laubhaufen, Steinmauern und andere gemütliche Plätze. Tierfilmerin Dorte von Stünzner erklärt, wo Tiere im Winter unterschlüpfen und welche Hilfe sie brauchen.

MDR Garten So 26.11.2023 08:30Uhr 11:06 min

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Studien zu Menschen und Vögeln Warum füttern wir Vögel? Und ist Vögel füttern im Winter nötig?

06. Dezember 2023, 05:01 Uhr

Vögel füttern im Winter, Vögel füttern im Sommer: Bei dem Thema kochen die Emotionen in Online-Foren hoch. Aber warum füttern wir Vögel? Und brauchen die unsere Körner, geölten Haferflocken, gehackten Nüsse überhaupt?

Alle Vögel, die über den Winter hierbleiben, wie Goldammern, Buchfinken und Meisen, freuen sich in der kalten Jahreszeit über gut bestückte Futterstellen, weiß MDR-Tierfilmerin und Biologin Dörte von Stünzner. Bei Zugvögeln ist es anders, die müssen unterwegs auf ihren tausende Kilometer langen Wegen in den Süden schauen, wo sie satt werden. Dumm nur, dass sie ausgerechnet den lockenden Lichtsignalen der Menschen folgen, die von Halloween bis Weihnachten gar nicht genug Beleuchtung im Garten, auf den Marktplätzen und in der Stadt haben können. Und dann landen sie einer US-Studie zufolge genau da, wo es nichts zu fressen gibt, wo Katzen lauern oder wo sie vor durchsichtige Glasgebäude prallen.

Ein bisschen paradox: Auf der anderen Seite geben Menschen richtig viel Geld dafür aus, um es den Vögeln zum Fraß vorzuwerfen. (158 Millionen Euro haben Vogelfans 2022 in ihren Gärten gestreut, um Vögel zu füttern. Das hat der Industrieverband Heimtierbedarf ausgerechnet, allerdings ohne zwischen Sommer- und Winterfütterung zu unterscheiden.)

Warum füttern wir Vögel?

Aber warum machen wir das eigentlich, indirekt den Vögeln unser Geld zum Fraß vorwerfen? Und dabei riskieren, dass uns die Vermieterin oder Nachbarn anzählen, weil die Vögel Dreck machen?

Ein Haubenmeise frisst aus der Hand einer Frau.
Weniger die direkte Interaktion als das Hüter-Prinzip steckt hinter der Vogel-Fütter-Freude. Bildrechte: imago images/Westend61

Fürs Vögel-Füttern gibt es verschiedene Gründe. Eine Studie der University of East Anglia und der Uni Hamburg kommt zu überraschenden Ergebnissen: Wir füttern Vögel nicht, weil es so befriedigend ist, direkt mit Wildtieren zu tun zu haben. Und wir füttern am liebsten auch nur die, die uns optisch gefallen. Schlussendlich füttern wir so gern, weil dann unser Beschützerinstinkt anspringt und durch die "Behüte-Rolle" unser Wohlbefinden steigt. So weit, so gut, immerhin profitieren Vögel in harten Wintern von dem, was ihnen Menschen bereitstellen. Überdies beschreibt eine Online-Studie, die den Zusammenhang zwischen den Beobachtungen der Menschen an ihren Futterstellen sowie ihren Gefühlen und Verhaltensweisen beim Vögel füttern untersucht, ein ähnliches Ergebnis: Die Mehrheit der Befragten erklärte, dass sie im Falle von Krankheiten, Räubern oder Futternot am Futterplatz aktiv ins Geschehen eingriffen.

Auch hier wieder der Hüter-Effekt, das sich verantwortlich fühlen und Vögel behüten-Prinzip. Eine kürzlich veröffentlichte Langzeitstudie mit mehr als 1.700 Personen in 65 Seniorenheimen hat dagegen gezeigt, dass sich allein schon regelmäßiges Vogel beobachten positiv auf den Erhalt der kognitiven Fähigkeiten, der Mobilität und der biopsychosozialen Gesundheit auswirkt.

Ist Vögel füttern im Winter richtig oder falsch?

Nun macht also den Menschen das Behüten und Beobachten froh. Aber macht die Natur das auch froh, das Vögel füttern im Winter?

Vor allen Dingen von Vögeln, die ohnehin nicht so selten sind, wie zum Beispiel Meisen, Spatzen, Elstern, Amseln? Verhindert der Mensch durch seine Streu-Wut nicht natürliche Prozesse? Werden Vögel durch die Winterfütterung abhängig von Menschen? Ist dieses ganze Vogel füttern im Winter nicht eher egoistisch vom Menschen, weil uns das Vogel behüten glücklich macht? Ob die Fütterung nun richtig oder falsch ist – die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo dazwischen:

Wenn wir im Winter Vögel füttern, dann so, dass

  • wir am besten schon vor dem ersten Schnee damit anfangen, sagt Biologin Dörte von Stünzer im Gespräch mit dem MDR, damit die Vögel sich schon an die Futterstelle gewöhnt haben und im Winter dann keine Energie fürs Suchen nach Futterplätzen anfangen müssen.
  • die Futterstellen nicht in Fensternähe sind, damit die Vögel nicht vor die Scheiben klatschen.
  • Futterstellen so anlegen, dass Katzen kein leichtes Spiel haben.
  • die Futterstellen sauber halten, damit sie keine Brutherde und Verteiler für Krankheiten werden.

lfw

Links/Studien

Die Studie der Uni Eichstätt "Nature experience and well-being: Bird watching as an intervention in nursing homes to maintain cognitive resources, mobility, and biopsychosocial health" können Sie hier im Original lesen.

Die Studie "The warden attitude: an investigation of the value of interaction" lesen Sie hier im Original.

Die Studie Observations at backyard bird feeders influence the emotions and actions of people that feed birds des Department of Fish and Wildlife Conservation, Virginia Tech, Blacksburg, Virginia finden Sie hier.

lfw

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3 Kommentare

B.B. vor 21 Wochen

"Verhindert der Mensch durch seine Streu-Wut nicht natürliche Prozesse"?
Natürlich natürliche Prozesse ändert der Mensch doch ständig .
Bringen die lieben Kätzchen und Hündchen die Waage in der Natur nicht auch aus dem Gleichgewicht? Oder die erneuerbare Energie, die es nach den physikalischen Gesetzen, überhaupt nicht gibt?

Ilse vor 21 Wochen

Welche Vögel in einem harten Winter wirklich Probleme mit dem Futter haben, sind nach meiner Beobachtung, vor allem die die Weichfutter fressen u. weniger die Kernfresser.

C.T. vor 21 Wochen

Ich war schon immer der Meinung, dass das Füttern im Winter ein schwerer Eingriff in die Natur darstellt. Tiere, die witterungsbedingt verenden, waren zu schwach oder krank. Durch den vorzeitigen aber notwendigen Tot schwacher und kranker Tiere wird in der Natur die Weitergabe schwacher Gene verhindert. Was langfristig den Genpool stärkt und der Population langfristig gut tut.