Das Altpapier am 17. März 2023: Porträt des Altpapier-Autoren René Martens
"Das Altpapier" ist eine tagesaktuelle Kolumne. Die Autorinnen und Autoren kommentieren im aktuellen Altpapier die wichtigsten Medienthemen des Tages. Bildrechte: MDR | MEDIEN360G

Kolumne: Das Altpapier am 17. März 2023 Kein Rabatt für Distanz

17. März 2023, 11:26 Uhr

Tun die Namen der Journalistinnen und Journalisten, die Honorare von Ministerien kriegen, nichts zur Sache? Warum verbreiten Medien ohne Einordnung Zitate aus dem Buch des Hamburger Massenmörders Philipp F.? Fehlt manchen Qualitätsjournalisten die Kompetenz beim Thema Klimaschutzziele? Heute kommentiert René Martens die Medienberichterstattung.

Das Altpapier "Das Altpapier" ist eine tagesaktuelle Kolumne. Die Autorinnen und Autoren kommentieren und bewerten aus ihrer Sicht die aktuellen medienjournalistischen Themen.

Honorarliste der Bundesregierung sollte "systemische Analyse" nach sich ziehen

Die seit etwas mehr als einer Woche für Debatten sorgende, von der Bundesregierung vorgelegte Liste zu "Zahlungen von Bundesministerien an Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und privatrechtlicher Medien" (Altpapier, Altpapier) war am Donnerstag Thema einer Aktuellen Stunde im Bundestag.

Jens Weinreich, der die Diskussion über die Liste am Dienstag vergangener Woche überhaupt erst in Gang gebracht hatte, hat sie verfolgt. Das Ergebnis: "Inhaltlich dünn, mit wenigen Ausnahmen." Wer laut Weinreich nicht zu den Ausnahmen gehört: Helge Lindh, SPD ("Durchaus irritierend, was der Mann vorträgt"), Dorothee Bär, CSU ("Kein einziger inhaltlicher Punkt zur Liste der Bundesregierung mit den Zahlungen. Irrsinnig") sowie ein "jungforsch-witziger SPD-Robin" ("Hat nichts zur Sache beizutragen. Er wähnt sich in einer anderen aktuellen Stunde, glaube ich").

In der aktuellen Ausgabe von "epd Medien" betont Volker Lilienthal, dass er nichts davon halte, die Namen der Honorarempfängerinnen und -empfängern zu nennen:

"In der nun anstehenden medienethischen, aber auch medienpolitischen Diskussion ist nicht primär eine individuelle Fallbetrachtung angezeigt, sondern eine systemische Analyse denkbarer Folgen von geldlichen Beziehungen zwischen Staat und Journalisten. Für den deutschen Journalismus besteht Anlass zu einer selbstkritischen Reflexion. Denn was jüngst bekannt wurde, ist eben nicht die x-te Wiederholung der altbekannten Diskussion um Grenzverwischungen zwischen Journalismus und PR."

Denn:

"Es geht jetzt nicht mehr nur um gelegentliche Mitarbeit an Unternehmensmagazinen, (…) es geht um nichts weniger als journalistische Mitwirkung an der Selbstdarstellung der Bundesregierung (….) - es geht um den Staat. Und da es davon hierzulande nur einen gibt und es das höchste und wichtigste Mandat von Journalisten ist, Regierungshandeln zu kontrollieren, kann es keinen Rabatt auf diese Distanznorm geben."

Dass der Staat "extrem gut zahlt" - Beispiel: "Beim Wirtschaftsministerium bekamen 24 Auftragnehmer aus dem ÖRR-Umfeld pro Leistung durchschnittlich 5.962 Euro" - erwähnt der Autor aus guten Gründen auch. Lilienthal weiter:

"Wir wissen nicht, was für diese Geldbeträge jeweils geleistet wurde. Aber entweder war das Ausmaß der journalistischen oder sonstigen medialen Tätigkeiten im Staatsauftrag groß, was die Frage nach dem absorbierenden Zeitaufwand jenseits des journalistischen Hauptberufs aufwirft. Oder die gezahlten Honorare bewegten sich deshalb auf einem sehr hohen Niveau, weil es aus der PR-Sicht des jeweiligen Ministeriums schon auch darum ging, Journalisten finanziell zufriedenzustellen, um so Gewogenheit auf lange Sicht zu erzeugen. Aber hier kommen wir in den Bereich der Spekulation. Festhalten lässt sich: Die Größenordnungen der Honorare passen zur Welt der Auftragskommunikation, im Journalismus sind sie unüblich."

Ein kurzer Blick ans andere Ende der Honorarwelt: Die freie Journalistin Laura Ewert hat vor einigen Tagen etwas getan, was freie Journalist*innen in der Öffentlichkeit sonst selten tun: Sie hat gesagt, was sie für ihre Arbeit bekommt, zum Beispiel beim "Tagesspiegel" 110 Euro für einen Feuilletonaufmacher, also "Für Ausstellungsbesuch/Interview/Schreiben".

"Bitte macht Honorare öffentlich. Für Diskussionen. Für Abonnenten. Für Druck auf Verlage",

lautet eine Forderung von ihr in diesem Zusammenhang, und taz-Autorin Katharina Schipkowski ist darauf eingestiegen.

Kritik an uneingeordneten Zitaten aus dem Terror-Manifest

Was falsch lief in der Berichterstattung über den Terroristen und Buchautor, der in Hamburg in der vergangenen Woche acht Menschen ermordete, bringt Annika Brockschmidt beim "Volksverpetzer" auf den Punkt: 

"Schnell zirkulierten nach der Bluttat einige Zitate aus Philipp F.’s Buch; in zahlreichen Medienberichten finden sich Bezüge auf Teile des Textes – oft ohne Einordnung von Expert*innen, die mit der Materie von christlichem Extremismus und speziell White Supremacist Terror Manifesten vertraut sind. Das ist fatal, weil eine differenzierte Analyse des Buchs dringend nötig wäre, um die Gedankenwelt und Ideologie des Täters zu ergründen und mögliche Aufschlüsse auf seinen mentalen Zustand und seine Motivation zu geben. Das 'Hamburger Abendblatt’ zitiert ganze Passagen aus dem Buch – ein No-Go auch unter Wissenschaftler*innen, die sich professionell mit Terror-Manifesten beschäftigen(…) Ebenso irritierend ist es, dass in zahlreichen Medien fachfremde Expert*innen zitiert werden – die das Machwerk wohl teils nur überflogen haben. Die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor sagte T-Online, 'ein flüchtiger Blick' genüge bereits, um das Buch als das Werk eines Extremisten zu kennzeichnen. Dabei bezieht sie sich auf eine Textstelle, die prominent in sozialen Medien kursiert."

Warum man zum Thema christlichen Extremismus eine Islamwissenschaftlerin fragt, ist in der Tat nicht leicht nachzuvollziehen.

Wie man es vielleicht besser machen kann:

"Anstatt (…) die Thesen des Attentäters wörtlich zu zitieren und somit weiter zu verbreiten, möchte ich nach meiner Lektüre des Buches meine Einschätzung auf einer Meta-Ebene anbieten – und das Manifest in die Landschaft bereits bekannter Terror-Manifeste einordnen."

Sie sei "keine ausgebildete Psychologin", schreibt Brockschmidt. Aber:

"(E)s liegt nahe, dass hier jemand schreibt, der sich in einem psychischen Ausnahmezustand befand. Hier ist es wichtig, darauf hinzuweisen: Eine psychische Erkrankung und ein politisches Motiv müssen sich nicht ausschließen. Um beides abschließend zu ergründen, werden genauere Untersuchungen nötig sein, darunter die Einbeziehung sachkundiger Gutachter. Trotzdem ist es wichtig, in der Berichterstattung die zusätzliche Stigmatisierung psychischer Erkrankungen zu vermeiden. Die Fragen, die sich jetzt stellen, sind komplex und schnelle Antworten werden ihnen oft nicht gerecht."

Brockschmidt zitiert dann die Psychologin Pia Lamberty:

"Die Analyse der Tatmotivation bei Amoktaten oder Terroranschlägen ist komplex und bedarf Zeit. Es ist mit einer oberflächlichen Analyse der Manifeste nicht getan. Oft erlischt das gesellschaftliche Interesse aber sehr schnell, weswegen Analysen, die in die Tiefe gehen, nicht mehr die mediale Aufmerksamkeit erfahren. Viele Fragen lassen sich aber erst nach einiger Zeit, manche nie beantworten: Welche Rolle die Ideologie für die Tat spielte, wie das Verhältnis von psychischer Erkrankung und Ideologie für die Tat selbst aussah."

Am Samstag läuft der beste Musikfilm aller Zeiten

Gegen den Sender One lässt sich ja einiges vorbringen, zum Beispiel, dass er bloß eine "lineare Mediathek" ist (siehe Altpapier). Hat er überhaupt eine Zukunft? Im aktuellen Interview mit dem KNA-Mediendienst sagt der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke:

"(W)ir (müssen) aufrichtig sein und sagen, dass auch etwas wegfällt - weil es nicht anders geht (…) Wir haben zwei Optionen: Entweder wir überführen einen Kanal in ein Online-Angebot oder er wird ganz gestrichen. Beides lässt der Medienänderungsstaatsvertrag zu, der noch nicht in Kraft ist, weil die Landesparlamente noch zustimmen müssen. Insofern müssen wir erst mal warten, bis das geschehen ist (…) Wir haben uns selbst unter den Druck gesetzt, direkt nach Inkrafttreten des Staatsvertrags die erste Flexibilisierung oder Einstellung eines linearen Kanals auf den Weg zu bringen. Weil wir nicht alleine über Kanäle entscheiden können, die wir etwa mit dem ZDF betreiben, kommen die drei Kanäle in den Blick, für die die ARD alleine verantwortlich ist - Tagesschau24, ARD alpha und One."

Dass es One treffen wird, war zuletzt schon hier und dort gemutmaßt worden ("Tagesspiegel", digitalfernsehen.de). Man kann aber auch Gutes über One sagen, zum Beispiel, dass dort am Samstag Steve McQueens "Lovers Rock" läuft, der beste Musikfilm aller Zeiten. Hier gibt es schon mal elf Minuten davon. Wer keine elf Minuten Zeit, sondern nur fünf, blende bei Time Code 6:26 rein.

"Lovers Rock" war zudem der beste Film des Jahres 2020, jedenfalls nach Ansicht von mehr als 100 Kritikerinnen und Kritikern, die das unverzichtbare britische Filmmagazin "Sight and Sound" gefragt hat. "Lovers Rock" ist Teil der Reihe "Small Axe", und One zeigt von Samstag bis Montag sämtliche fünf Filme daraus. Bei BBC One sind die Filme übrigens an einem Sonntag in der Prime Time gelaufen (siehe voice-online.co.uk), und das ist vielleicht ein gutes Beispiel dafür, dass die in die letzten Tagen viel kritisierte BBC dem deutschen öffentlich-rechtlichen System zumindest im fiktionalen Bereich weit, weit voraus ist.

"Das Ideal ist eine Institution, die die Gesellschaft auch kulturell vollständig repräsentiert"

An Kritik an der BBC kommen wir aber auch heute nicht vorbei. Die Diskussion um die Zukunft der in der letzten Jahren zunehmend konservativer bzw. regierungsunkritischer gewordenen Institution, die durch die Debatte um einen Tweet Gary Linekers ausgelöst wurde (siehe zuletzt Altpapier von Donnerstag), greift jetzt die taz in Form eines Interviews mit dem britischen Soziologen Tom Mills auf.

Unter anderen geht es um eine Studie von ihm zur Twitter-Nutzung von BBC-Journalisten:

"Unsere Studie zeigte 2019 einen klaren Fokus auf Mitte-rechts. BBC-Journalisten interagierten viel stärker mit konservativen Politikern als mit solchen von Labour."

Das zeigt sich dann auch im Programm:

"Meinungsumfragen zeigen immer wieder, dass eine Mehrheit im Vereinigten Königreich die Wiederverstaatlichung von Elektrizitätsbetrieben und der Bahn befürwortet. Diese Sichtweise wird in Westminster nicht geteilt und taucht auch nicht in den Debatten der BBC auf (…) Auch die Reaktion auf die Finanzkrise nach 2008 ist gut untersucht: Die BBC hat Argumenten für Sparmaßnahmen und Defizitreduzierung so viel Raum gegeben, dass sogar Ökonomen irgendwann Einspruch gegen diese einseitige Darstellung erhoben haben."

Interviewer Caspar Shaller hakt an dieser Stelle ein:

Die Behauptung, dass Establishment und Medien unter einer Decke stecken, ist eine Trope der Rechten. Wie unterscheidet sich Ihre Kritik davon?

Mills sagt dazu, die "Angst der Linken, Eliten zu benennen" sei "albern". Denn:

"Es ist eine gesellschaftliche Tatsache, dass es ein Establishment gibt, wo sich Geld und Macht konzentrieren (…) Die Linke ist zu zimperlich, wenn es darum geht, die BBC zu kritisieren. So besetzt die Rechte allein dieses Feld, um die demokratischen Medien auszuhöhlen. Sie denken, die BBC ist ein Werkzeug, der Öffentlichkeit die liberalen Werte der Mittelschicht aus den Großstädten aufzuzwingen. Dabei liegt die tatsächliche Macht in der Gesellschaft nicht bei der liberalen Mittelschicht."

Shaller fragt dann auch noch, wie "eine linke Kritik an der BBC in Abgrenzung zu der von rechter Seite gelingen" kann, und eine ähnliche Frage ließe sich natürlich auch in Deutschland stellen, wo wir aber vor dem Problem stehen, dass der ÖRR irrwitzigerweise als "links" geframed ist - von Leuten, denen wohl auch zuzutrauen wäre, dass sie den Papst als Buddhisten bezeichnen.

Mills sagt:

"Das Ideal ist eine Institution, die die Gesellschaft vollständig repräsentiert (…) und die Gesellschaft auch kulturell vollständig repräsentiert (…)"

Kurzer Exkurs: Forderungen, die in diese Richtung gehen, hat gerade die Initiative Neue Deutsche Medienmacher*innen e.V. in einer Pressemitteilung an die hiesigen Öffentlich-Rechtlichen gerichtet. Diese müssten sich

"erneuern, um dem kritischen Publikum und seinen veränderten Seh- und Hörgewohnheiten gerecht zu werden. Dazu gehört auch, die vielfältige Migrationsgesellschaft widerzuspiegeln und ihr Angebote zu machen, sonst gehen Vertrauen und wichtige Zielgruppen verloren. Rund ein Viertel der Rundfunkbeitragszahler*innen haben schließlich Einwanderungsgeschichte, in der jungen Generation sind es noch mehr. Damit der ÖRR der Zukunft alle miteinschließt, fordern wir: Gerechte Repräsentation durch Diversity-Monitoring, Quoten und Vielfalt in den Chefetagen, diskriminierungskritische und mehrsprachige Berichterstattung, inklusive Redaktionskulturen"

An anderer Stelle fordern die NdM (vereinfacht zusammen gefasst): mehr Cosmo und mehr WDR4you! Zurück zu Tom Mills. Er sagt:

"Man muss die symbiotische Beziehung von Journalismus und Politik aufkündigen. Aber das ist ein Problem, das man nicht lösen kann, ohne sich mit den allgemeineren Fragen der Machtverteilung in der Gesellschaft zu befassen. Man kann das Medienproblem nicht lösen, ohne die sozialen Probleme zu lösen."

Wenn diese, nennen wir sie mal salopp: vulgäradornitische Position in im weiteren linken ÖRR-Reformanregungen hier zu Lande Niederschlag fände, wäre das nicht völlig verkehrt.

Falscher medialer Spin bei Klimazielen

"Deutschland erreicht Klimaziel 2022" und "Emissionen 2022: Deutschland schafft Klimaziel", meldeten am Mittwoch tagesschau.de bzw. SZ unter Bezug auf Prognosen des Umweltbundesamtes (UBA). Angesichts dessen, dass etwa der "Spiegel" unter Bezug auf dieselben Prognosen "Bei Verkehr und Gebäuden verfehlt Deutschland die Klimaschutzziele für 2022″ titelte, konstatiert Lisa Kräher ("Übermedien"):

"Verwirrt ist jetzt, wer vorher die Schlagzeile der 'Tagesschau' gelesen hat. Da stand doch, das Klimaziel wurde eingehalten? Und wieso schreibt der 'Spiegel' denn jetzt von Klimaschutzzielen, also mehreren? Ist die Sache vielleicht gar nicht so einfach, wie es manche Eilmeldungen und Schlagzeilen auf den ersten Blick vermuten lassen? Gibt es womöglich Details, die eine differenzierte Überschrift nötig machen? Kurzfassung: Ja. Denn das Klimaschutzgesetz unterscheidet in sechs Sektoren, für die konkrete Emissionsziele gelten: Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft sowie Abfallwirtschaft und Sonstiges. Der Verkehrs- und Gebäude-Sektor haben 2022 ihre Ziele laut UBA jeweils verfehlt. Im Verkehr sind die Emissionen sogar gestiegen."

Dass "der Spin 'Deutschland schafft Klimaziel 2022’" gar nicht vom UBA kommt, sondern "Medien das offenbar von alleine so verkürzten", bemerkt Kräher auch noch.

Was Montag wichtig wird

Da hoffen wir doch mal, dass sich die kritisierten Nachrichtenmachenden bis Montag ein bisschen mehr Kompetenz aneignen, denn dann stellt der Weltklimarat (IPCC) auf einer Pressekonferenz den, wie es offiziell und korrekt heißt: "abschließenden Synthesebericht zum Sechsten Sachstandbericht" vor.

Christiane Schulzki-Haddouti nimmt das bei riffreporter.de zum Anlass, auf die zuletzt vorgelegten Berichte der Weltklimaratsarbeitsgruppen einzugehen. Und die ARD hat, um jetzt mal einen nicht kleinen Sprung zu wagen, den Tag der Vorstellung des IPCC-Berichts als Starttermin für die sechsteilige SWR-Reportagereihe "Wir können auch anders" von Laura Lo Zito und Lars Jessen gewählt. Sie weise, so Altpapier-Kollege Klaus Raab in der neuen Ausgabe von "taz Futurzwei", "einen viel zu selten genutzten Ausweg aus einem Dilemma, in dem Fernsehen, Film­ und Medienschaffende generell stecken: Wie erzählt man von der Klimakrise, ohne allzu vielen Leuten auf den Keks zu gehen?"

Dabei helfen Prominente (Bjarne Mädel, Anke Engelke, Annette Frier) als Presenter. Lars Jessen sagt, er wolle "keine Geschichten erzählen vom Verzichten, 'davon, was wir verlieren, wenn wir ein anderes Leben leben'. Er wolle von dem berichten, was wir gewinnen. Er sei 'überzeugt, dass man da ein anderes Publi­kum ansprechen kann'".

Ums "andere Publikum" geht es auch in der Rezension von Katharina Zeckau (KNA-Mediendienst):

"'Wir können auch anders’ richtet sich an die große Gruppe derer, die bislang keine sonderliche Lust auf das Thema hatten - und die nun mithilfe von 'Unterhaltung' geködert und sensibilisiert werden sollen. Könnte gut sein, dass das funktioniert. Womit der Reihe jeder einzelne ihrer gar nicht so wenigen Sparwitze verziehen sei."

Altpapierkorb (Boie, Horn, Schneider, Strunz, Würzbach)

+++ Nach meiner Wahrnehmung die kräftigsten Beschreibungen bzw. Umschreibungen für die Absetzung von Johannes Boie, Claus Strunz und Alexandra Würzbach bei "Bild" in Teasern und Headlines: "Knall" (kress.de), "Hammer" (dwdl.de)", "Beben" (habe ich erstaunlicherweise nur einmal gefunden, bei horizont.net), "Personal-Beben" (tag24.de) "Radikalkur" ("Tagesspiegel").

+++ Die krachledernste Fließtext-Formulierung: "Endlich mal Ruhe im 'Bild'-Puff!" - das sei, so Joachim Huber rückblickend im gerade verlinkten "Tagesspiegel"-Beitrag, Johannes Boies "Spezialauftrag" gewesen, als er im Oktober 2021 angetreten sei.

+++ Die knackigste Zusammenfassung: "Johannes Boie ist kein testosterongesättigter Schreihals wie Julian Reichelt oder Kai Dieckmann, sondern eher eine hinterhältige Giftspritze. Das funktionierte bei der @Welt, wo man Niedertracht per Erdolchung praktiziert, aber nicht bei der #Bild, wo man grölend alles anzündet." Geschrieben hat’s Mario Sixtus bei Twitter.

+++ Die irgendwie cineastischste Formulierung: "Ich freue mich sehr, dass Marion Horn und Robert Schneider wieder zurück zu Axel Springer und ,Bild’ kommen. Sie stehen für unseren Weg in die Zukunft" (Mathias Döpfner, zitiert u.v.a. in der "Frankfurter Rundschau"). Klingt jedenfalls ein bisschen nach "Zurück in die Zukunft." Dass Schneider, ein "exzellenter Kenner des Berliner Nachtlebens" (Laura Hertreiter auf der heutigen SZ-Medienseite), "zurück kommt", stand aber schon länger fest.

Das Altpapier am Montag schreibt Klaus Raab. Schönes Wochenende!

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