Das Altpapier am 12. Oktober 2023: Porträt des Altpapier-Autoren Ralf Heimann
"Das Altpapier" ist eine tagesaktuelle Kolumne. Die Autorinnen und Autoren kommentieren im aktuellen Altpapier die wichtigsten Medienthemen des Tages. Bildrechte: MDR | MEDIEN360G

Kolumne: Das Altpapier am 12. Oktober 2023 Aigentor?

12. Oktober 2023, 11:52 Uhr

Hat die "Süddeutsche Zeitung" Hubert Aiwanger mit ihrer Enthüllung einen sehr großen Gefallen getan? Und falls ja: Lag es am Ton, am Inhalt oder an einer bei Rechtspopulisten beliebten Erzählung? Heute kommentiert Ralf Heimann die Medienberichterstattung.

Das Altpapier "Das Altpapier" ist eine tagesaktuelle Kolumne. Die Autorinnen und Autoren kommentieren und bewerten aus ihrer Sicht die aktuellen medienjournalistischen Themen.

Wie wichtig ist, wem es nützt? Hannah Knuth ist für die "Zeit" nach München gereist, um mit Judith Wittwer und Wolfgang Krach, den Chefredakteuren der "Süddeutschen Zeitung" über die Frage zu sprechen, ob die Zeitung Hubert Aiwanger mit ihrer Berichterstattung zu einem Rekordwahlergebnis verholfen hat. Wolfgang Krach sagt dazu, ihm sei schon am Tag des Andrucks klar gewesen, dass die Berichterstattung Aiwanger möglicherweise nutzen könnte. Judith Wittwer ergänzt: "Aber das kann für uns kein Kriterium sein." Sie seien ja Journalisten nicht Aktivisten.

Hier geht es nicht um Nuancen, sondern um die grundsätzliche Frage, ob die "Süddeutsche" die Recherche hätte veröffentlichen sollen. Wittwer sagt, man hätte der Zeitung auch einen Vorwurf gemacht, wenn nach der Wahl herausgekommen wäre, sie hätte die Geschichte zurückgehalten.

Es gab allerdings auch den Vorwurf, die Zeitung habe mit der Veröffentlichung bis kurz vor der Wahl gewartet. Das war einer der Punkte, auf den die beiden Autoren Ende September in einem Text "in eigener Sache" eingingen (Altpapier). Und wenn nach einer Recherche ein Text in eigener Sache erscheint, dann ist entweder ein größerer Fehler passiert, oder es ist auf irgendeine Weise gelungen, die Recherche anzugreifen oder zu verunglimpfen. So war es hier.

Und dann wird es kompliziert. Im Falle der "Süddeutschen Zeitung" ging es um den Vorwurf einer Kampagne, also um die Frage: Wollte die Zeitung Aiwanger beschädigen, weil er ihr politisch nicht in den Kram passt?

Schaut man undifferenziert auf die gesamte deutsche Medienlandschaft, ist so etwas tatsächlich kein abwegiger Vorwurf. Es gibt Medien, die so arbeiten.

Stefan Niggemeier hat sich in dieser Woche in einem Beitrag für "Übermedien" mit dem rechten Hetzportal "Nius" beschäftigt, in dem er eine Passage aus einem Text über die Grünen zitiert, die verdeutlicht, was ich meine. Das ist diese:

"Für die Grüne Partei muss es ein sagenhafter Rausch sein, dieses Land zu regieren. Stellen Sie sich vor, Sie wären nicht mal qualifiziert, um eine Imbissbude zu führen und plötzlich händigt man Ihnen das ganze Land aus. Sie hätten nichts gelernt und nie gearbeitet und verdienten auf einmal mehr als 90 Prozent der Menschen in diesem Land. Niemand will, was Sie wollen, aber – Sie können es einfach trotzdem machen. Niemand hat Sie direkt gewählt – von 118 Grünen im Bundestag haben nur 16 einen Wahlkreis gewonnen – und doch behaupten Sie einfach, Hüter der einzig wahren Gesinnung zu sein. Menschen, die keine Alternativen haben – so wie die Grüne Partei – werden gefährlich. Die Alternative zur Macht für die meisten Grünen wäre Arbeits- und Bedeutungslosigkeit. Das ist der Grund, warum die Grüne Partei inzwischen ganz offen und unverblümt spricht wie eine totalitäre Bewegung."

Noch nicht ganz so enthemmt, aber auch nicht sehr viel moderater hat Julian Reichelt gewütet, als er noch in seinem Feldlager oben im Axel-Springer-Hochhaus herum propagandierte. Dort wird auch nach seinem Weggang weiter Stimmung gegen die Ampel-Regierung gemacht, und das geht weit hinaus über eine kritische Berichterstattung, wie sie angebracht und auch notwendig ist.

Hält man so etwas für normal, kann man schon darauf kommen, dass auch andere Medien so drauf sind. Und natürlich passiert es teilweise tatsächlich, dass Medien es mit Recherchen übertreiben, dass sich Herdeneffekte ergeben, dass man am Ende feststellen muss: Da ist irgendwas schiefgelaufen.

Korrellation oder Kausalität?

Im Text von Hannah Knuth ist die Rede von Kritikern, "die der Zeitung gerne vorwerfen, sie sei zu einseitig, zu links". Dieser Eindruck kann sich ergeben, wenn man regelmäßig eine Zeitung liest und feststellt, die Kommentatoren sind sehr oft anderer Meinung.

Grundsätzlich sieht das deutsche Recht sogar vor, dass so etwas passieren soll. Und das – auf den ersten Blick ist das vielleicht nicht zu verstehen – soll die Presse- und Meinungsfreiheit schützen. Medienverlage sind Tendenzbetriebe, die eine bestimmte weltanschauliche, politische oder kulturelle Richtung haben dürfen.

Ein Medienverlag hat das Recht, eine Redakteurin oder einen Redakteur nicht einzustellen, weil er oder sie politisch eine Tendenz hat, die nicht zum Verlag passt. Ein konservativer oder eher linker Verlag kann also durchweg konservative oder eher linke Journalistinnen und Journalisten einstellen, um der Redaktion eine bestimmte Tendenz zu geben. Es muss also nicht jede Zeitung gleichzeitig eher linke und konservative Kommentare veröffentlichen. Die Ausgeglichenheit ergibt sich hier im Gesamtbild.

Und: Ein Medium kann sehr eindeutig positionierte Kommentare veröffentlichen, aber trotzdem ausgewogen berichten. Das sollte es sogar. Wobei sich die Unterschiede in der Ausrichtung dann meist doch in der Themenauswahl zeigen.

Es ist also einerseits eine Stärke, dass der Betriebsrat nicht dabei mitbestimmen kann, welche politische Ausrichtung eine Redaktion hat. Die Schwäche ist: Wo eine Korrelation zu erkennen ist, kann man immer auch gut behaupten, es sei eine Kausalität.

Wenn ein Medium eine bestimmte politische Ausrichtung hat, dann ist das bei Enthüllungen oder schon bei Kritik also immer auch eine Angriffsfläche. Dann lässt sich leicht behaupten: Die berichten ja nur das, was den eigenen Zielen nützt.

Diese Behauptung unterminiert die Glaubwürdigkeit von Medien. Wenn Medien so arbeiten oder diese Kritik immer wieder vorgebracht wird, dann führt das dazu, dass Kritik oder Enthüllungen irgendwann nicht mehr ernst genommen werden.

Man macht Medien zu einer Partei (oder Medien machen sich selbst zu einer Partei). Und Parteien haben vor allem ein Interesse: Sie wollen ihre Vorstellungen durchsetzen.

Mit dieser Strategie hat Donald Trump über Jahre versucht, Medien als Korrektiv auszuschalten. Das Schlagwort dazu lautet "Fake News Media", die erwartbare Reaktion auf jede Enthüllung war regelmäßig die komplette Zurückweisung der Vorwürfe. Der einzige Kommentar in der Regel: "Witch Hunt". Das alles sei eine Hexenjagd.

Hubert Aiwanger hat in seinem Umgang mit der Enthüllung Elemente daraus übernommen. Er habe Stellungnahmen schließlich pauschal abgelehnt, schreiben die Autoren der Recherche in ihrem Text in eigener Sache. Und Aiwanger hat die SZ mit Behauptungen angegriffen, die so nicht stimmen. Auch das führen die Autoren aus.

Drei Kommentare, zu viel?

Kompliziert ist die Sache auch, weil die Zeitung sich tatsächlich angreifbar gemacht hat, und im Nachhinein lässt sich auch sagen, was dazu beigetragen hat. Einer der Gründe scheint zu sein: Die "Süddeutsche Zeitung" hat laut "Zeit" zwei Recherchen zusammengeführt. Ein Porträt über Aiwanger, das ohnehin in Arbeit war, und die Enthüllungen, die dann noch dazukamen. Man kann den Gedanken verstehen, dass beides zueinander passen könnte, aber im Nachhinein muss man sagen: Die Veröffentlichung in dieser Form war ein Fehler.

Es kann tatsächlich an eigenen Interessen der Autoren gelegen haben, dass man sich für diese Form entschied, aber vielleicht anders, als Aiwanger unterstellt.

Die Porträt-Recherche war in Arbeit. Dann kamen die Vorwürfe dazu, und grundsätzlich ist klar: Am überzeugendsten präsentiert man so etwas sachlich und in aller Nüchternheit. Aber was macht man mit dem schon recherchierten Porträt? Unter Umständen müsste man sagen: Das lassen wir fallen, ein Porträt kommt unter den Umständen nicht in Frage. Aber das ist sehr ärgerlich für die Menschen, die das Porträt schon recherchiert haben.

Ich weiß nicht, ob es überhaupt die Erwägung gab, die Enthüllung unabhängig vom Porträt zu veröffentlichen. Vielleicht sah man in der Redaktion auch einfach die Angriffsfläche nicht, die so entstand. Im Nachhinein scheint es diese Sichtweise in der Redaktion aber durchaus zu geben. Hannah Knuth schreibt, in der Redaktion ärgerten sich manche, dass die Intonierung der Berichterstattung Nahrung für jene Kritiker gewesen sei.

Nahrung für Kritik war möglicherweise auch die Wucht der SZ-Meinungsbeiträge im Anschluss an die Enthüllung. Das sieht mittlerweile auch Judith Wittwer so. Sie sagt in der "Zeit":

"Drei Kommentare haben wir zwischen der Veröffentlichung der Recherche und Söders Entscheidung, Aiwanger im Amt zu belassen, publiziert. Alle hatten sie einen etwas anderen Aufhänger, im Kern ging es bei allen aber darum, dass Aiwanger nicht mehr haltbar sei. Das war in der Summe rückblickend zu viel."

Krach sagt:

"Rückblickend stelle ich fest, dass uns meine eigene frühe Kommentierung in dieser Sache als Kampagne ausgelegt worden ist."

Heute würde er an der ein oder anderen Stelle nüchterner formulieren. Den Ton einzelner Geschichten hätten Menschen so aufgenommen, dass er von den eigentlichen Vorwürfen abgelenkt habe.

Medien können aus diesem Fall also lernen: Wenn etwas politisch Brisantes enthüllt werden soll, dann macht man das am besten so nüchtern und sachlich es geht. Dadurch können Medien zwar nicht verhindern, dass ihnen Parteilichkeit unterstellt wird, aber sie können die Angriffsfläche verkleinern.

Was in diesem Fall auch zu erkennen ist: Seriöse Medien stellen sich der Kritik, sie räumen Fehler ein, wo sie passiert sind, und korrigieren sie im besten Fall. Das unterscheidet seriöse von unseriösen Medien.

"Im Grunde wurden die Leute missbraucht"

Unseriöse Medien machen es so wie Donald Trump. Ein Beispiel dafür steht in Stefan Niggemeiers Text über "Nius". Das Portal hatte drei Asylbewerber zähnezeigend auf einem Foto abgebildet. Darüber stand: "Danke, Deutschland!" Darunter: "Wir haben uns die Zähne machen lassen."

Das Ganze bezog sich auf das Zitat von Friedrich Merz, mit dem ich mich vor zwei Wochen hier im Altpapier beschäftigt habe. Der "Nius"-Beitrag ist anonym veröffentlicht (laut Niggemeier steht als Autor Philippe Fischer im HTML-Code). Dass Merz von abgelehnten Asylbewerbern gesprochen habe, lasse "Nius" ganz weg, schreibt Niggemeier. Und sogar, wenn es sich tatsächlich um Asylbewerber handle, "die mit ihren neuen Zähnen auf Kosten der dummen deutschen Steuerzahler prahlen", so Niggemeier, "wäre das eine niederträchtige Montage, die Ressentiments schüren und anfeuern will; ein Bild in der Tradition übelster Demagogie zur Verunglimpfung ganzer Völkergruppen".

Und er schreibt:

"Aber die Asylbewerber, die die Leute von 'Nius' gesprochen haben, haben sich gar nicht 'die Zähne neu machen lassen'. Sie berichten fast alle, dass sie Schmerzen hatten, dass sie Karies hatten, Routinebehandlungen. Für manche war es der erste Besuch überhaupt in ihrem Leben beim Zahnarzt. Keiner von ihnen sagt, dass er wegen der guten Zahnversorgung hier nach Deutschland gekommen ist."

Dem Portal geht es also offenbar nicht darum, Fakten mit tatsächlichen Geschichten zu stützen, sondern ein Ressentiment mit einer manipulierten Erzählung zu bestätigen.

Fritz Lüders ist für das NDR-Medienmagazin (ab 22:40 min) "Zapp" zu dem Geflüchtetenheim gefahren, wo "Nius" den Beitrag "recherchiert" hat. Die Einrichtungsleiterin Christa Gunsenheimer sagt:

"Im Grunde wurden die Leute missbraucht. Denen wurden die Worte im Mund umgedreht. Und das Positive, zum Beispiel, dass sie selber die Zuzahlungen geleistet haben oder Schmerzbehandlungen, wo zum Teil die Kosten nicht übernommen wurden, dass sie da selber zugezahlt haben, das wurde alles nicht gebracht. Und besonders perfide finde ich die Aufforderung, die Zähne zu zeigen und den Daumen hochzunehmen."

Außerdem bestreiten laut "Zapp" mehrere Mitarbeiter und Befragte, dass die "Nius"-Reporter offengelegt haben, für welche Redaktion sie arbeiten, wie das Portal es behauptet

Auch ein 14-Jähriger sei interviewt worden, nach "Zapp"-Informationen ohne Einverständnis eines Erziehungsberechtigten. Die Reporter haben die Verständigungsschwierigkeiten offenbar ausgenutzt, um einen falschen Eindruck zu erwecken. Die Menschen hätten gar nicht verstanden, was da passiert, sie hätten sich gefreut, dass jemand Interesse an ihnen hat, sagt Christa Gunsenheimer. Als die das Ergebnis sahen, seien sie entsetzt gewesen.

Der Medienanwalt Lukas Brost schreibt bei X

"#Nius ist ein Fall für die Medienaufsicht."

Um wessen Freiheit geht es?

Zum Schluss noch einmal zurück zum Tendenzrecht, beziehungsweise zur Unabhängigkeit von Medien. Antje Allroggen hat für das Deutschlandfunk-Medienmagazin "@mediasres" mit dem Journalisten Harald Schumann über den Entwurf des europäischen Mediengesetzes (Media Freedon Act) gesprochen, das die Pressefreiheit eigentlich schützen soll, aber in Deutschland eher kritisch gesehen wird, weil man befürchtet, das Gegenteil könnte passieren (Altpapier).

Harald Schumann ist Gründer des journalistischen Rechercheportals "Investigate Europe", und nach seiner Einschätzung hängt die Kritik von deutscher Seite vor allem damit zusammen,

"dass die Verlegerseite sich grundsätzlich vorbehält, keinerlei Vorschriften von außen zu akzeptieren darüber, wer darüber entscheiden darf, welche inhaltliche Linie ein Medium verfolgt. (..,) Im wirklichen Leben heißt es natürlich auch, dass es dann Eingriffe gibt, wenn Recherchen politischen oder persönlichen Interessen von Verlegern nicht passen, dass sie dann nicht veröffentlicht werden. Und diese Art von Eingriffen würde in Zukunft oder soll in Zukunft mit diesem europäischen Recht erschwert werden."

Etwas missverständlich ist hier das Wort Pressefreiheit. Denn darin kann man einerseits das sehen, was der Publizist Paul Sethe darin sah, als er im Jahr 1965 in einem Leserbrief an den "Spiegel" schrieb: "Pressefreiheit ist die Freiheit von zweihundert reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten."

Man kann darin aber auch die Freiheit der Redaktion sehen, sich gegen einen Verleger zu wehren, der – nehmen wir ein fiktives Beispiel – eine Recherche über den Chefredakteur einer Boulevard-Zeitung verhindern will, weil er selbst keine Veröffentlichung möchte.

Die erste Form von Pressefreiheit würde geschwächt, die zweite eher gestärkt.

Allerdings kann man es natürlich kritisch sehen, wenn der Staat, auch wenn es in diesem Fall die scheinbar über allem schwebende Europäische Union ist, Medien Vorschriften macht. Wenn der Staat den Begriff "Desinformation" sehr eng fasst – auch darum ging es in der Debatte –, kann das am Ende tatsächlich zu einer Zensur führen.

In diesem konkreten Fall könnte das Gesetz Redaktionen zumindest in der Theorie mehr Freiheiten geben, Recherchen zu veröffentlichen, die der Linie des Hauses nicht entsprechen. Wobei es vielleicht auch etwas naiv ist, anzunehmen, dass das tatsächlich gelingen könnte, denn es gibt ja sehr viele andere Möglichkeiten, Geschichten zu verhindern oder vorauseilenden Gehorsam zu begünstigen.

Im Sinne der Glaubwürdigkeit von Medien ist es jedenfalls, wenn hin und wieder Beiträge erscheinen, die der politischen Linie der eigenen Klientel widersprechen. Auf eine kritische Enthüllung über Friedrich Merz bei "Nius" warten wir aber vermutlich vergeblich.


Altpapierkorb (RBB-Staatsvertrag, RBB-Untersuchungsbericht, Lindemann, Gemeinsames Streaming-Netzwerk, Gordon Repinski, Alexander Graf, Jimmy Savile, Pablo González, Washington Post, Filmförderung, Deutschlandfunk, Nachmittagsprogramm)

+++ RBB-Intendantin Ulrike Demmer kritisiert den Entwurf des RBB-Staatsvertrags, berichtet unter anderem Timo Niemeier für das Medienmagazin DWDL. Kritisch sieht sie vor allem "kleinteilige Vorschriften", wie die Bevorzugung von Führungspersonen mit ostdeutschem Hintergrund und die Einrichtung von Regionalbüros in bestimmten Städten. Sie betonte auch das Interesse des RBB an mehr Transparenz, erwähnte aber nicht den juristischen Streit um einen Untersuchungsbericht. Über den schreibt der Strafverteidiger Udo Vetter bei X: "Schlesinger-Affäre: RBB will Abschlussbericht geheim halten." Das erklärt er in einem längeren, na, wie heißt das denn jetzt eigentlich? Immer noch Tweet? Vetters Eindruck: Mehr als Zeit schinden wird der Sender nicht können.

+++ "Ein schlechter Tag für Till Lindemann ist ein guter Tag für den Journalismus", schreibt "Spiegel"-Redakteur Anton Rainer bei X. Lindemann hat vor dem Frankfurter Landgericht gegen die "Süddeutsche Zeitung" verloren, schreibt die Zeitung selbst. Daniel Drepper vom NDR-WDR-SZ-Investigativteam kommentiert bei X: "Journalisten dürfen über #MeToo berichten, auch wenn es für die Situation nur eine Zeugin gibt, schreibt das Landgericht Frankfurt —wenn sie Regeln der Verdachtsberichterstattung einhalten. So wie bei unserem Text zu Lindemann. Wegweisendes Urteil." Der "Spiegel" hat vor dem Landgericht Hamburg eine Unterlassungserklärung gegen die Kanzlei Schertz Bergmann erwirkt, die Lindemann vertritt. Die Kanzlei hatte in einer Pressemitteilung von zwei falschen Tatsachenbehauptungen geschrieben. Dagegen ging der "Spiegel" vor. Die Pressemitteilung ist inzwischen gelöst. Der Anwalt Christian Solmecke erklärt die Entscheidung im Blog seiner Kanzlei. Daniel Drepper hat die Recherche im Fall Rammstein für das DJV-Magazin "Journalist" nachgezeichnet.

+++ ARD und ZDF haben ihre Mediatheken in einem gemeinsamen Streamingnetzwerk zusammengeführt. Passenderweise geben die Sender das in einer gemeinsamen Pressemitteilung bekannt. Inhalte von anderen öffentlich-rechtlichen Sendern wie "funk", "Phoenix", "Arte" und "3sat" sind in dem Netzwerk laut Pressemitteilung auch zu finden. Bald könnten noch Angebote aus anderen europäischen Ländern dazukommen, heißt es.

+++ Gordon Repinski, bislang zweiter Mann hinter Michael Bröcker bei "The Pioneer", wird ab Januar Chefredakteur von "Politico" in Deutschland, meldet er selbst bei X.

+++ Alexander Graf wird ab Januar Chefredakteur und Geschäftsführer von "Übermedien", meldet Übermedien.

+++ Die BBC hat dem vor zwölf Jahren gestorbenen Sexualverbrecher und Moderator Jimmy Savile eine Serie gewidmet. Eva Lapido schreibt auf der FAZ-Medienseite: "Schwerer noch als der Vorwurf der Reinwaschung ist der Verdacht zu zerstreuen, dass die BBC dem Stoff aus Sex, Pop, Glamour und Verbrechen nicht widerstehen konnte. Die Versuchung scheint zu groß gewesen zu sein, dem quotenträchtigen Trend von 'True Crime' zu folgen und aus der nationalen Tragödie von Jimmy Savile gruselige Unterhaltung zu machen."

+++ EU-Abgeordnete wollen erreichen, dass der spanisch-russische Journalist Pablo González freigelassen wird, berichtet die taz. González sitzt seit Ende April 2022 in Polen im Gefängnis, weil ihm vorgeworfen wird, für Russland spioniert zu haben. Seitdem wurde seine Untersuchungshaft sechsmal verlängert, ohne dass eine Anklageschrift vorliegt.

+++ Die Washington Post hat etwas zu optimistisch geplant und eingestellt. Jetzt rechnet sie mit 100 Millionen Euro Miesen in diesem Jahr und will 240 Stellen abbauen, berichtet unter anderem Fabian Fellmann auf der SZ-Medienseite.

+++ Kulturstaatsministerin Claudia Roth möchte das Filmfördergesetz so reformieren, dass Bund und Länder in Zukunft gemeinsam Filme fördern, schreibt Helmut Hartung auf der FAZ-Medienseite. Sie plant eine zentralisierte Bundes- und Länderförderung unter der Filmförderanstalt (FFA). Und sie möchte die Filmförderung nicht nur über die Filmabgabe organisieren, sondern auch über andere Finanzierungsformen.

+++ Helmut Hartung hat sein Gespräch mit Jona Teichmann und Stefan Raue, Programmdirektorin und Intendant des Deutschlandfunks, zweitverwertet. Es ist als Interview auf seinem Medienblog "Medienpolitik.net" erschienen. Vor einer Woche hatte er auf der FAZ-Medienseite darüber geschrieben. Kurz zusammengefasst: Der Deutschlandfunk will seine digitalen Angebote ausbauen und seine linearen Inhalte reduzieren. Von einer Fusion mit dem ZDF hält Stefan Raue noch immer nichts. Sie sei einfach zu teuer, sagt er.

+++ Der Sender "Sat.1" hat seine Nachmittagssendung "Volles Haus" nach 160 Folgen eingestellt, weil so gut wie niemand mehr zuschaute. Und das ist ein generelles Problem des Nachmittagsprogramms. Antje Allroggen hat darüber für "@mediasres" mit dem Medienjournalisten Torsten Zarges gesprochen. Und der sagt unter anderem: "Die wirtschaftliche Grundregel am Nachmittag ist, so preiswert wie möglich etwas zu produzieren, was noch halbwegs nach was aussieht."

Das Altpapier am Freitag schreibt René Martens.

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