Festivalbeginn Schostakowitsch-Tage Gohrisch mit Uraufführungen und namhaften Gästen
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26. Juni 2024, 10:04 Uhr
Wer sich für die Musik von Dmitri Schostakowitsch begeistert, kommt um die Internationalen Schostakowitsch-Tage Gohrisch nicht herum. Seit 2010 zieht dieses kleine, aber sehr feine Festival sein aus fast aller Welt stammendes Publikum in die Sächsische Schweiz. Jetzt finden die 15. Schostakowitsch-Tage statt – und beinhalten wieder ein vielfältiges Angebot. Michael Ernst blickt auf die diesjährige Ausgabe.
Den Auftakt bietet bereits am Mittwoch (26. Juni) ein Sonderkonzert der Sächsischen Staatskapelle im Dresdner Kulturpalast. Unter der musikalischen Leitung von Vitali Alekseenok, der kurzfristig für Tugan Sokhiev eingesprungen ist, wird die 7. Sinfonie von Dmitri Schostakowitsch erklingen, die sogenannte "Leningrader".
Schostakowitsch-Jahr 2025 wirft seine Schatten voraus
Die tags drauf im Kurort Gohrisch beginnenden Schostakowitsch-Tage dürfen dann durchaus als kleiner Meilenstein angesehen werden. Denn nach dem äußerst mutigen Start dieses Festivals im Jahr 2010 – fünfzig Jahre, nachdem Dmitri Schostakowitsch in Gohrisch sein 8. Streichquartett komponierte – haben ihm wohl nur Visionäre einen solch langen Bestand zugetraut.
Das sieht auch der Künstlerische Leiter Tobias Niederschlag so, der bereits das Schostakowitsch-Jahr 2025 im Blick hat: "Natürlich sind fünfzehn Jahre ein Zeitraum, auf den wir wirklich sehr stolz sind, auch wenn es kein rundes Jubiläum ist. Aber nachdem es gerade in den Anfangsjahren nicht ganz einfach war, das Festival auf die Beine zu stellen, bin ich sehr froh, dass wir den fünfzehnten Jahrgang erreicht haben und jetzt optimistisch in die Zukunft blicken können."
Aber natürlich wirft auch das große Jubiläumsjahr 2025 seine Schatten voraus. Es sind zwei Jubiläumsjahre und das ist doch was ganz Wunderbares.
Internationaler Schostakowitsch-Preis für Irina Antonowna Schostakowitsch
Im Jahr 2025 wird die Musikwelt den 50. Todestag von Dmitri Schostakowitsch begehen. Doch zuvor steht erst einmal der 90. Geburtstag seiner Witwe Irina Antonowna Schostakowitsch an. Sie wird in diesem Jahr den Internationalen Schostakowitsch-Preis Gohrisch erhalten.
Irina Antonowa Schostakowitsch hat den Komponisten 1972 bei seinem zweiten Aufenthalt in Gohrisch begleitet und später wiederholt auch das Festival besucht. Tobias Niederschlag und seine Mitstreiter sind ihr sehr dankbar dafür, wie sie die Schostakowitsch-Tage fördert und beispielsweise mit Archivfunden aus dem Nachlass eine ganze Reihe von posthumen Ur- und Erstaufführungen ermöglicht hat.
Tobias Niederschlag sieht noch einen weiteren Grund für die Ehrung: "Sie unterstützt unser Festival ja seit einigen Jahren als Schirmherrin, wo sie mit ihrem Namen für unsere gute Sache steht."
Stetig wachsendes Publikum
Doch nicht nur große Namen halten dieses Festival am Laufen, es sind zahlreiche Helferinnen und Helfer, die immer wieder unermüdlich hinter den Kulissen wirken, um den Kartenverkauf zu organisieren und die Konzertstätte, eine sonst landwirtschaftlich genutzte Scheune, würdig herauszuputzen. Die Schostakowitsch-Tage haben sich ihren herausragenden Stellenwert hart erarbeitet.
Neben der Förderung aus privater Hand, von Unternehmen aus der Region und insbesondere durch die Sächsische Staatskapelle Dresden sind es heute die Kulturstiftung Sachsen und der Freistaat mit einer institutionellen Förderung, die das Festival gebührend unterstützen. Einen unschätzbaren Anteil am Erfolg hat jedoch das stetig wachsende Publikum der Schostakowitsch-Tage. Es verbindet die Ansässigen mit internationalen Gästen, viele von ihnen sind Stammgäste und kommen regelmäßig nach Gohrisch. Schließlich wissen sie um das künstlerische Niveau dieses einmaligen Festivals, das sich längst einen hohen Ruf in der Festivallandschaft erarbeitet hat.
Modest Mussorgsky und Alexander Raskatov stehen bei dieser Festivalausgabe im Fokus
Auf die programmatischen Inhalte kann sich das Publikum natürlich auch in diesem Jahrgang verlassen. Tobias Niederschlag hebt hervor, dass neben der Musik von Dmitri Schostakowitsch wieder zwei weitere Komponisten im Fokus stehen: "Neben Modest Mussorgsky, auf den er sich immer wieder bezogen hat, ist das Alexander Raskatov. Ein zeitgenössischer Künstler aus Russland, der aber seit vielen Jahrzehnten in Westeuropa lebt."
Der Festival-Macher, im Hauptberuf Leiter des Konzertbüros beim Leipziger Gewandhausorchester, weist darauf hin, dass zur Preisverleihung an Irina Schostakowitsch ein Liederzyklus von Raskatov uraufgeführt werden soll. Zudem hat er eine von Dmitri Schostakowitsch nur als Fragment hinterlassene Romanze vervollständigt und wird auch als Pianist in Gohrisch zu erleben sein.
Das hat Tradition in diesem hübschen Kurort: Namhafte Interpretinnen, Interpreten und Ensembles gastieren in dieser einzigartigen Atmosphäre einer Konzertscheune inmitten der Sächsischen Schweiz, viele schon zum wiederholten Mal. Das belgische Quatuor Danel etwa, der Geiger Gidon Kremer, der Dirigent Dmitri Jurowski.
Debüts bei den Schostakowitsch-Tagen Gohrisch 2024
Tobias Niederschlag freut sich aber ebenso auf Gohrisch-Debüts: "Das sind natürlich alles Künstler, die im internationalen Musikleben sehr bekannt sind. Matthias Goerne zum Beispiel, der mit dem Pianisten Alexander Schmalcz zum ersten Mal nach Gohrisch kommen wird, aber auch die wunderbare Cellistin Marie-Elisabeth Hecker, die mit Martin Helmchen zu einem Rezital kommt.
Wir freuen uns auf die junge französische Pianistin Nathalia Milstein, auf die Mezzosopranistin Ena Nikolovska und viele andere Künstlerinnen und Künstler.
Gidon Kremer werde mit Musikern seiner Kremerata Baltica über das Außergewöhnliche, was Gohrisch ohnehin bietet, noch weit hinausgehen und in einem Kammerabend Werke von Alfred Schnittke bis Valentin Silvestrov aufführen, von Mieczysław Weinberg bis Alexander Raskatov. Alle diese Werke sollen sich aber sehr auf Schostakowitsch beziehen.
Im Mittelpunkt auch der 15. Internationalen Schostakowitsch-Tage Gohrisch steht allerdings die Musik des Namensgebers, neben dem 9. und dem 14. Streichquartett etwa die Michelangelo-Suite sowie weitere Raritäten. Geplant war obendrein als Überraschung die Uraufführung einer erst vor wenigen Jahren aufgefundene Romanze von Schostakowitsch. Dieses Vorhaben musste allerdings ins nächste Jahr verschoben werden, was Tobias Niederschlag aber nicht anficht: "So haben wir auch im nächsten Jahr, im Schostakowitsch-Jahr 2025 eine Uraufführung von ihm im Programm."
Die 15. Internationalen Schostakowitsch-Tage Gohrisch finden vom 27.-30.6.2024 statt.
Dieses Thema im Programm: MDR KLASSIK | MDR KLASSIK am Morgen | 26. Juni 2024 | 07:10 Uhr