Sa 30.03. 2024 09:00Uhr 35:00 min

MDR KULTUR - Feature O Haupt voll Blut und Wunden

An den Quellen von Paul Gerhardts Passionslied

Von Ulrich Grober

Komplette Sendung

Archivaufnahme, schwarzweiß: Blick in die Mittenwalder St Moritz Kirche, im Hintergrund der Flügelaltar 30 min
Bildrechte: IMAGO / Arkivi
MDR KULTUR - Das Radio Sa, 30.03.2024 09:00 09:35
Wer die Moritzkirche im brandenburgischen Mittenwalde betritt, den zieht unwillkürlich ein kleines Bild am Altar in seinen Bann. Es zeigt das Schweißtuch der Veronika und - darauf abgebildet - das Antlitz des gemarterten Jesus: das Haupt voll Blut und Wunden. Von fast jedem Blickwinkel im Kirchenraum hat der Betrachter den Eindruck, dass Jesu Augen auf ihm ruhen.

An diesem Ort hat Paul Gerhardt von 1651 bis 1657 gepredigt. Vor dem Altar feierte der lutherische Pfarrer und Liederdichter mit seiner Gemeinde das Abendmahl; zu einer Zeit, als das ‘stedtlein‘ noch von den Verheerungen im 30-jährigen ‘teutschen Krieg‘ gezeichnet war. Das Bild hat ihn zu seinem berühmten, überall auf der Welt gesungenen Passionslied inspiriert. Zum ersten Mal im Druck erschien der Text 1656.

Als Vorlage diente ihm ein lateinischer Hymnus, entstanden im hohen Mittelalter im Kloster von Villers in Brabant. Die Melodie wurden einem höchst weltlichem Lied entlehnt: „Mein G’müt ist mir verwirret./ Das macht ein Jungfrau zart ...“

Paul Gerhardts Passionslied ‘O Haupt voll Blut und Wunden‘ gehört zum Weltkulturerbe. In rund 40 Sprachen übersetzt, ist es in den Gesangbüchern fast aller christlichen Glaubensgemeinschaften präsent. Johann Sebastian Bach hat es für seine Matthäus-Passion adaptiert. Die Stelle, wo nach dem Bericht vom Tod Jesu der Chor mit der Strophe ‘Wenn ich einmal soll scheiden ...‘ einsetzt, gilt als ein Höhepunkt abendländischer Musikgeschichte.


Ulrich Grober, geboren 1949, studierte Germanistik und Anglistik an den Universitäten in Frankfurt am Main und in Bochum. Er arbeitet als freier Journalist und Publizist. Grober schreibt Bücher, Essays und arbeitet für Zeitungen (u. a. Die Zeit). Er macht Reportagen, Radiosendungen und Dokumentationen. Er hält Vorträge und gibt Seminare. Bevorzugte Themen sind Kulturgeschichte und Zukunftsvisionen, Naturerfahrung und Nachhaltigkeit, Ökotourismus und Kunst des Wanderns.

(29 Min.)
Mitwirkende
Regie: Sabine Ranzinger
Produktion: RBB 2005

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