Orchideengärtnerin Marei Karge-Liphard während des Aufbaus einer Ausstellung auf der Buga in Erfurt.
Orchideengärtnerin Marei Karge-Liphard während des Aufbaus einer Ausstellung auf der Buga in Erfurt. Bildrechte: MDR/Dörthe Gromes

Interview "Die Heimat der Orchideen ist in Gefahr"

25. Januar 2022, 16:16 Uhr

Phalaenopsis-Orchideen sind die meist verkauften Zimmerpflanzen in Deutschland. Auch andere Orchideenarten rangieren hoch im Kurs. Gleichzeitig droht der natürliche Lebensraum der exotischen Pflanzen zu verschwinden. Orchideengärtnerin Marei Karge-Liphard über die lange Geschichte des Raubbaus, worauf es bei der Orchideenzucht ankommt und warum Sie niemals Orchideensamen kaufen sollten.

Die Orchideengärtnerei Karge im norddeutschen Dahlenburg zählt zu den größten ihrer Art in Deutschland. Nach eigener Aussage werden dort auf etwa 6.500 Quadratmetern über 1.000 verschiedene Orchideen kultiviert. Inhaberin Marei Karge-Liphard ist Gärtnerin in vierter Generation. Ihr Vater Joachim Karge begann die Familiengärtnerei in den 1960er-Jahren auf Orchideen umzustellen.

Doch nicht alle in der Gärtnerei erhältlichen Orchideen werden auch dort groß gezogen. Daher setzt sich Marei Karge-Liphard intensiv mit den Herkunftsländern der Orchideen und ihrer Aufzucht auseinander.

Frau Karge-Liphard, Sie sagen, dass Orchideenzucht praktischer Artenschutz ist: Warum?

Weil er den Raubbau an den wildwachsenden Orchideen sehr eingedämmt, wenn auch nicht ganz unterbunden hat. Im 19. Jahrhundert begann eine regelrechte Jagd auf Orchideen. Orchideensammler wurden von den europäischen Gärtnereien in die Herkunftsländer geschickt, um dort in großem Stil Pflanzen zu plündern. Das war sowohl für die Sammler als auch für die Orchideen in vielen Fällen eine tödliche Angelegenheit.

Heute werden bestimmte, sehr seltene Arten leider immer noch gewildert, dafür gibt es einen regelrechten Schwarzmarkt ähnlich wie bei Elfenbein und anderen unter Schutz stehenden Naturgütern. Offiziell dürfen nur gezüchtete Orchideen verkauft werden und das ist innerhalb der EU glücklicherweise auch der Fall.

Orchideen Oncidium-Sharry-baby
Oncidium-Orchidee 'Sharry Baby' Bildrechte: MDR/Dörthe Gromes

Also können Käufer sicher sein, dass sie keine gewilderten Pflanzen erwerben?

Zumindest nicht im offiziellen Handel und auf den großen Internetplattformen. Auf den kleineren, privaten Handelsplattformen können schwarze Schafe vorkommen. Bei Lockangeboten sollte man vorsichtig sein und auch von Orchideensamen sollte man unbedingt die Finger lassen. Das funktioniert zu Hause einfach nicht, denn Orchideensamen benötigen für die Keimung immer einen speziellen Symbionten - meist einen Pilz - und diese Fusion bekommt man nur im Labor hin.

Dann sollte ich mir vermutlich auch lieber keine Orchidee aus dem Urlaub in den Tropen oder Subtropen mitbringen?

Nein, Orchideen unterliegen in der EU sehr strengen Einfuhrbestimmungen. Jedes Mal, wenn wir als Gärtnerei Pflanzen importieren, müssen wir Nachweise erbringen, dass sie aus einer legalen Zucht stammen und frei von Krankheiten sind. Das ist immer ein dicker Stapel Papier.

Warum importieren Sie überhaupt Orchideen?

Rund 85 Prozent der von uns verkauften Orchideen ziehen wir selbst, allerdings nicht immer aus dem Samen, sondern oft aus Ablegern oder Jungpflanzen. Bei uns braucht eine Orchidee zwischen vier und vierzehn Jahren bis sie blüht. In den Herkunftsländern aufgezogene Pflanzen schaffen das in der Hälfte der Zeit. Wir können hier einfach nie die klimatischen Bedingungen so perfekt nachbilden wie sie in ihrer Heimat natürlicherweise vorkommen. Um eine Orchidee hierzulande von klein auf aufzuziehen, benötigt es also sehr viel mehr Einsatz von Energie, das ist nicht nachhaltig. Wir arbeiten daher mit ausgewählten Partnern in den Herkunftsländern zusammen, von denen wir Jungpflanzen beziehen. Außerdem unterstützen wir finanziell verschiedene Projekte zum Schutz der Orchideen.

Orchideen Miltonidium
Eine Miltonidium-Orchidee. Bildrechte: MDR/Dörthe Gromes

Also löst die Orchideenzucht nicht alle Probleme?

Nein, leider überhaupt nicht. Die Heimat der Orchideen ist in Gefahr, vor allem durch die anhaltende Abholzung des Regenwaldes und die Umwandlung von wilder Natur in Palmölplantagen oder Rinderweiden. Die wilden Orchideen können nur dadurch geschützt werden, dass wir ihren Lebensraum erhalten.

Orchideenschau auf der Buga in Erfurt Die Orchideengärtnerei Karge richtet vom 25. September bis 6. Oktober auf der Buga die letzte große Hallenschau aus. Sie steht unter dem Titel "Die gefährliche Welt der Orchideen" und zeigt auf 1.500 Quadratmetern Ausstellungsfläche eine große Vielfalt an Orchideenzüchtungen. Gleichzeitig informiert sie über die Geschichte des Raubbaus an den Orchideen und die Gefährdung ihres Lebensraumes.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Garten | 30. Januar 2022 | 08:30 Uhr