Gesundheit Wieso können privat Krankenversicherte nicht mit der Chipkarte abrechnen?

19. Juli 2023, 12:48 Uhr

Etwa zehn Mal im Jahr geht der Bundesbürger im Schnitt zum Arzt, Zahnarztbesuche nicht mitgerechnet. Wer gesetzlich versichert ist, legt seine Krankenkarte vor und damit ist für ihn oder sie die Sache erledigt. Den Rest regelt die Praxis mit den Krankenkassen. Bei privat Versicherten sieht das anders aus: Sie bekommen vom Arzt die Rechnung und reichen diese dann bei der Kasse ein. Viel Aufwand für Versicherte. Aber warum ist das so?

Gesetzlich Versicherte kennen es: Beim Arzt die Chipkarte vorlegen, zur Untersuchung gehen – fertig. Die Abrechnung macht dann der Arzt mit der Krankenkasse, der Patient hat damit nichts zu tun.

Auch für Privatversicherte gibt es eine Chipkarte, sagt Stephan Caspary, Sprecher des Verbandes der Privaten Krankenversicherer. Allerdings habe die keine Bezahlfunktion. Der Patient bekommt weiter die Rechnung, die dann bei der Kasse eingereicht werden muss. Das habe versicherungsrechtliche Gründe, denn eigentlich hat der Privatpatient zwei Rechtsverhältnisse: eins mit dem behandelnden Arzt und eins mit seiner Krankenkasse.

Rechnung ermöglicht Kontrolle für Patienten

Für Caspary hat der Versicherte damit aber auch eine wichtige Kontrollfunktion. Die Patienten könnten sehen, was der Arzt tatsächlich abrechnet und wie viel die Leistungen kosten: "Eine Information, die nach unserer Wahrnehmung vielen gesetzlich Versicherten an der Stelle fehlt. Die legen ihre Chipkarte vor, gehen hinterher raus und wissen eigentlich gar nicht so genau, was die Ärztin oder der Arzt für welche Leistung bekommt."

Gesundheitsökonom Professor Marcus Willauer von der Staatlichen Studienakademie Plauen kritisiert das umständliche Einreichen von Arzt-Rechnungen bei den Kassen. Patienten bekämen weiter Post vom Arzt und müssten dann die Rechnung einscannen – falls ihre Kasse bereits eine entsprechende App anbietet. Die gibt es bereits bei mehreren Privatversicherungen, sagt Stephan Caspary vom Verband der Privaten Krankenversicherer.

Probleme für pensionierte Beamte

Umständlich wird es Caspary zufolge allerdings, wenn der Versicherte pensionierter Beamter ist. Dann habe er zwei Kostenerstatter in der Hinterhand: "Das eine ist sein Dienstherr, von dem er die sogenannte Beihilfe bekommt und das andere ist seine – wie man es an dieser Stelle nennt – private Restkostenversicherung."

Das bedeute, diese beiden Kostenträger teilten sich in die Krankheitskostenerstattung rein, Betroffenen müssten tatsächlich jede Rechnung zweimal einschicken.

Abrechnung von Krankenhausaufenthalten im Vorauss planen

Etwas einfacher werde es bei Krankhausaufenthalten, erläutert Gesundheitsökonom Professor Marcus Willauer. Er sagt, man müsse unterscheiden: "Ist es ein geplanter, ein sogenannter elektiver Eingriff oder ist es ein ungeplanter Notfall. Im geplanten Fall hat man die Möglichkeit, mit der Patientenaufnahme Kontakt aufzunehmen, um im Vorfeld die Abtretung der Rechnungsansprüche zu klären."

Das bedeute, man bekomme vorab ein Formular, das man ausfüllen und unterschreiben muss. Dann rechne das Krankenhaus auch sehr gerne direkt mit der Privaten Krankenversicherung ab, so Willauer.

Am Kostenerstattungsverfahren in der Privaten Krankenversicherung insgesamt wird sich den Experten zufolge bis auf Weiteres nichts ändern – die Hoffnung bleibt aber, dass sich im Zuge der Digitalisierung viele Prozesse vereinfachen könnten.

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