Bundesarbeitsgericht Grundsatzurteil: Unterschiedlich hohe Nachtzuschläge rechtens

22. Februar 2023, 21:26 Uhr

Tarifliche Nachtarbeitszuschläge dürfen bei regelmäßiger und unregelmäßiger Nachtarbeit unterschiedlich hoch sein. Das hat das Bundesarbeitsgericht in einem Grundsatzurteil entschieden. Im konkreten Fall ging es um den jahrelangen Streit um Nachtarbeitszuschläge in der deutschen Getränke- und Lebensmittelindustrie.

Im seit Jahren schwelenden Streit um Nachtarbeitszuschläge in der deutschen Getränke- und Lebensmittelindustrie ist ein Grundsatzurteil gefallen. Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass Tarifverträge unterschiedlich hohe Nachtzuschläge vorsehen können. Die Erfurter Richter erklärten damit verschieden hohe Nachtschichtzuschläge bei Coca-Cola, frischli Milchwerke, Nestle und der FrieslandCampina Kievit GmbH für zulässig.

Aktenzeichen AZ: 10 AZR 332/20 und weitere

Höherer Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit

Geklagt hatte im konkreten Fall eine Mitarbeiterin bei Coca Cola in Berlin. Der Manteltarifvertrag im Unternehmen sieht vor, dass Beschäftigte für regelmäßige Nachtarbeit einen Zuschlag von 20 Prozent, für unregelmäßige Nachtarbeit einen Zuschlag von 50 Prozent bekommen.

Die Klägerin, die regelmäßigen Schichtdienst leistete, forderte für sich ebenfalls den höheren Zuschlag. Als Argument führte sie an, der unterschiedlich hohe Zuschlag verstoße gegen den im Grundgesetz definierten Gleichheitsgrundsatz.

Mehr Zuschlag wegen schlechterer Planbarkeit

Nach Angaben der höchsten deutschen Arbeitsrichter ist die unterschiedliche Höhe des Zuschlags rechtlich nicht zu beanstanden. Für die Ungleichbehandlung der Beschäftigten müsse es zwar einen sachlichen Grund geben. Dieser sei aber im betreffenden Manteltarifvertrag vorhanden. Mit diesem Tarifvertrag soll nach Angaben der Richter ein Ausgleich für die Belastungen gewährt werden, die durch die schlechtere Planbarkeit von unregelmäßiger Nachtarbeit entstehen. Es liege im Ermessen der Tarifvertragspartner, wie sie diesen Aspekt finanziell bewerten und ausgleichen wollten.

6.000 Klagen dazu bei Gerichten anhängig

Das Urteil hat nach Einschätzung von Fachleuten Signalwirkung für etwa 6.000 einschlägige Klagen bei den Arbeitsgerichten. Allein am Bundesarbeitsgericht sind rund 400 Fälle anhängig, die jetzt in den nächsten Monaten abgearbeitet werden sollen.

Mit der Entscheidung hat das Gericht eine Art Programm aufgestellt, mit dem in jedem Tarifvertrag geprüft werden muss, ob sich daraus ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung der Beschäftigten bei den Nachtzuschlägen ergibt.

Entscheidung zu nicht-tarifgebundenen Zuschlägen schon 2015

Bei nicht tarifgebundenen Unternehmen hatte das Bundesarbeitgericht bereits im Dezember 2015 im Fall eines Paketauslieferers entschieden, dass bei ständigen Nachtschichten grundsätzlich ein "angemessener" Nachtarbeitszuschlag von 30 Prozent gezahlt werden muss. Bei nicht immer anfallender Nachtarbeit müssen es "regelmäßig" 25 Prozent sein ( AZ: 10 AZR 423/14 ). Tarifverträge können davon aber abweichen.

MDR,dpa (kjs)

Dieses Thema im Programm: RADIO MDR THÜRINGEN | 22. Februar 2023 | 18:00 Uhr

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