Klimawandel Wird der Götterbaum für unsere Wälder gefährlich?

23. November 2022, 14:33 Uhr

Götterbäume, Robinien und Ambrosien sind Gewächse, die von weit herkommen und mittlerweile bei uns heimisch geworden sind. Manche sehen in ihnen eine Bedrohung für die heimische Flora. MDR-AKTUELL-Nutzer Martin von Bültzingslöwen fragt sich, ob zum Beispiel Götterbäume für die einheimischen Bäume eine Gefahr darstellen.

In ihrer Heimat Japan können die Götterbäume schon mal die 50 Meter Höhe reißen. Auch in Leipzig gibt es da und dort das eine oder andere Prachtexemplar, das da nicht weit hinterhersteht. Dabei fing der Götterbaum seine Karriere als Zierpflanze in deutschen Wohnzimmern an, ehe der Exot in den Trümmerlandschaften nach dem Zweiten Weltkrieg auf Brachflächen in unseren Städten allgegenwärtig wurde.

Ritzen zwischen Bordsteinkanten oder Fußwegplatten, mehr braucht er nicht, um in die Höhe zu schießen. Und so lange sei der Götterbaum aus Naturschutzsicht unproblematisch. Es ginge von ihm keine Gefahr für einheimische Baumarten aus – sagt Rolf A. Engelmann aus Leipzigs Botanischem Garten.

Allerdings, fügt der Fachmann in Sachen Pflanzenmigration sofort hinzu: "Wenn er dann gleichzeitig aber aus dem städtischen Umfeld in die Waldsysteme oder in Leipzig beispielsweise in den Auwald einwandern würde, dann wäre er für den Naturschutz schon eine Baumart, die problematisch ist, weil er dann natürlich unsere heimischen Baumarten verdrängt."

Dies zu kontrollieren und im Fall des Falles einzugreifen, Götterbaum und Co. eben etwa aus dem Auwald zu entfernen – das ist die Aufgabe von Umweltschutz- und Stadtgrünamt der Stadt. Für Interviews stand uns dort leider niemand zur Verfügung.

Gefahren für heimische Flora und Fauna durch invasive Arten

Dabei sei das ein Thema, sagt Andreas Geisler, der mit SPD-Parteibuch in Leipzigs Stadtrat sitzt. Sogenannte invasive Pflanzen- und Tierarten würden im Zug der immer spürbareren klimatischen Änderungen zusehends zu einem Problem. Geisler drängt die Zuständigen der Stadt zum Handeln: "Ich glaube, wir verschließen die Augen vor einem Problem, das uns alle betreffen wird und wir müssen heute die Voraussetzungen schaffen. Wir müssen reagieren. Wir müssen heute die Leute aufklären und überlegen, was wir hinnehmen und überlegen, was wir bekämpfen müssen und überlegen, was sogar im Zuge des Klimawandels nutzen könnte."

Chinesischer Götterbaum: Baum mit längeren Blättern, wie bei einem Palmenwedel angeordnet und roten Blütenstämmen mit kleinen Blüten, im Hintergrund Wasser. 4 min
Bildrechte: imago/blickwinkel

Man werde im städtischen Raum gar nicht darum herumkommen, sich nach Baumarten umzusehen, die mit wärmerem und trockenerem Klima zurechtkommen, sagt Rolf A. Engelmann vom Botanischen Garten. Ihm zufolge empfehlen Botaniker dafür Arten, die nahe Verwandte der heimischen Flora sind.

Welche fremden Bäume können heimische Arten unterstützen? "Wenn man Ahorn nimmt, da hat man einheimische Arten. Fremdländisch Ahornarten passen da relativ gut in unsere heimische Flora hinein und können dann auch ähnliche Funktionen übernehmen. Oder ein anderes Beispiel: die Winterlinde. Eine einheimische Baumart und es gibt Lindenarten, die mit dem städtischen Klima viel besser zurechtkommen, aber ähnliche Blüten haben, ähnliche Blütenbesucher und ähnliche Funktionen übernehmen wie heimische Linden."

Rolf A. Engelmann, Botanischer Garten Leipzig

Fläche zum Anpflanzen in Städten dringend benötigt

Die Auswahl der richtigen Bäume – für die Ehrenamtlichen vom Verein Leipzig Pflanzt! ist das eine sehr praktische Frage. Vereinsvorsitzender Thomas Gärtner: "Ich glaube nicht, dass wir ausländische Bäume brauchen. Wir brauchen Flächen, wo wir Bäume pflanzen können und Sträucher. Am besten eignen sich da unsere eigenen Pflanzen, die sich auch anpassen."

Fast 20.000 Bäume haben Gärtner und seine Mitstreiter und Mitstreiterinnen in den letzten drei Jahren schon in den Leipziger Boden gebracht. 7.000 weitere sollen in der aktuellen Pflanzzeit über Herbst und Winter noch hinzukommen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 23. November 2022 | 06:25 Uhr

3 Kommentare

goffman am 23.11.2022

Kleine Korrektur: gerade weil wir uns eingebracht haben, haben wir viele der natürlichen Abläufe zerstört - man betrachte nur das dramatische Artensterben oder den Klimawandel, der um ein vielfaches schneller abläuft als jemals zuvor in den letzten 800.000 Jahren.

Sie haben absolut recht: wir hätten uns nicht einmischen sollen. Haben wir aber. Und ja, auch jetzt wäre es besser, wir würden die Natur und den CO2 Kreislauf wieder sich selbst überlassen. Nur: das können wir halt nicht, dafür gibt es global keine Mehrheit. Wir wollen weiter fossile Rohstoffe verpulvern, wir wollen weiter mehr Lebewesen töten als nachwachsen und wir wollen weiter, mit globalem Handel Arten zwangsmigrieren.

Fraeuleinwunder am 23.11.2022

Schon seit es Leben auf der Erde gibt, haben sich Lebewesen aller Arten in neue Lebensräume aufgemacht und sich dabei angepasst. Ohne diese permanente Migration würden wir noch als Amöben im Meer schwimmen.

Jetzt will der Mensch, insbesondere der Deutsche, diesen Wandel aufhalten. Und bestimmen, was hier hingehört und was nicht. Der Mensch macht sich die gesamte Erde untertan und kontrolliert sie zu seinem Nutzen.
Das ist reichlich anmaßend, abgesehen davon, dass es kaum erfolgreich sein dürfte.

C.T. am 23.11.2022

Das mit dem Schutz vor invasiven Arten hat in Deutschland schon beim Homo Sapiens nicht funktioniert warum sollte das bei Flora und Fauna besser werden?

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