Neuer Gesetzesentwurf Bundeswaldgesetz: "Wende in der Waldpolitik" oder "Weiter so"?
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22. August 2024, 08:20 Uhr
Der Harz musste in den letzten Jahren, gebeutelt von Naturkrisen, einiges an Blättern oder Nadeln lassen. Borkenkäfer, Dürre und Waldbrände prägten das Bild des Waldes in Mitteldeutschland. Ob das eine Folge unzeitgemäßer Waldbewirtschaftung ist oder äußerer Umstände, die wenig mit der Bewirtschaftung zu tun haben – darüber sind sich Experten uneinig. Das zeigt auch die Diskussion um den neuesten Vorschlag zum neuen Bundeswaldgesetz.
- Der ursprüngliche Gesetzesentwurf für das neue Bundeswaldgesetz wurde stark überarbeitet.
- Die Waldbesitzer freut das, Umweltschützer eher weniger.
- Nun geht der Gesetzesentwurf in die sogenannte Ressortabstimmung.
Strafen bei zu umfangreicher Abholzung in Waldgebieten und Einschränkungen der Beschädigung von Waldböden durch Waldfahrzeuge standen im ursprünglichen Entwurf für das neue Bundeswaldgesetz, wie es im November 2023 vorgestellt wurde. 1.500 Einwände dagegen von Forstwirtschaftsverbänden und Waldbesitzern später ist in der neuesten Version von den ursprünglichen Zielen zum Schutz der Wälder nicht mehr viel übrig.
Ganz im Sinne der Waldbesitzer
Das ist für Karsten Spinner vom Waldbesitzerverband Thüringen beruhigend. "Es hat sich schon um einiges entschärft, insofern hat das Veto der Verbände hier schon Wirkung gezeigt. Schon allein die Tatsache, dass es nicht mehr 80, sondern nur noch wie im alten Waldgesetz um die 40 Paragrafen sind, ist ja schon eine feine Sache und zeigt, dass nicht mehr ein neues Gesetz geschrieben werden soll, sondern, dass das bereits vorhandene punktuell geändert werden soll."
Für Julia Verlinden, stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, ist der neue Entwurf für das Bundeswaldgesetz, das ihr Fraktionskollege Cem Özdemir gerade vorgestellt hat, trotzdem der richtige Schritt. "Dieser Entwurf des Gesetzes ist das, was unter den gegebenen politischen Verhältnissen und Mehrheiten machbar ist. Es ist der wichtige Einstieg in eine Wende bei der Waldpolitik."
Nabu lobt Ziele, aber äußert Kritik
Die Ziele, die im aktuellen Entwurf des Bundeswaldgesetzes beschrieben sind, klingen gut, findet Sven Selbert vom Nabu Deutschland. Dass fast alle konkreten Einschränkungen der Waldnutzung wieder aus dem ursprünglichen Gesetzesvorschlag ausgesiebt wurden und Kahlschlag in Wäldern nur noch eine Ordnungswidrigkeit ist, enttäuscht ihn aber.
Wälder, die auch im Klimawandel noch stabil sind, würden der Gesellschaft viel Schutz, Leistung und Holz bieten – das werde im Gesetzesentwurf auch sehr gut beschrieben, sagt er. "Was eben fehlt, sind die Instrumente, die eine Umsetzung auch glaubwürdig machen. Da hoffe ich schon darauf, dass an der ein oder anderen Stelle in dem laufenden Verfahren noch der ein oder andere Nagel eingerammt wird."
Entwurf zu Waldgesetz geht in die Ressortabstimmung
Jetzt wird der Gesetzesentwurf in der sogenannten Ressortabstimmung genauer unter die Lupe genommen. Justiz-, Innen- und Finanzministerium werden sich dazu positionieren. Selbert vom Nabu erscheint der neueste Vorschlag zum Bundeswaldgesetzes von Landwirtschaftsminister Özdemir wie ein "Weiter so".
Er kritisiert, dass Waldbesitzer staatliche Förderung erwarten, um ihre krisengeschüttelten Wälder unterstützen zu können, andererseits aber nicht offen seien für neue Wege in der Waldbewirtschaftung. "Natürlich spielt die Nutzung – das ist der größte Eingriff in den Naturhaushalt in die Ökosysteme der Wälder – die maßgebliche und überragende Rolle. Das heißt, man kann das nicht einfach wegdiskutieren und sagen: Ach hoppla, jetzt ist hier irgendwie ein neuer Käfer gekommen und es wurde plötzlich so warm und deswegen brauchen wir einfach mehr Geld."
Stattdessen müsse sich auch die Art und Weise, wie der Wald behandelt wird, ändern und das müsse ein Bundeswaldgesetz regeln. Sven Selbert vom Nabu hofft deshalb darauf, dass im endgültigen Bundeswaldgesetz eine konkrete Definition einer nachhaltigen Waldwirtschaft ergänzt wird.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 22. August 2024 | 06:08 Uhr
Galgenvogel vor 6 Wochen
Alle wollen einen neuen Waldbau, finanzieren will es keiner. Bestens Beispiel: der Bundesfinanzminister hat die Mittel für den Waldumbau UM 75% reduziert.
Die Forstverwaltungen wurden 25 Jahre kaputt gespart, es ist überhaupt kein Geld oder Personal da um die Ansprüche zu befriedigen. Da werden auch Gesetze nichts ändern.
kleinerfrontkaempfer vor 6 Wochen
Prof. Dr. Andreas Bolte, Wissenschaftler am Thünen-Institut für Waldökosysteme und Experte für die Anpassung von Wäldern und ihrer Bewirtschaftung auf die Frage
=> Warum kann nicht von „Waldsterben“ die Rede sein?
Wälder sind komplexe Ökosysteme mit einer Vielzahl von Organismen, sodass der Begriffe wie Sterben oder auch Gesundheit fehl am Platz sind, weil nur einzelne Individuen sterben können bzw. gesund oder krank sind. Ökosysteme sterben daher nicht – sie verändern sich in ihrem Aufbau und ihrer Artenzusammensetzung. Möglich wäre jedoch, dass sich Waldökosysteme in Steppen-Ökosysteme umwandeln, die dann keinen Waldanteil mehr haben und keine spezifischen Waldökosystemleistungen mehr liefern.
Interview auf agragheute.com
Sventblau vor 6 Wochen
Lobbyarbeit im besten Sinne, der Klimawandel ist ja so fern 😕
Politiker sollten verpflichtet werden,alle Lobbygruppen gemeinsam an einen Tisch zu bringen und dann eine Lösung zu finden, womit jeder leben kann.