Ein Mitarbeiter verteilt Jogurt an zwei Kinder in einer Ausgabestelle der Tafeln.
Untersuchungen zufolge ist lebt jedes fünfte Kind in Deutschland in Armut. Bildrechte: dpa

Umsetzung dauert Familien bekommen Kindergrundsicherung frühestens ab 2025

27. September 2023, 15:12 Uhr

Die Kindergrundsicherung ist nach langem Streit in der Bundesregierung auf dem Weg. Bis zur Einführung müssen aber noch Fragen geklärt werden. Vor allem der Umbau der Verwaltung könnte dauern und Auszahlungen verzögern.

Die Bundesregierung hat die Kindergrundsicherung am Mittwoch im Kabinett beschlossen. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) spricht von einem "Systemwechsel". Tatsächlich sind die geplanten Änderungen groß – für Familien genauso wie für die Verwaltung. Viele Details sind noch ungeklärt. Wer auf welchem Weg wie viele Leistungen bekommt, steht nur in Grundzügen fest.

Antrag auf Kindergrundsicherung digital

Nach Angaben des Familienministeriums soll die Kindergrundsicherung "einfach und digital zu beantragen" sein. Das entsprechende Antragsportal dazu muss erst noch einrichtet werden. Eine Antragstellung bei Ämtern vor Ort soll weiter möglich sein.

Verwaltung macht "Kindergrundsicherungscheck"

Wichtigste Anlaufstelle für die Sozialleistung wird den Plänen zufolge ein sogenannter Familienservice. Er soll bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) angesiedelt werden. Die Familienkassen der BA werden demnach entsprechend ausgebaut. Nach Angaben des Ministeriums prüft der Familienservice ohne Antrag und Aufforderung selbstständig, ob eine Familie Anspruch auf Leistungen über das bisherige Kindergeld hinaus haben könnte.

Bis zu 636 Euro für armutsgefährdete Kinder

Nach ersten Berechnungen der Regierung können armutsgefährdete Kinder Leistungen von 530 Euro für die Jüngeren und bis zu 636 Euro für die Ältesten erhalten. Zur Kindergrundsicherung gehört zum einen das Kindergeld in Höhe von 250 Euro, das dann "Kindergarantiebetrag" heißen wird. Hinzu kommen, abhängig von der Bedürftigkeit, Zusatzbeiträge. Dazu zählen die bisherigen Leistungen aus Bürgergeld und Sozialhilfe, der Kinderzuschlag sowie Teile des Bildungs- und Teilhabepaketes.

Berufstätige Alleinerziehende sollen durch eine geringere Anrechnung von Unterhaltszahlungen auf das Einkommen bessergestellt werden als bisher.

Zahlungen ab 2025

Das Familienministerium strebt die Auszahlung der Kindergrundsicherung zum 1. Januar 2025 an. An diesem Termin gibt es aber Zweifel. So geht die zuständige BA etwa nur von einem Start im laufenden Jahr 2025 aus.

Olaf Scholz, Lisa Paus und Vanessa Ahuja
Familienministerin Lisa Paus, Kanzler Olaf Scholz und BA-Vorständin Vanessa Ahuja besuchten im Juni eine Familienkasse in Potsdam. Bildrechte: dpa

Die für Familiensachen zuständige BA-Vorständin Vanessa Ahuja sagte am Mittwoch: "Bleibt es bei der geplanten Verabschiedung zu Beginn des kommenden Jahres, können wir im Verlauf des Jahres 2025 mit der stufenweisen Einführung beginnen." Die Zeit sei nötig, um etwa die dafür notwendigen, komplexen IT-Lösungen zu programmieren. Geschätzt müssen etwa 2.000 Stellen bei der BA neu geschaffen und besetzt werden.

Insgesamt sei die Kindergrundsicherung für die zuständigen Stellen eine "Vereinfachung", sagt hingegen Ministerin Paus. "Das ist kein Bürokratiemonster, sondern wir schaffen eine Stelle, die für alle Familien zuständig ist, an die sich alle wenden können." Momentan ist unklar, wie genau die Aufgabenverteilung aussehen wird, etwa auch mit den für das Bürgergeld zuständigen Jobcentern.

1,9 Millionen Kinder sollen aus Armut geholt werden

Zurzeit leben laut Untersuchungen etwa 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland von staatlichen Leistungen zur Existenzsicherung, davon 1,6 Millionen trotz Erwerbstätigkeit der Eltern. Laut Ministerium können mit der Kindergrundsicherung rund 1,9 Millionen Kinder aus der Armut geholt werden.

Nach Angaben von Ministerin Paus sollen rund 5,6 Millionen Kinder von der Kindergrundsicherung profitieren, davon 1,9 Millionen, die heute mit ihren Eltern Bürgergeld beziehen. Für das Einführungsjahr 2025 stehen 2,4 Milliarden Euro zur Verfügung, davon 500 Millionen für den Umbau der Verwaltung. Der Betrag soll dem Gesetzentwurf zufolge bis zum Jahr 2028 steigen auf jährliche Ausgaben von rund 5,2 Milliarden Euro für den Bund und etwa eine Milliarde Euro für Länder und Gemeinden.

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dpa/KNA/MDR (ala)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 27. September 2023 | 19:30 Uhr

2 Kommentare

Lila123 vor 9 Wochen

Ja, das sehe ich auch so.
Es gibt doch auch jetzt schon Kinder, die mit Handy, aber ohne Schulbrot in die Schule kommen.
Sinnvoller wäre es gleiche Voraussetzungen für alle zu schaffen - vom Kindergarten über die Grundschulen bis hin zur Ausbildung /Studium.
Vielleicht könnte man auch für alle Kinder an den Schulen und Kindergärten ein kostenloses, gesundes Frühstück anbieten, kostenlose Nachhilfeangebote und ähnliches schaffen usw.

123alledabei vor 9 Wochen

Ich sehe gar keinen Sinn in dieser „Kindergrundsicherung“. Wer garantiert, dass auch wirklich die Kinder davon profitieren, wenn das Geld auf dem Konto der Eltern landet? Warum bietet man nicht stattdessen jegliche Kinderbetreuung , Schulbildung, Studium kostenfrei an und alle Kinder in D haben damit die selben Chancen für Bildung? Ich bezweifle das diese Geldzuwendungen an die Eltern den Kindern aus bildungsfernen Familien die Chancen für eine gute Betreuung/Schulbildung erhöht.

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