Themenfoto zur Kindergrundsicherung.
Die Familienkassen sollen künftig für die Kindergrundsicherung verantwortlich sein. Bildrechte: IMAGO / epd

Kindergrundsicherung Jobcenter befürchten Überforderung der Familienkassen

13. September 2023, 08:07 Uhr

Mit der Kindergrundsicherung will der Staat Familien finanziell unterstützen. Die Ampel-Koalition will diese zeitnah im Kabinett beschließen. Dann sollen Familienkassen dafür zuständig sein. Doch Jobcenter und die Bundesagentur für Arbeit bezweifeln, dass sie diesen Mehraufwand in so kurzer Zeit stemmen können.

Essen, Wohnen, Schulbus, Nachhilfe, Kita-Ausflüge: Auch für Eltern, die Bürgergeld beziehen, fallen viele Kosten an. Wie viel Geld diese Familien vom Staat bekommen, regeln bisher die Jobcenter, für die zu großen Teilen die Landkreise zuständig sind. Sabine Fiebig vom Landkreistag Sachsen-Anhalt erklärt: "Bisher haben wir als Jobcenter immer die Bedarfsgemeinschaft Vater, Mutter, Kinder ganzheitlich betrachtet und mit Eltern und Kindern gemeinsam Ziele und Probleme besprochen."

Die Landkreise hätten starke Bedenken, dass es mit der neu geplanten Kindergrundsicherung mindestens für Bürgergeld-Familien komplizierter werde, meint Fiebig. Denn die Unterstützung für die Kinder soll künftig – unter neuem Namen – die Familienkasse verwalten, die aktuell schon das Kindergeld auszahlt.

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Fünf Geldleistungen sollen zu einer zusammengefasst werden: "Mit der neuen Aufgabenübertragung auf die Familienkasse bei der Bundesagentur für Arbeit, die sich nur mit den Kindern beschäftigt, nur mit deren Grundsicherung, befürchten wir, dass zusätzliche Schnittstellen entstehen, dass Informationsverluste drohen und dass es längere und kompliziertere Verfahren für den Bürger und die Kinder gibt", sagt Fiebig.

Umsetzung durch Familienkasse unsicher

Laut Bundesagentur gibt es aktuell etwas mehr als 100 Standorte der Familienkasse, deutlich weniger als Jobcenter. Der oberste Jobcenter-Personalrat Moritz Duncker bezweifelt, dass die Familienkasse die Kindergrundsicherung umsetzen kann. Sie habe weder das Personal noch die Infrastruktur, wiederholt er seine Einschätzung aus der Süddeutschen Zeitung.

Ähnliche Befürchtungen hat auch der Paritätische Thüringen. Steffen Richter, Vize-Geschäftsführer des Wohlfahrtsverbands, teilt schriftlich mit: "Dass die Familienkassen genügend Ressourcen zur Umsetzung haben, darf aus unserer Sicht bezweifelt werden. Deswegen muss der Bund hier dringend entsprechende Mittel zur Verfügung stellen. Hier besteht die Gefahr, dass ein Großteil der Mittel für die Kindergrundsicherung für die Bürokratie verwendet wird und nicht bei den Familien landet."

Die zuständige Bundesagentur für Arbeit hingegen will die Pläne umsetzen, hat allerdings zeitliche Bedenken. Ein Sprecher aus Nürnberg bestätigt MDR AKTUELL, man brauche belastbare Pläne und dann ein Jahr Vorlauf, um die Strukturen auszubauen. Da es diese belastbaren Pläne noch nicht gebe, sei der 1. Januar 2025 als Starttermin für die Kindergrundsicherung unrealistisch.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 13. September 2023 | 06:05 Uhr

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