Grafik: Rente mit 63
Immer weniger Arbeitnehmer, immer mehr Rentner und Rentnerinnen – Tendenz steigend. Daher gibt es immer wieder Diskussionen um eine Verschiebung des Renteneintritsalters. Bildrechte: imago/Christian Ohde

Abschaffung Rente mit 63 Spahn mit Forderung nicht auf der Höhe der Zeit

30. Mai 2023, 12:12 Uhr

Die Forderung von Unionsfraktionsvize Jens Spahn zur Abschaffung der Rente mit 63 wurde am Wochenende von nahezu allen deutschen Medien zitiert. Allerdings ist der Politiker nicht auf der Höhe der Zeit. Rentenberater weisen darauf hin, dass es die abschlagsfreie Rente schon seit sieben Jahren nicht mehr gibt. 

MDR-Wirtschaftsredakteur Frank Frenzel
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Rentenberater: Rente mit 63 seit sieben Jahren Geschichte

Der ehemalige Bundesgesundheitsminister und Unionsfraktionsvize Jens Spahn will die Rente mit 63 sofort abschaffen. Sie koste Wohlstand und belaste künftige Generationen, sagte Spahn der "Bild am Sonntag".

Sie sollte sofort abgeschafft und durch eine bessere Erwerbsminderungsrente ersetzt werden. Die Fachkräfte, die früher in Rente gegangen seien, fehlten nun "bitterlich".

Rentenberater Christian Lindner aus Langebrück bei Dresden weist darauf hin, dass es die abschlagfreie Rente mit 63 schon seit sieben Jahren nicht mehr gibt: "Herr Spahn möchte also etwas abschaffen, das überhaupt nicht mehr existiert."

Blick auf die rentenrechtlichen Fakten

Es ist zwischen der Altersrente für langjährige Versicherte und der Altersrente für besonders langjährig Versicherte zu unterscheiden.

Letztere setzt mindestens 45 Beitragsjahre voraus und konnte mit 63 Jahren tatsächlich abschlagsfrei in Anspruch genommen werden, allerdings nur von Versicherten, die vor 1953 geboren sind. Letztmals war das also im Januar 2016 möglich. Für jüngere Versicherte wird diese Altersgrenze stufenweise angehoben.

Rentenberater Christian Lindner
Wer Rente bekommt, kann weiter arbeiten und geht dem Arbeitsmarkt dann nicht verloren, betont Rentenberater Christian Lindner. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Altersgrenze wird schrittweise angehoben

Für den derzeit das 63. Lebensjahr vollendenden Geburtsjahrgang 1960 liegt die Altersgrenze schon bei 64 Jahren und 4 Monaten. Ab 1964 und später geborene Versicherte können dann frühestens mit 65 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen. Ein Renteneintritt mit 63 in die Altersrente für langjährig Versicherte ist nach 35 Versicherungsjahren zwar möglich, aber stets mit Abschlägen verbunden. Aktuell liegen diese bei 12 %.

Stichwort "Rente mit 63" Die "Rente mit 63" wurde 2014 eingeführt und bedeutete die Möglichkeit, mit 45 Beitragsjahren abschlagsfrei in Rente zu gehen.

Früherer Eintritt und Abschläge

Tatsächlich scheiden viele Arbeitnehmer bereits mit 63 oder 64 Jahren aus dem Arbeitsmarkt aus, also deutlich vor der Regelaltersgrenze. Dies geht aber oft mit Rentenabschlägen einher. Für viele Unternehmen ist das vorzeitige Ausscheiden aus dem Arbeitsleben oft ein großer Verlust, der angesichts des Fachkräftemangels nur schwer kompensiert werden kann.

Jetzt ohne Hinzuverdienstgrenze: Arbeiten und Rente bekommen

Rentenberater Lindner weist darauf hin, dass ein vorzeitiger Rentenbeginn nicht automatisch Ruhestand bedeuten muss: "Im Übrigen scheint Herrn Spahn entgangen zu sein, dass der Eintritt in eine vorzeitige Altersrente heute eben nicht mehr mit dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben (und damit mit der Verschärfung des Fachkräftemangels) verbunden ist. Seit diesem Jahr gibt es für Altersrentner keine Hinzuverdienstgrenze mehr. Trotz Rentenbezug kann also die bisherige Erwerbstätigkeit uneingeschränkt weiter ausgeübt werden." Genau das hatten die Parteien der Ampelkoalition im Koalitionsvertrag vereinbart. In ihren rentenrechtlichen Plänen favorisieren sie einen flexiblen Einstieg von Arbeitnehmern in die Rente.

Herr Spahn möchte also etwas abschaffen, das überhaupt nicht mehr existiert.

Christian Lindner, Rentenberater

MDR (cbr)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL | 28. Mai 2023 | 20:10 Uhr

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