Eine Reihe von Tomahawk-Marschflugkörpern, die das Ende der Produktionslinie bei der Convair Division von General Dynamics erreicht haben.
Tomahawk-Marschflugkörper Bildrechte: IMAGO/Pond5 Images

NATO Ehemaliger NATO-General: Stationierung von US-Raketen für Deutschland nicht kostenlos

20. August 2024, 10:21 Uhr

Die Bundesregierung und Washington haben vereinbart, ab 2026 US-Marschflugkörper wieder in Deutschland zu stationieren. Der frühere Nato-General Erhard Bühler rechnet damit, dass die Stationierung von US-Raketen für Deutschland nicht kostenlos sein wird.

In der NATO gibt es den Grundsatz: "The costs lie where they fall", erklärt der ehemalige NATO-General Erhard Bühler. Übersetzt heißt das: Die Kosten müssen dort getragen werden, wo sie entstehen. Grundsätzlich sei es in der NATO so, dass der Besitzerstaat einer Fähigkeit die Stationierung bezahle. "So wie wir auch die Aufstellung der Brigade der Bundeswehr für Litauen bezahlen, so wie auch die Amerikaner im Übrigen jahrzehntelang ihr Engagement für Europa und Deutschland bezahlt haben.", bemerkt Bühler.

Sofern der NATO-Grundsatz bei der ab 2026 geplanten Stationierung der US-Marschflugkörper in Deutschland angewendet wird, wären also die USA für die Finanzierung zuständig. Bühler schließt aber nicht aus, dass in diesem Fall vom Grundsatz abgewichen wird.

Ehemaliger NATO-General: Deutschland wird so oder so Kosten haben

So oder so: Ganz ohne finanzielle Beteiligung von Deutschland werde es wohl nicht gehen. "Was die Kosten für die Anpassung der deutschen Infrastruktur, die dann die Amerikaner nutzen, angeht, da könnten Kosten auf unseren Verteidigungshaushalt zukommen", vermutet Bühler.

Der verteidigungspolitische Sprecher der Union im Bundestag, Florian Hahn, findet es richtig, in der aktuellen Lage US-Mittelstreckenwaffen auf deutschem Boden zu stationieren. Ebenso sei es richtig, dass Deutschland an den Kosten beteiligt werde. "Denn schließlich dient ja die Stationierung auch unserer Sicherheit und soll vor allem abschrecken gegenüber Russland", argumentiert er.

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Bildrechte: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Yekaterina Shtukina

Problematisch findet Hahn allerdings, dass bisher weder der Bundestag noch die Bürger über mögliche Kosten informiert wurden. "Der Informationsfluss ist völlig unzureichend. Weder das Parlament noch die Öffentlichkeit werden in dieser wichtigen Frage hinreichend und vor allem auch zeitgerecht durch die Bundesregierung unterrichtet." Hahn ist der Meinung, man könne sich manche Kritik an dem Vorhaben ersparen, wenn besser über die Angelegenheit informiert würde.

Höhe der Kosten abhängig von Ort der Stationierung

Beim Auswärtigen Amt, das in dieser Angelegenheit zuständig ist, hält man sich bedeckt. Auf Anfrage von MDR AKTUELL heißt es lediglich, dass die Stationierung ein klares Signal transatlantischer Zusammenarbeit für die Sicherheit Europas sende. Zur Finanzierung äußerte sich die Behörde nicht. Das ist allerdings nicht ungewöhnlich. Denn wie Helge Adrians von der Stiftung für Wissenschaft und Politik in Berlin sagt, ist es momentan noch gar nicht absehbar, welche Kosten für die Stationierung auf Deutschland oder die USA zukommen werden.

Adrians sagt, das sei von vielen verschiedenen Faktoren abhängig. "Die Truppenteile müssen aufgestellt werden, dann muss ein Plan entwickelt werden, in welchen Rhythmen die nach Deutschland kommen sollen, in welche Kaserne sie einziehen sollen." Außerdem sei es normalerweise so, dass Flugkörper getrennt von den Startfahrzeugen lagerten. Daher müsse ein Depot identifiziert werden, wo dies unter den sicherheits- und infrastrukturellen Gegebenheiten möglich sei, erklärt Adrians.

Daraus Zahlen abzuleiten, sei momentan noch zu kompliziert. Außerdem gebe es noch diverse Unklarheiten – insbesondere in Bezug auf die Hyperschallwaffe, die in Deutschland stationiert werden soll. Denn die sei aktuell noch in der Entwicklung.

Der frühere NATO-General und Generalleutnant a.D. Erhard Bühler 71 min
Bildrechte: MDR / Erhard Bühler

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 20. August 2024 | 06:10 Uhr

26 Kommentare

dimehl vor 7 Wochen

@Peter:
Am Ende wird wohl leider Folgendes relevant für Entscheidungen sein:
Lassen sich die Folgen eines Atomwaffeneinsatzes in Europa beherrschen ? (Russland)
Lassen sich die Folgen eines Atomwaffeneinsatzes in Europa auf Europa begrenzen ? (USA)
Ob man das Ergebnis eines Schweizer Volksentscheides da wohl berücksichtigen wird ? Wenig Hoffnung ...
Was Hoffnung macht: nach einem Atomwaffeneinsatz in Europa ließe sich diesmal nichts am Wiederaufbau verdienen (USA) ...

part vor 7 Wochen

George Friedman, STRATFOR, The Chicago Council, 04.02.2015, hier wurde alles bereits deutlich der Öffentlichkeit mitgeteilt, was die USA und ihre Verbündeten in Europa betrifft und dies von einem US-Geostrategen und Sicherheitsexperten. In so wichtigen Fragen sollte einfach das Volk per Volksabstimmung befragt werden, in der Schweiz wäre dies nicht so einfach möglich gewesen.

Georg11 vor 7 Wochen

Henryk Gondorff hat im Overton-Magazin am 19.08.2024 einen schönen Artikel zur aktuellen Sicherheitspolitik geschrieben und einen Vergleich zur Netflix-Serie Breaking Bad gezogen. In der Serie wird ein an Krebs erkrankter Chemielehrer zum Drogendealer (unter Nutzung seiner Chemiekenntnisse), um seine Behandlung zu bezahlen. Der Film ist u.a. eine Eskalationsdynamik, weil mit der Drogendealerei natürlich auch weitere Verbrechen folgen und diese zur Normailtät werden. Diese Eskalationsdynamik erleben wir aktuell auch im Ukraine-Krieg und seinen Begleiterscheinungen. Mehr als 1 Million Tote und Verletzte (auf beiden Seiten), wahrscheinlich eine sechsstellige Zahl an Amputierten, unglaubliche Umweltschäden ( Ukraine's vaunted 'bread basket' soil is now toxic in Responsible Statecraft (Der gepriesene "Brotkorb"-Boden der Ukraine ist jetzt giftig). Und kein Anzeichen für ein Ende oder diplomatische Bemühungen. Die einzige Lösung sind rieseige Summen für Aufrüstung, Wehrpflichtdiskussion

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