Ein Schwertransporter mit Teilen einer Windkraftanlage fährt am Morgen über die Autobahn A4 bei Dresden entlang.
Ein Schwertransporter mit Teilen einer Windkraftanlage – dieser Anblick wird wohl in naher Zukunft nicht durch den Lufttransport ersetzt werden. Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael

Logistik Hubschrauber und Zeppeline sind eher nicht für den Windradtransport geeignet

06. März 2024, 05:00 Uhr

Windradtransporte verursachen Transportprobleme und Staus auf Autobahnen und Landstraßen. MDR AKTUELL-Hörer Kurt Hertwig aus Markersdorf bei Görlitz fragt sich daher, warum Lastenhubschrauber oder Luftschiffe nicht eingesetzt werden, um diese Transporte per Luft durchzuführen.

Die Idee mit dem Hubschrauber, die hatte tatsächlich schon mal wer: unter anderem auch Enercon, Deutschlands größter Windkraftanlagenbauer. Ende Oktober 2003 wurde so ein Rotorblatt auf den Rosskopf, einen Berggipfel im Schwarzwald, geflogen, welches zuvor per Tieflader über die Autobahn zum Hubschrauberlandeplatz antransportiert worden war.

Denn allein schon wirtschaftlich machen Einsätze von Lastenhubschraubern nur Sinn auf kürzeren Strecken, in unserem Fall wären das die letzten Kilometer bis zum Standort der Anlage.

Hubschrauber sind zu klein für den Transport moderner Windkraftanlagen

20 Jahre ist das her: Welten, wenn es um Windkraftanlagen geht. Rotorblätter oder Turbinen erreichen Größen und Gewichte, die selbst Giganten unter den Lasthubschraubern, amerikanische Sikorskis oder russische Mils, längst hoffnungslos überfordern.

Also einfach größere Hubschrauber konstruieren? Da komme man in physikalische Grenzbereiche, sagt Hartmut Fricke, Direktor des Instituts für Luftfahrt und Logistik an der TU Dresden und Professor für Hubschraubertechnologie, Stichwort: Überschall. "Wenn wir große Propeller bauen, haben wir an den Blattkanten sehr hohe Tangentialgeschwindigkeiten; das würde dazu führen, dass wir in den Überschallbereich eintreten und damit enorme Herausforderungen hätten, ein solch großes rotierendes Blatt mit der Geschwindigkeit stabil und sicher hinzubekommen."

Die Lösung: Hubschrauber-Rotorblätter so konstruieren, dass sie den nötigen Auftrieb auch dann erzeugen, wenn sie sich langsamer drehen, leichter gesagt als technologisch umgesetzt.

Und dann, so der Luftfahrtingenieur, bliebe immer noch das Riesengewicht solcher Super-Hubschrauber mit dem Ergebnis, "dass das Verhältnis von Gesamtgewicht des Fluggerätes gegenüber der Transportleistung immer schlechter wird."

Und das alles, um vielleicht eines fernen Tages mit Hubschraubern Lasten in Größenordnungen zu transportieren, die Luftschiffe schon in den 50er Jahren spielend bewältigten.

Zeppeline sind mit dem deutschen Flugverkehr schwer vereinbar

Geschwader von Zeppelins, die quer über Deutschland Windkraftanlagen und ähnliche Schwerlasten transportieren? Das sei eine charmante Vorstellung, räumt Ute Otterbein gern ein. Die Sprecherin der Deutschen Flugsicherung fügt aber umgehend hinzu: "Wir haben hier in Deutschland einen wahnsinnig dicht beflogenen Luftraum. Der deutsche Luftraum macht drei Prozent des europäischen Luftraums aus, aber jedes dritte Flugzeug in Europa fliegt über uns hinweg."

Sie erklärt: "Und wenn Sie überlegen, mit welcher Geschwindigkeit Jets unterwegs sind, da ein Luftschiff zu integrieren, wäre bestimmt eine enorme Herausforderung."

Zumal die Luftschiffe in aller Regel für die Fluglotsen auf den Kontrolltürmen der insgesamt 16 deutschen Verkehrsflughäfen im Dunkeln, unsichtbar bleiben, also unterm Radar fliegen: "Wenn ein Fluglotse einem Piloten eine Anweisung erteilt, dann muss er ihn erst einmal auf seinem Radarschirm sehen."

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Das motorisierte Luftschiff "Parseval III", aufgenommen um 1910. Bildrechte: picture-alliance / dpa | dpa
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In Bitterfeld wurden zeitgleich zum berühmten Zeppelin besondere Luftschiffe produziert: Das Modell Parseval PL3. Der Erstflug dieses Gefährts hatte es in sich.

MDR SACHSEN-ANHALT So 18.02.2024 08:15Uhr 05:03 min

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Außerdem müsse sich das Luftschiff dafür auf einer Mindesthöhe von um die 750 Meter befinden, auf der es aber in aller Regel nicht unterwegs sei, ebenso wenig wie Drohnen oder die Flugtaxis, von denen ja gerade viel die Rede sei.

Im Unterschied zu Drohnen und Flugtaxis sind Schwerlast-Luftschiffe wohl aber doch eher noch eine Sache der ferneren Zukunft, so Professor Fricke vom Luftfahrtinstitut der TU Dresden, ein bekennender Zeppelin-Fan. Da gäbe es noch ein sehr, sehr weites Forschungsfeld. Doch ausgeträumt, das sei der Luftschifftraum nicht.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 06. März 2024 | 06:47 Uhr

5 Kommentare

Lars M vor 7 Wochen

Hybris Air Vehicles bauen bereits Airlander Luftschiffe zusammen mit BAE Systems und US Department of Defense. Die ersten werden in vier Jahre an Air Nostum in Spanien geliefert

Harka2 vor 7 Wochen

Das Projekt kam nie über seine Anfänge hinaus. Die projektierten Daten sind bisher nie auch nur ansatzweise erreicht worden. Es gibt bis heute nicht mal eine durchgerechnete Projektzeichnung dazu. Eine Nutzlast jenseits des Faktor 10 gegenüber den einzigen realisierten Luftschiffen mit Nutzlasten um die 10 t gilt noch immer als reine Utopie.

Erna vor 7 Wochen

Was viele (außer die betroffenen Anleger) vielleicht schon vergessen haben, das sind ja alles Sachen was der Cargolifter - wenn umgesetzt - hätte erfüllen können. 160t Nutzlast bis 125km/h schnell und bis 2000m Höhe. Doch bekanntlich ging das Geld aus und weder Staat noch Investoren sahen darin einen Sinn es weiter zu finanzieren. Im Nachhinein wieder etwas was man sinnvollerweise doch hätte fördern sollen. Gerade vor dem Hintergrund für wieviele Sachen deutlich mehr Geld zum Fenster rausgeworfen wird.

So ist dann für alle zumindest Tropical Islands übrig geblieben.

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