Gang in einem Atombunker
Atombunker in Prag Bildrechte: MDR/Danko Handrick

Tschechien Prag: Hausmeister im Atombunker

14. Februar 2020, 05:00 Uhr

Zwischen 1955 und 1960 wurden in Prag Atombunker errichtet, in denen bei einem Atomschlag 5.000 Menschen Schutz gefunden hätten. Die Stadtverwaltung will die alten Anlagen aus den Zeiten des Kalten Krieges auch weiterhin in Betrieb halten. Die Atombunker sollen auch künftig binnen weniger Stunden einsatzbereit sein.

Miroslav Nedved hat einen zwar einsamen, dafür aber ziemlich krisenfesten Job: Seit fast fünfzig Jahren arbeitet er als Hausmeister in einem der größten Atombunker Prags. Wenn Nedved früh zur Arbeit geht, führt ihn sein Weg stets durch den hügeligen Parukarska-Park inmitten der tschechischen Hauptstadt. Und genau unter diesem Park verbirgt sich die einstmals höchst geheime militärische Anlage.

Bizarres unterirdisches Reich

Es ist ein bizarres Reich, gut zwanzig Meter unterhalb des Parukarska-Parks. Die Gänge sind mehr als zweieinhalb Kilometer lang, schmal und weißgetüncht. An Wänden und Decken winden sich Rohre und Kabel entlang. Das Licht ist trüb. Graue Stahltüren führen in leere Zimmer, in Waschsäle und Toilettenanlagen, die noch nie jemand benutzt hat. In einem riesigen Raum stehen zwei sechzig Jahre alte Schiffsdiesel, die für die Belüftung des unterirdischen Reiches sorgen. Die Motoren dröhnen. Es riecht nach Öl. Jeden Tag muss sich Nedved um die beiden betagten Ungetüme kümmern: "Ich muss immer wieder die Motoren durchdrehen, damit die Kolben sich nicht festfressen." Ansonsten wechselt er defekte Glühbirnen aus, prüft Leitungen und Steckdosen und hält alles sauber. Denn der Atombunker soll auch dreißig Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges jederzeit einsatzbereit sein. Genau das ist die Aufgabe des Hausmeisters. Und tatsächlich könnte die Anlage binnen weniger Stunden in Betrieb genommen werden. Nedved weist auf eine Stahltür, die in einen langen Gang führt: "Im Ernstfall wird nur das Dichtungsgummi in die Tür gespannt und dann mache ich die Tür zu."

Langer Gang in einem Bunker 2 min
Bildrechte: MDR/Danko Handrick
2 min

Die alten Atombunker in Prag sollen auch weiterhin in Betrieb bleiben. Sie wurden zwischen 1955 und 1960 errichtet. Innerhalb weniger Stunden sind sie wieder einsatzbereit.

Do 13.02.2020 17:15Uhr 01:54 min

https://www.mdr.de/nachrichten/welt/osteuropa/politik/video-382306.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video

Atombunker bleiben einsatzbereit

Die alten Atombunker in Prag braucht heute eigentlich niemand mehr, obwohl die Anzahl der Atomwaffen in den Arsenalen der Supermächte keineswegs geringer geworden ist. Eher im Gegenteil. Angst vor einem Atomkrieg hat im Augenblick aber kaum noch jemand. Auch in Prag nicht. Doch so einfach aufgeben möchte man die Bunker in der tschechischen Metropole keineswegs. "Wenn wir den Bunker mit Beton zugießen würden, was hätten wir davon?" fragt Pavel Kvasnovsky von den Prager Stadtwerken. Er sieht das durchaus pragmatisch: "Dann wären die Investitionen von damals ja völlig umsonst gewesen. Deswegen halten wir hier alles betriebsbereit." Und außerdem: Man kann ja nie wissen...

Traumjob unter Tage

Und so wird Hausmeister Miroslav Nedved auch weiterhin jeden Morgen in seinen Atombunker im Zentrum Prags hinabsteigen und die alte Technik zuverlässig am Laufen halten, damit im Ernstfall alles funktioniert. Er ist zufrieden mit seiner Arbeit. "Eigentlich habe ich einen Traumjob", sagt er. Und fügt nachdenklich hinzu: "Solange ich hier unten ganz allein bin, ist auf der Welt da oben doch zum Glück noch alles in Ordnung."

Ein Mann in einem Raum in einem Bunker
Hausmeister Miroslav Nedved in seiner Werkstatt im Prager Atombunker Bildrechte: MDR/Danko Handrick

Über dieses Thema berichtet der MDR im TV in "Aktuell" 14.02.2020 | 17:45 Uhr

Ein Angebot von

Mehr aus Land und Leute

Mehr aus Osteuropa

Nachrichten

Handyaufnahme des Absturzes 1 min
Den Behörden zufolge sei der 240 Meter hohe Fernsehturm Ziel eines russischen Luftangriffes gewesen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
1 min 22.04.2024 | 20:32 Uhr

Der Fernsehturm von Charkiw im Nordosten der Ukraine ist in zwei gebrochen und zu Boden gefallen. Den Behörden zufolge sei der 240 Meter hohe Fernsehturm Ziel eines russischen Luftangriffes gewesen.

Mo 22.04.2024 20:22Uhr 00:31 min

https://www.mdr.de/nachrichten/welt/osteuropa/video-ukraine-charkiw-fernsehturm-explosion-abgestuerzt-russland-krieg100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video