Interessenkonflikt Tschechiens Regierungschef Babiš weiter unter Druck

07. Juni 2019, 11:48 Uhr

Die EU-Kommission lässt nicht locker: Es ist nun schon der zweite Untersuchungsbericht der die tschechische Regierung belastet, EU-Subventionen in Millionenhöhe zu Unrecht erhalten zu haben. Die Tschechen fordern den Rücktritt ihres Ministerpräsidenten Andrej Babiš und planen die größten Demonstrationen in Tschechien seit 1989.

Er ist Politiker und Unternehmer in einem und dieser Interessenkonflikt in seiner Doppelrolle wird ihm möglicherweise nun doch zum Verhängnis. Am Donnerstagabend wurde ein zweiter Untersuchungsbericht der Europäischen Kommission veröffentlicht. Die Ergebnisse des Papiers sind gleich die zweite schlechte Meldung für den sonst so erfolgsverwöhnten tschechischen Unternehmer. Der Vorwurf: Auch das Landwirtschaftsministerium habe EU-Agrarsubventionen in Millionenhöhe zu Unrecht erhalten. Bereits am vergangen Wochenende kam der erste Brief aus Brüssel nach Prag mit einer klaren Botschaft. Regierungschef Andrej Babiš befinde sich in einem Interessenskonflikt, denn er sei immer noch der eigentliche Chef der Agrofert Holding, eines der größten Unternehmen im Land. Als Regierungschef habe er seine Macht genutzt, um seinen Firmen Fördergelder zukommen zu lassen.

Zahlungen an Agrofert Holding werden eingestellt

Landwirtschaftsminister Miroslav Toman kündigte an, die Auszahlung von Geldern aus dem staatlichen Interventionsfond an die Agrofert Holding vorläufig einzustellen. Die Ergebnisse aus dem Bericht aber wies er im gleichen Zug zurück. Mindestens 2,5 Millionen Euro seien laut Agentur CTK seit Februar 2017 bereits ausgezahlt worden. Die Opposition begrüßte die Entscheidung, die Zahlungen zu stoppen, die aber zu spät komme. "Oligarchen in der Regierung sind ein Problem, das uns schadet", sagte der Abgeordnete Marek Benda von den Bürgerdemokraten (ODS).

Reaktion von Andrej Babiš auf die Vorwürfe

Der tschechische Regierungschef hat nach den Korruptionsvorwürfen massive Kritik an der EU-Untersuchung geübt. Er bezeichnete die EU-Prüfer als "inkompetent" und ihr Verhalten als "skandalös". Er forderte ein Treffen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

Der Bericht ist äußerst fragwürdig. Ich betrachte ihn als Angriff auf die Tschechische Republik, als Angriff auf die tschechischen Interessen, als eine Destabilisierung des Landes.

Andrej Babiš

Politik oder Unternehmer? "Andrej Babiš muss sich entscheiden"

Andrej Babiš stecke in einer echten Klemme, meinen Vertreter von Transparency International. "Agrofert und Premierminister, das sind zwei Rollen die einfach nicht zusammenpassen. Andrej Babiš wird sich in Zukunft für eine entscheiden müssen", sagt Milan Eibl von Transparency International Tschechien.

Demonstrationen auch weiter geplant

Bereits am Dienstagabend waren einige zehntausend Tschechen in der Hauptstadt auf die Straße gegangen. Sie forderten den Rücktritt ihres Regierungschefs. Am 23. Juni wollen sie wieder protestieren. Da der Wenzelsplatz voraussichtlich nicht mehr ausreicht, wird dann auf dem Letna Hügel demonstriert. So wie 1989 erwarten die Veranstalter dort dann auch hunderttausende Demonstranten.

(DPA/AFP/dh/adg)

Dieses Thema im Programm MDR AKTUELL TV | 07. Juni 2019 | 17.45 Uhr

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