Fledermaus der Gattung Braunes Langohr schaut aus einem Loch in einer Wand herraus.
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Einheimische Arten Fledermäuse beenden zu früh den Winterschlaf

18. April 2024, 00:17 Uhr

In Sachsen-Anhalt sind 20 verschiedene Fledermausarten heimisch. Über den Winter, wenn es an Insekten mangelt, halten die nachtaktiven Tiere Winterschlaf. Statt im April haben in diesem Jahr einige Fledermäuse ihre Winterruhe viel zu früh bereits im März oder sogar Februar beendet. Sie müssen dadurch mit schlechten Nahrungsbedingungen klarkommen.

In Sachsen-Anhalt werden in diesem Jahr voraussichtlich viele Fledermäuse vorzeitig sterben. Davon geht der Fledermausexperte Bernd Ohlendorf aus. "Die ungewöhnlich warmen Temperaturen im Februar und März haben dafür gesorgt, dass viele Tiere ihre Winterquartiere zu früh verlassen haben." Sie hätten trotz der milden Temperaturen aber kaum Insekten als Nahrung gefunden. "Viele Fledermäuse schweben deshalb in Lebensgefahr", sagte Ohlendorf im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT.

Viele Tiere habe ihre Winterquartiere zu früh verlassen.

Bernd Ohlendorf Fachmann für Fledermäuse

Windräder sind Gefahr für Tiere

Als Vorsitzender des Arbeitskreises Fledermäuse Sachsen-Anhalt e.V. beschäftigt er sich seit Jahrzehnten mit den nachtaktiven Tieren. Aus seiner Sicht geht es den rund 20 bekannten Fledermausarten in Sachsen-Anhalt nicht gut. Sie würden unter den Klimaveränderungen und auch unter den vielen Windkraftanlagen leiden.

"In Deutschland verfügen über 80 Prozent der Windkraftanlagen über keine Abschaltzeiten", sagte Ohlendorf. "Das bedeutet, dass zwischen 500.000 und eine Million Fledermäuse jährlich getötet werden." Auch Vögel und enorm viele Insekten seien Opfer von Windkraftanlagen.

Wildgänse fliegen am Himmel über dem Oderbruch, während sich im Hintergrund ein Windrad dreht.
Laut Bernd Ohlendorf sterben viele Fledermäuse, Vögel und Insekten in Windkraftanlagen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Patrick Pleul

Mit Sorge blickt Ohlendorf auch auf die vielen Solaranlagen, die inzwischen auf vielen Äckern, Wiesen und Brachlandflächen aufgestellt werden. "Was hier gut für die Energieerzeugung sein mag, ist Gift für Fledermäuse und andere Tierarten." Viele hundert Hektar - zum Teil fruchtbare Böden - werden nach Ansicht Ohlendorfs täglich durch Solaranlagen zugestellt und so verschattet. Dadurch entstehe ein anderes Mikroklima, das vielen Lebewesen und Pflanzen schade.

Chemie auf Feldern nimmt Nahrungsgrundlage

Ohlendorf kritisiert auch die EU-Gesetzgebung. So sei es weiterhin erlaubt, Glyphosat und andere Chemikalien zu verspritzen. Dadurch werde die Artenvielfalt auf den Äckern vernichtet. Vor allem die Zahl der Insekten, die Nahrungsgrundlage für Fledermäuse und Vögel sind, sei dramatisch zurückgegangen.

Kleine Hufeisennase
Tierschützer fordern, bei der Sanierung von Gebäuden, die Lebensräume der Fledermäuse zu erhalten. Bildrechte: imago/blickwinkel

Der Vorsitzende des Arbeitskreises Fledermäuse Sachsen-Anhalt e.V. fordert mehr Schutzmaßnahmen für die nachtaktiven Tiere. So könnte beispielsweise bei der Sanierung von Wohngebäuden und Kirchen darauf geachtet werden, dass dabei die Lebensräume für Fledermäusen nicht weiter zerstört werden.

MDR (Stephan Schulz)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 16. April 2024 | 19:00 Uhr

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