Bitterfeld-Wolfen Solarbranche am Schwächeln: Hanwha Q Cells muss sparen
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28. November 2024, 05:00 Uhr
Die Solarbranche steht derzeit weltweit unter Druck: Die Marktpreise für Solarmodule sind auf dem Tiefstand. Das merken auch die Solarunternehmen hier in Deutschland. Der Hersteller Hanwha Q Cells will an den Standorten Berlin und Bitterfeld-Wolfen Sparmaßnahmen einleiten.
MDR AKTUELL: Mit großen Zielen ist es so eine Sache. Manchmal sind sie zu groß, um sie zu erreichen. So scheint es auch beim Ziel der EU zu sein, eine europäische Solarwirtschaft aufzubauen. Einst wünschte sich die EU-Kommission, dass 30 Prozent aller Solarkomponenten in Europa gefertigt werden. Doch momentan baut die Solarbranche mehr ab als auf. Erst machte Meyer Burger sein Werk im sächsischen Freiberg dicht. Nun die Nachricht, dass auch Hanwha Q Cells in Bitterfeld-Wolfen sparen muss. Was ist da los in Bitterfeld-Wolfen?
Ralf Geißler: Die gesamte Solarindustrie leidet ja schwer an einer Überproduktion in China. Das Land hat mit staatlicher Förderung riesige Solarfabriken aufgebaut und dort Unmengen an Solarmodulen produzieren lassen. Diese fluten weltweit die Märkte. Das trifft eben auch Hanwha Q Cells. Das Unternehmen hat uns geschrieben, man setze nun "ein umfangreiches Programm zur Effizienzsteigerung an den Standorten Berlin und Bitterfeld-Wolfen" um. Das bedeutet auch den Abbau von Arbeitsplätzen. Wie viele Arbeitsplätze in Bitterfeld-Wolfen verloren gehen, hat uns das Unternehmen nicht gesagt. Aus der Belegschaft wurde uns zugetragen, ein Drittel der Stellen solle wegfallen. Diese Zahl bestätigt die Firma allerdings nicht.
Wie wichtig ist der Standort Bitterfeld-Wolfen denn für das Unternehmen?
Bitterfeld-Wolfen ist ein Forschungsstandort von Hanwha Q Cells. Da gibt es noch einige Hundert Mitarbeiter. Es waren allerdings mal deutlich mehr. Vor 20 Jahren war Q Cells der hellste Stern der europäischen Solarbranche. Aus dieser Zeit stammt auch noch der Name des Industrieparks "Solar Valley". Aber dann kam es eben schon 2012 zum ersten Niedergang der Branche. Q Cells ist in die Insolvenz gegangen, und die südkoreanische Firma Hanwha hat die Reste übernommen und betreibt dort bis heute Forschung. Sie wollen das auch weiterhin tun. In der Mitteilung, die wir erhalten haben, steht auch drin, dass "Sachsen-Anhalt weiterhin einer der weltweit bedeutendsten Forschungs- und Entwicklungsstandorte für die Solarindustrie bleiben" soll.
Trotzdem geht es allen europäischen Solarherstellern schlecht. Wie ist denn der aktuelle Stand beim größten Spieler der Branche, Meyer Burger? Das Unternehmen hatte zuletzt auch zu kämpfen.
Da ist die Situation düster. Meyer Burger hat seine Solarfabrik im sächsischen Freiberg geschlossen. Am Entwicklungsstandort in Hohenstein-Ernstthal gab es zuletzt Kurzarbeit. Nun hat Meyer Burger noch eine Solarzellfabrik in Bitterfeld-Wolfen, gar nicht so weit weg von Hanwha Q Cells. Diese Fabrik sollte eigentlich Solarzellen für die USA liefern. Jetzt ist Meyer Burger in den USA vor zwei Wochen aber der größte Kunde abgesprungen. Und einige Analysten sind der Meinung: Das war der Todesstoß. Die Meyer-Burger-Aktie hat binnen eines Jahres 99 Prozent ihres Wertes verloren. Viel Zutrauen ist da nicht mehr.
Das klingt alles furchtbar düster. Gibt es denn irgendwie auch noch Hoffnung für das Unternehmen?
Nun, der größte Kunde in den USA ist weg. Jetzt wird man sicherlich verzweifelt nach einer Alternative suchen. Das Problem in diesen Tagen heißt wie so oft Donald Trump. Der gewählte US-Präsident hat damit gedroht, Einfuhrzölle auf alles Mögliche zu erheben. Wenn er jetzt auf die Idee kommt, Einfuhrzölle auf ausländische Solarzellen einzuführen, dann sehe ich tatsächlich auch für das Solarzellenwerk von Meyer Burger in Sachsen-Anhalt schwarz. Es sei denn, man findet noch eine politische Lösung. Das Werk in Bitterfeld-Wolfen ist das letzte große Solarzellenwerk in der Europäischen Union. Wenn das untergeht, kann die EU ihre Strategie zum Aufbau einer Industrie für erneuerbare Energien eigentlich gleich ganz beerdigen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 28. November 2024 | 06:18 Uhr