Ein Baustellenschild
Bei Bauleistungen greifen die Regeln bei Aufträgen ab 120.000 Euro. (Symbolbild) Bildrechte: MDR/Bernd-Volker Brahms

Tariftreue Landtag beschließt neues Vergabegesetz für öffentliche Aufträge

18. November 2022, 18:23 Uhr

In Sachsen-Anhalt sollen künftig nur noch Unternehmen öffentliche Aufträge bekommen dürfen, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Tarif bezahlen. Das hat der Landtag am Freitag beschlossen. Aufträge sollen dann auch schneller vergeben werden. Doch an dem Beschluss gibt es Kritik.

Der Landtag in Sachsen-Anhalt hat am Freitag ein neues Tariftreue- und Vergabegesetz beschlossen. Der SPD-Abgeordnete Holger Hövelmann sagte, öffentliche Aufträge gingen somit nur an Auftragnehmer, die ihre Beschäftigten nach Tarif bezahlten. Davon profitiere die Küchenkraft in der Schule, die Essen austeile, ebenso wie ein Sicherheitsmann, der Landesliegenschaften bewache.

Hövelmann nannte das Gesetz "eines der wichtigsten wirtschaftspolitischen Vorhaben der Koalition aus CDU, SPD und FDP". Es wurde mit den Stimmen der Koalition beschlossen. Die Oppositionsfraktionen stimmten dagegen.

Sachsen-Anhalt

Gewerkschafter protestieren vor dem landtag in Magdeburg, Sachsen-Anhalt, am Donnerstag, 18. Juli 2002. Die neue Regierung will das so genannte Vergabegesetz wieder abschaffen. Nach dem gesetz duerfen oeffentliche Auftraege nur an Unternehmen vergeben werden, die Tarifloehne zahlen.
Das neue Vergabegesetz in Sachsen-Anhalt freut Gewerkschaften, die dafür protestiert haben. Öffentliche Aufträge müssen dann nach Tariflohn bezahlt werden. Bildrechte: imago/Eckehard Schulz

Linke kritisiert: Schwelle für Regeln zu hoch

Die Regeln greifen bei Aufträgen ab einem Schwellenwert von 40.000 Euro bei Dienstleistungen sowie ab 120.000 Euro bei Bauleistungen.

Die Linke im Landtag kritisierte diese Schwellen als zu hoch. Der Fraktionsabgeordnete Wulf Gallert befürchtet etwa, dass viele Aufträge die Grenzen künftig unterschreiten und die Arbeitnehmer nicht profitieren würden. Ihm zufolge fehlten zudem verpflichtende soziale und ökologische Kriterien für öffentliche Aufträge.

CDU: "Wahrlich kein Meilenstein"

Der Chef der FDP-Fraktion, Andreas Silbersack, sagte, Vergabefahren würden mit dem neuen Gesetz deutlich vereinfacht. Es bereite bisher oft Mühe, überhaupt Unternehmen zu finden, die sich noch an aufwendigen Vergabeverfahren beteiligten. Aufträge könnten nun "schneller auf die Straße" gebracht werden.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Ulrich Thomas, sagte, die CDU hätte sich eine komplette Abschaffung gewünscht. Das Gesetz sei aus Sicht der Partei "wahrlich kein Meilenstein".

dpa, MDR (Julia Heundorf)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 18. November 2022 | 19:00 Uhr

4 Kommentare

ElBuffo am 19.11.2022

Gibt es denn überhaupt noch nennenswert Firmen, die es sich leisten können ihre Mitarbeiter nicht ordentlich zu bezahlen? Jetzt mal abgesehen von jenen, die noch Beschäftigte haben, die in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit zu ihnen gekommen sind oder wo Verwandschaft im Parlament verhindert, dass genauer hingeschaut wird?

Micha R am 18.11.2022

@steka
Splittung von Aufträgen auf verschiedene Firmen bedeutet für diese jeweils auch weniger Umsatz und Gewinn!
Obendrein gibt es beispielsweise im Reinigungsgewerbe allgemeinverbindliche bundesweite Branchenmindestlöhne: ab Oktober 13€ und ab Januar 13,50€ in der Lohngruppe 1/Einstiegslohn bzw. in der Lohngruppe 6/Fachkräfte sowie Glas- und Fassadenreinigung aktuell 16,20€ und ab Januar 16,70€.

steka am 18.11.2022

"Die Regeln greifen bei Aufträgen ab einem Schwellenwert von 40.000 Euro bei Dienstleistungen sowie ab 120.000 Euro bei Bauleistungen." Naja da vergibt man eben an Firmen mit max. 39.999 Euro oder darunter. Es werd sicher auch mehrere Schulküchen und auch Reingungsfirmen sein, die eh nicht in den bereich kommen, also Augenwischerei.

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