Gunnar Schellenberger
Schellenberger hat im Ältestenrat des Landtags eine Erklärung zur "Balkon-Affäre" abgegeben. Bildrechte: picture alliance/dpa

Befragung im Ältestenrat Konzert vom Landtagsbalkon: Landtagspräsident gesteht Fehler, will aber im Amt bleiben

31. August 2023, 19:16 Uhr

Sachsen-Anhalts Landtagspräsident Schellenberger hat am Donnerstag im Ältestenrat erklärt, wie es dazu kam, dass er vom Balkon seines Dienstzimmers im Landtag ein Konzert von Roland Kaiser gratis verfolgt hat. Die CDU-Faktion im Landtag sieht damit den Vorgang aufgeklärt. Die Linke fordert weiter seinen Rücktritt.

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Sachsen-Anhalts Landtagspräsident Gunnar Schellenberger (CDU) hat am Donnerstag im Ältestenrat des Landtages eine Erklärung abgegeben, warum er vom Balkon seines Dienstzimmers ein Konzert gratis verfolgt hat. Demnach habe er äußerst kurzfristig am Vortag des besagten Konzertes eine Terminanfrage bekommen. Thema der Besprechung soll eine "internationale Konferenz des Max-Planck-Instituts in Sachsen-Anhalt im Jahr 2024" gewesen sein, sagte Schellenberger im Anschluss an die Sitzung des Ältestenrates in einer Pressekonferenz.

Die Besprechung habe am 12. August, dem Tag des Roland-Kaiser-Konzertes in Magdeburg, am frühen Samstagabend im Büro des Landtagspräsidenten begonnen. "Mit Konzertbeginn wurde es sehr laut", so Schellenberger, "da haben wir die Sitzung unterbrochen." Weil es an diesem Tag sehr warm gewesen war, seien einige Teilnehmer auf den Balkon gegangen.

Schellenberger: "Das war ein Fehler"

Schellenberger sagte weiter, er habe die Sitzung in diesem Moment abbrechen sollen, was er aber nicht getan habe. "Ich gestehe ein, das war ein Fehler", so der Landtagspräsident. So habe der Eindruck entstehen können, dass er kostenfrei ein Konzert besucht habe. "Dafür möchte ich mich entschuldigen."

Die Veranstaltung im Dienstzimmer des Landtagspräsidenten endete nach seinen Angaben erst nach Ende des Roland Kaiser-Konzerts. "Weil es so voll war und so viele Leute unterwegs waren."

Warum ein so kurzfristiger Termin für eine Konferenz im kommenden Jahr notwendig war, konnte Schellenberger auch auf Nachfrage nicht beantworten. Ein Protokoll der Besprechung gebe es nicht, da es sich nur um ein "Vorgespräch" gehandelt habe. Welche Verbindung Schellenbergs Gesprächspartner von Schulenburg zum Max-Planck-Institut hat, konnte der Landtagspräsidnet ebenfalls nicht sagen. "Graf von der Schulenburg hat mich in seiner Funktion als mein ehemaliger Büroleiter um das Gespräch gebeten", so Schellenberger.

CDU hält Vorgang für aufgeklärt

Unterstützung bekommt Schellenberger erwartungsgemäß von seiner eigenen Partei. CDU-Landtagsfraktionschef Guido Heuer hält die Angelegenheit für aufgeklärt. "In der Sitzung des Ältestenrats hat unser Landtagspräsident die Abläufe rund um den Abend des 12. August 2023 detailliert und nachvollziehbar geschildert", sagte Heuer.

Auch die FDP im Landtag unterstützt Schellenberger. Mit dem Heraustreten auf den Balkon habe der Landtagspräsident sehr unsensibel reagiert, sagte der Fraktionsvorsitzende der FDP im Landtag, Andreas Silbersack. "Bei Abwägung der Gesamtsituation sagen wir aber, wir müssen nicht nach einem Rücktritt rufen", so Silbersack.

Die Fraktionschefin der SPD im Landtag, Katja Pähle, wollte sich nicht zu den Vorwürfen gegen den Landtagspräsidenten äußern.

Auch die AfD-Fraktion im Landtag unterstützt Schellenberger. Fraktionschef Oliver Kirchner kann keine Vorteilsnahme durch den Landtagspräsidenten erkennen. "Ich glaube, was der Präsident mir sagt", so Kirchner.

Linke fordert weiter Schellenbergers Rücktritt

Linken-Fraktionsvorsitzende Eva von Angern hält Schellenbergers Äußerungen für Schutzbehauptungen, "um zu verschleiern, dass er das Amtszimmer für eine Sause missbraucht hat". Die Linke halte weiter an der Rücktrittsforderung fest, so von Angern.

Cornelia Lüddemann, Vorsitzende der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, hält auch an ihrer Kritik fest. "Das ist nicht die Art und Weise, wie wir uns vorstellen, wie ein demokratisch gewähltes Parlament und dessen oberster Repräsentant auftreten darf." Die Feierlichkeit im Präsidentenzimmer sei das eine, so Lüddemann. Aber was wirklich kritikwürdig sei, sei der Umgang damit. "Dass er uns alle für dumm verkauft, dass er uns Lügen auftischt und dass er nicht nachvollziehbar sagen kann, was das für ein angeblicher dienstlicher Termin war."

Schellenberger spendet 600 Euro an gemeinnützigen Verein

Nach eigenen Angaben hat Schellenberger 600 Euro an gemeinnützige Vereine in Sachsen-Anhalt gespendet. Wie eine Landtagssprecherin sagte, erkennt der CDU-Politiker damit seinen Fehler an, Mitte August vom Balkon seines Büros aus mit weiteren Gästen kostenlos ein Roland-Kaiser-Konzert verfolgt zu haben. Der Vorfall war durch die Veröffentlichung eines Fotos bekannt geworden. Die Landtagsfraktionen der Grünen und Linken forderten daraufhin Schellenbergers Rücktritt.

Im Ältestenrat des Landtags hat Schellenberger am Donnerstag versucht, offene Fragen in Zusammenhang mit dem Konzert zu beantworten. Mehrere Fraktionen haben Aufklärung gefordert. Zunächst war von einem "beruflichen Termin" die Rede, der zu dieser Zeit stattgefunden haben soll. In der vergangenen Woche hatte sich der Landtagspräsident jedoch für eine Verquickung dienstlicher und nichtdienstlicher Belange entschuldigt.

MDR (Mario Köhne, Michael Rosebrock, Hannes Leonard), dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 31. August 2023 | 18:00 Uhr

61 Kommentare

Eddi58 vor 36 Wochen

@klaus.kleiner80
Herr Schellenberger ist protokollarisch der erste Mann in Sachsen
-Anhalt! Da wir in einer parlamentarischen Demokratie leben, ist der Präsident des Parlaments (Landtag) der höchste Repräsentant.😉
Sonst Zustimmung…
Nicht zu vergessen, der Dienstwagen wegen “Rücken“🙄

Altmeister 50 vor 36 Wochen

Da kann man nur hoffen, das Sachsens Ministerpräsident Kretzschmer nicht versehentlich das Fenster seines Dienstzimmers geöffnet hatte, während Roland Kaiser am Elbufer 5 mal seine Kaisermania veranstaltete.
Das könnte als Verdachtsfall für verdecktes, heimliches und kostenloses Mithören gewertet werden. Welch ein noch größerer Skandal.

Evelyn vor 36 Wochen

Mich stört weniger dass er auf dem Balkon stand, sondern die Begründung. Denkt dieser Landtagspräsident wirklich dass seine Wähler so dumm sind. Aus meiner Sicht sollte er schnell zurück treten.

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