Neben dem Eingang des Harzklinikums Quedlinburg stehen eine bunte Säule und ein Hinweisschild.
Auch das Harzklinikum wehrt sich nach MDR-Informationen vor Gericht gegen eine Prüfung. Bildrechte: MDR/Michael Rosebrock

Streit geht vor Gericht Rechnungshof ringt mit Krankenhäusern um Prüfung von Millionen-Investitionen

13. Juli 2022, 20:29 Uhr

Seit Jahren versucht Sachsen-Anhalts Rechnungshof, die Verteilung von Sonderfördermitteln an Krankenhäuser unter die Lupe zu nehmen. Erst stritt man sich mit der Landesregierung, nun zogen wiederum zwei Kliniken vor Gericht: Nach MDR-Informationen handelt es sich um das Basedow-Klinikum im Saalekreis und das Harzklinikum. Rechnungshofpräsident Barthel meint, je mehr sich das Land im Gesundheitswesen engagiere, desto wichtiger seien solche Prüfungen.

Der Landesrechnungshof streitet sich mit drei Krankenhäusern um die Prüfung von insgesamt rund 34 Millionen Euro Investitionsmitteln. Das hat Rechnungspräsident Kay Barthel am Mittwoch öffentlich gemacht. Die Gelder stammen aus einem besonderen Förderprogramm aus der Nachwendezeit und wurden einst unter Einbeziehung des Sozialministeriums verteilt.

Allein das Harzklinikum soll 26 Millionen Euro bekommen haben

Zu prüfen ist laut Rechnungshof die Verwendung von 1,6 Millionen Euro bei einem Krankenhaus im Saalekreis, 6,3 Millionen Euro bei einem Fall in Mansfeld-Südharz und sogar 26 Millionen Euro bei einem dritten Fall im Harzkreis. Namen nannte Barthel nicht.

Bei den betroffenen Kliniken handelt es sich nach MDR-Informationen um das Carl-von-Basedow-Klinikum in Merseburg, das Harzklinikum und die Helios Kliniken Mansfeld-Südharz. Zwei von ihnen haben nun Gerichte angerufen: In den Fällen des Basedow-Klinikums und des Harzklinikums bestätigten die Verwaltungsgerichte in Magdeburg und Halle den Eingang entsprechender Klagen. Einzelheiten konnten noch nicht genannt werden. Bei beiden Häusern handelt es sich um kommunale Krankenhäuser. Der Landesrechnungshof rechnet auch im dritten Fall mit einer Klage.

Strittg ist offenbar, ob der Rechnungshof überhaupt befugt ist, die Häuser hier zu prüfen. Ein Sprecher des Harzklinikums bestätigte dem MDR, dass es zwischen Rechnungshof und Klinikum dazu "unterschiedliche Auffassungen" gebe. Eine weitere Erklärung will das Haus am Donnerstag abgeben. Die anderen zwei Kliniken waren am Mittwoch nicht kurzfristig für eine Stellungnahme zu erreichen.

Rechnungshof stritt sich zuerst mit Landesregierung

Der Streit hat eine lange Vorgeschichte. 1995 begann der Bund, mit zusätzlichen Patientengebühren und weiteren Zuschüssen Geld zu sammeln, um den besonderen Investitionsbedarf in den ostdeutschen Krankenhäusern aufzufangen.

Für Sachsen-Anhalt kamen so bis 2014 550 Millionen Euro zusammen – mehr als ein Drittel der im Land an Krankenhäuser ausgegebenen Investitionsmittel. Laut der Finanzplanung des Landes wurden diese mittlerweile bis auf 11,9 Millionen Euro allesamt ausgegeben.

2012 wollte dann der Rechnungshof mit der Prüfung der Mittel in Sachsen-Anhalt beginnen. Weil die Mittel allerdings hier im Land von einer Jury und über ein Sonderkonto verteilt wurden, verweigerte das Sozialministerium zunächst die Einsicht. Es folgte eine langwierige Auseinandersetzung mit der Landesregierung einschließlich Ministerpräsident Haseloff, die schließlich in zweiter Instanz 2018 vom Oberverwaltungsgericht Magdeburg entschieden wurde – zugunsten des Rechnungshofes.

Unklar, ob Fälle verjährt sind

Die Zahlen des Landes konnte der Rechnungshof anschließend prüfen. Als man aber in einer Stichprobe sechs Krankenhäuser durchleuchten wollte, verweigerten sich drei davon. Für den Rechnungshof lässt sich die Prüfung so nicht abschließen: "Nur wenn Sie in der Gesamtheit schauen können, können Sie auch wirklich prüfen", sagte Behörden-Chef Kay Barthel.

Sollte es nach Gerichtsentscheiden doch zur Prüfung kommen, muss das nicht zwangsläufig Konsequenzen für die Krankenhäuser haben. Würde der Rechnungshof aber Verstöße bei der Mittelverwendung feststellen, könnte das Sozialministerium diese unter Umständen zurückfordern.

Bei den drei erfolgten Prüfungen sei alles korrekt gelaufen. Ob die strittigen Fälle nun nicht bereits verjährt sind, konnte Barthel allerdings nicht beantworten. Für ihn gehe es vor allem darum, einen Präzedenzfall zu vermeiden: "Es kann nicht sein, dass jede Einrichtung sagt, wir lassen den Landesrechnungshof nicht rein und dann sucht der sich einen anderen", so Barthel.

Barthel: Prüfungen weiterhin relevant

Zudem seien die Prüfungen angesichts der aktuellen Entwicklungen in Sachsen-Anhalts Krankenhauslandschaft weiterhin relevant. Aufgrund der wirtschaftlichen und personellen Herausforderungen kooperieren immer mehr Häuser immer enger. "Da werden Konstrukte geschaffen, um die Überlebensfähigkeit zu sichern", sagte Barthel. Es wäre ein Problem, wenn sich Krankenhäuser nun nicht in die Bücher gucken ließen.

Offenbar zielt Barthel damit auf die Zusammenarbeit von Basedow-Klinikum und dem landeseigenen Uniklinikum Halle ab. Diese hatten Mitte Mai angekündigt, künftig einen gemeinsamen "öffentlichen gesellschaftlichen Verbund" bilden zu wollen. Kooperationsmodelle werden etwa auch in der Altmark oder Magdeburg bereits angewandt oder diskutiert.

Der Landesrechnungshof begrüßt vor diesem Hintergrund auch, dass die Landesregierung Anfang Juli ein Gutachten zur Krankenhauslandschaft in Auftrag gegeben hat. Anhand dessen soll ab 2023 erstmals seit Jahren wieder eine Planung von Behandlungskapazitäten für die Zukunft möglich sein.

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MDR (Thomas Vorreyer, Sabine Falk-Bartz)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 13. Juli 2022 | 17:00 Uhr

3 Kommentare

steka am 14.07.2022

Na wer nichts zu verbergen hat, braucht sich doch vor einer Prüfung nicht zu fürchten. vermute, die gelder wurden zweckentfremdet ausgegeben. Aber es ist schlimm, daß in einem Staat, wo drei fürende parteien "sozial" in ihren Namen führen, Krankenhäuser nicht nach gesundheitlichen Bedürfnissen der Bevölkerung sondern als Wirtschaftsunternehmen gefürt werden, daß es eine 4-Klassen Krankenassenversorgung gibt: Private Krankenkassen, Beamtenversorgung, gesetzliche Krankenkassen und der superreiche bevölkerungsanteil, der bar bezahlt, Kassenbeiträge nicht nötig hat. Wenn das gesundheitssystem wirklich funktionieren soll, dürfte es nur eine Krankenkaase, in die alle, auch die Superreichen und Beamte einzahlen. Private krankenkassen sollten nur für zusätzliche Leistungen wie Einzelzimmer oder freiwillige Zusatzbehandlungen da sein.

hilflos am 13.07.2022

Man stelle sich vor, dass man als Normalo etwas vom Land will... Das sind die Folgen der Privatisierung der Kliniken durch Ulla Schmidt und Karl Lauterbach. Die sollte man.... Nein kein Hass... dafür auszeichnen, dass sie der BRD den Spiegel vorhalten

ElBuffo am 14.07.2022

Das Harzklinikum und das Carl-von-Basedow-Klinikum sind laut Artikel in kommunaler Hand.

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