Eichenprozessionsspinner - Raupen-Prozession auf Asphalt
Damit aus den Larven des Eichenprozessionsspinners keine gefährlichen Raupen werden, wird ihnen in Sachsen-Anhalt der Kampf angesagt. (Symbolbild) Bildrechte: IMAGO / blickwinkel

Gefährliche Raupen Kommunen kämpfen gegen Eichenprozessionsspinner

10. Mai 2023, 15:36 Uhr

In Sachsen-Anhalt hat der Kampf gegen den Eichenprozessionsspinner begonnen. Unter anderem wird in dieser Woche in Dessau-Roßlau und Stendal aus der Luft mit Biozid gegen den Schädling vorgegangen. Auch Lutherstadt Wittenberg und Gardelegen setzen in diesem Frühjahr auf die chemische Bekämpfung des Nachtfalters, der mit seinen Brennhaaren beim Menschen allergische Reaktionen hervorrufen kann.

Sachsen-Anhalts Kommunen haben mit der großflächigen Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners begonnen. In Dessau-Roßlau etwa wird in dieser Woche über einer Waldfläche von etwa 150 Hektar ein Biozid ausgebracht, um die Raupe, deren Brennhaare starke allergische Reaktionen auslösen können, zu bekämpfen. Die Flüge seien an zwei Tagen, ab 8 Uhr morgens bis zur Dämmerung geplant, teilte die Stadt mit.

Mittel birgt Gesundheitsgefährdung – Flächen gesperrt

Die besprühten Flächen dürfen den Angaben zufolge danach zwölf Stunden lang nicht betreten werden, da von dem Mittel eine Gesundheitsgefährdung für Haut und Augen ausgehen können. Entsprechende Sperr-Hinweise würden markiert. Besiedelte Bereiche, Sportplätze, Gartensparten, Vereins-Flächen und Gewässer würden zwar überflogen, das Biozid werde dort aber nicht ausgebracht, hieß es weiter.

Der Landkreis Stendal und der Altmarkkreis Salzwedel wollen eigenen Angaben zufolge am Donnerstag mit den Maßnahmen gegen den Schädling beginnen. Neben der chemischen Bekämpfung am Boden sollen im Kreis Stendal an drei Tagen auch Hubschrauber im Einsatz sein. Auch dort werden die entsprechenden Gebiete abgesperrt.

Lutherstadt Wittenberg will 1.000 Eichen besprühen

In der kommenden Woche sollen in der Lutherstadt Wittenberg rund 1.000 Eichen mit einem Sprühverfahren gegen den Eichenprozessionsspinner behandelt werden. Dafür kämen Boden-Fahrzeuge zum Einsatz, teilte die Stadtverwaltung mit. Betroffen seien unter anderem öffentliche Grünanlagen, Straßenzüge, Kitas, Schulen und Friedhöfe.

Aus Naturschutzgründen werden laut Stadt Teile des Elberadweges nicht besprüht. Sollte es dort im Jahresverlauf zu einem Befall kommen, würden die Nester manuell abgesaugt, heißt es von der Stadtverwaltung.

Gardelegen im Kampf gegen Eichenprozessionsspinner mit Routine

Auch die Hansestadt Gardelegen geht in diesem Frühjahr wieder unermüdlich gegen den Eichenprozessionsspinner vor. Damit wird der Schädling nun schon zum achten Mal in Folge bekämpft. Florian Kauer vom städtischen Ordnungsamt sagte MDR SACHSEN-ANHALT, die meisten der rund 10.000 Eichen der Gemeinde würden chemisch behandelt. Bei rund 400 Eichen werde man es erneut mit Nematoden, also speziellen Fadenwürmern versuchen. Bisher hätten diese allerdings kaum Erfolge gebracht. Die Stadt hat für den Einsatz 110.000 Euro Fördermittel beim Land beantragt. 27.000 Euro Eigenmittel trage die Stadt bei.

Was ist der Eichenprozessionsspinner?

Der Eichenprozessionsspinner ist eine in Europa beheimatete Schmetterlings-Art. Die Raupen ziehen bei der Nahrungssuche mit einer Kolonnen-Artigkeit in Richtung Baumkrone – wie bei einer Prozession. Deswegen haben sie ihren Name bekommen. Die Raupen fressen an Knospen und Blättern und schädigen damit die Bäume. In den letzten Stadien nimmt der Appetit zu, dadurch werden auch Triebe vernichtet und folglich die Regeneration der Bäume verhindert. Geschädigte Eichen sind zudem anfälliger gegen Trockenheit.

Wieso ist der Eichenprozessionsspinner für Menschen gefährlich?

Die feinen weißen Härchen, die sogenannten Brennhaare, die die Larven im dritten Wachstums-Stadium tragen, enthalten das Nessel-Gift Thaumetopoein. Es reizt Haut und Schleimhaut, kann Atembeschwerden, Juckreiz und Entzündungen hervorrufen. Häufig sind Quaddeln und Bläschen sichtbar. Bei für Allergien besonders sensiblen Menschen kann ein Kontakt mit dem Gift sogar zu einem allergischen Schock führen. Brennhaare, auch Bruchstücke, die sich beispielsweise im Unterholz abgesetzt haben, können noch bis zu sechs Jahre aktiv und somit gefährlich bleiben.

Mehrere Raupen mit einem dichten Haarkleid liegen zu einem Knäuel zusammengerollt auf Blättern.
Wenn sich die weißen Haare in der Haut von Menschen verhaken und ihr Gift wirkt, können sich juckende Quaddeln bilden. Bildrechte: ThüringenForst/Matthias Stürtz

Wie sollte man sich bei der Entdeckung des Eichenprozessionsspinners verhalten?

Wegen der möglichen Gefahr durch die Brennhaare sollten die Raupen nicht berührt werden. Die Bekämpfung obliegt Profis, Laien sollten die Raupen nicht selbst entfernen oder verscheuchen, damit sich die Haare nicht ganz unkontrolliert verbreiten. Wird ein befallener Baum entdeckt, so Experten, sollte das Ordnungsamt informiert werden. Bei Kontakt mit den Brennhaaren wird empfohlen, die Kleidung schnellstmöglich zu wechseln, zu duschen und auch die Haare zu waschen.

Wieso wird er gerade jetzt so stark bekämpft?

Die Raupen des Schmetterlings schlüpfen in der Regel von Mitte April bis Anfang Mai und durchlaufen dann mehrere Entwicklungsstadien. Optimal für die Bekämpfung mit chemischen und biologischen Mitteln ist dieses frühe Ei-Raupen-Stadium. Die feinen Härchen werden erst nach der zweiten Häutung giftig und können vom Wind weit verteilt werden.

Wie wird der Eichenprozessionsspinner bekämpft?

Die Zahl der Nester wird gezählt, Schäden werden kartiert. Sind nur einzelne Bäume betroffen, können die Tiere von Experten abgesaugt werden. Bei massenhaftem Auftreten, etwa auf großen Waldflächen, werden Insektizide versprüht – vom Boden aus oder aus der Luft. Auch Fadenwürmer können versprüht werden, die sich im Körper der Raupen entwickeln und diese töten. Außerdem haben die Raupen des Eichenprozessionsspinners natürliche Fressfeinde – etwa Meisen oder Rotkehlchen.

Wo sind die Raupen zu finden?

Besonders im Tiefland Sachsen-Anhalts breitet sich der Eichenprozessionsspinner seit einigen Jahren aus. Vor allem Altmark, Börde, der Harz, das Jerichower Land, der Raum Dessau-Roßlau und der Fläming zählen zu den Gebieten mit der weitesten Verbreitung.

Der Schmetterling bevorzugt warme und trockene Regionen in lichten Eichenwäldern, an Waldrändern sowie bei Besonnung von Einzel-Bäumen. Er kommt ausschließlich an Trauben- und Stieleichen sowie der Amerikanischen Roteiche vor. Es wird vermutet, dass die Verbreitung der Wärme liebenden Schmetterlings-Art hierzulande durch den fortschreitenden globalen Klimawandel begünstigt wird. Neben Sachsen-Anhalt sind in Deutschland vor allem große Teile Brandenburgs und Mecklenburg-Vorpommerns befallen.

dpa, MDR (André Plaul, Cornelia Winkler)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 10. Mai 2023 | 15:30 Uhr

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