Wahlfälschung in Stendal Urteil gegen ehemaligen CDU-Kreischef rechtskräftig
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07. September 2022, 12:25 Uhr
In der Stendaler Wahlfälschungsaffäre ist der ehemalige Stendaler CDU-Chef Wolfgang Kühnel Mitte Juli zur einer Schadensersatzzahlung verurteilt worden. Für zwei Wiederholungswahlen soll er rund 50.000 Euro an die Stadt Stendal zahlen. Das Urteil ist nun rechtskräftig.
Das Urteil über Schadensersatz gegen den ehemaligen Stendaler CDU-Chef Wolfgang Kühnel ist rechtskräftig. Er muss rund 50.000 Euro an die Stadt Stendal zahlen, weil im Zuge der Wahlfälschungsaffäre 2014 und 2015 jeweils Stadtratswahlen wiederholt werden mussten. Die Stadt hatte geklagt, um nicht auf den Kosten sitzen zu bleiben.
Die Zivilgerichte hatten eine Mitschuld Kühnels an den Wahlfälschungen erkannt. Strafrechtlich wurde er nicht belangt – auch weil er stets zu den Vorgängen geschwiegen hatte. Das Urteil widerspricht damit der von CDU-Seite oft genannten Einzeltäter-Theorie.
Das Landgericht hatte im Urteil geschrieben, dass es davon überzeugt ist, dass Kühnel den Wahlfälscher Holger Gebhardt "bei dessen in Tateinheit mit Urkundenfälschungen begangenen Wahlfälschungen vorsätzlich unterstützt hat".
Das waren die Folgen des Stendaler Wahlfälschungsskandals
- Im März 2017 wurde Holger Gebhardt vom Landgericht Stendal zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren wegen Wahlbetrug und Urkundenfälschung in Hunderten Fällen verurteilt.
- Bei der Stadtratswahl am 25. Mai 2014 bekam der CDU-Kandidat 689 seiner 837 Stimmen aus der Briefwahl, was 82,3 Prozent ausmachte.
- Die Briefwahl musste am 9. November 2014, die Stadtratswahl am 21. Juni 2015 aufgrund der Manipulationen wiederholt werden.
- Im Zusammenhang mit dem Wahlbetrug trat Hardy Peter Güssau (CDU) von seinem Amt als Landtagspräsident zurück.
- Der Landtag richtete im April 2017 zu dem Betrug einen Untersuchungsausschuss ein, 2021 wurde nach 31. Sitzungen der 400-seitige Abschlussbericht vorgelegt. 85 Zeugen wurden gehört, 85 Aktenordner der Justiz durchgearbeitet. Die zentrale Frage, ob Wahlfälscher Holger Gebhardt alleine gehandelt hatte, hat der Ausschuss zum damaligen Zeitpunkt nicht zweifelsfrei geklärt. Ein größeres Behördenversagen hatte die Fälschungen jedenfalls erleichtert und im Nachgang möglicherweise auch vertuscht.
- Der Untersuchungsausschuss hatte zwölf Mitglieder des Landtages aus CDU, AfD, Linke, SPD und den Grünen. Vorsitzender war Matthias Lieschke (AfD)
- Im Juli 2022 wurde der ehemalige Stendaler CDU-Chef Wolfgang Kühnel vom Oberlandesgericht Naumburg zu einer Schadensersatzzahlung verurteilt. Das Gericht sah eine Mitschuld Kühnels an den Wahlfälschungen erwiesen.
Die Stadt Stendal ist bereits an Kühnel herangetreten. Man habe die Schadenssumme schriftlich eingefordert, sagt Pressesprecherin Susanne Hellmuth auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT.
Urteil Mitte Juli gefällt
Das Oberlandesgericht Naumburg hatte Kühnel Mitte Juli zur Zahlung verurteilt. Eine Revision hat er danach nicht mehr beantragt, wie eine Sprecherin bestätigte. Das Urteil ist damit rechtskräftig.
Kühnel war bereits 2020 in erster Instanz zusammen mit Wahlfälscher Holger Gebhardt zur gemeinschaftlichen Zahlung der Schadensersatzsumme an die Stadt Stendal verurteilt worden. Allerdings hatte Gebhardt schon vor geraumer Zeit Insolvenz angemeldet.
MDR (Bernd-Volker Brahms, Cornelia Winkler)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 07. September 2022 | 07:00 Uhr