Funkmeldeempfänger, auf dem Display ist folgender Alarmtext lesbar: Amokalarm Schule Gebäude B 2.OG Klassenzimmer
Ein Amokalarm sollte im besten Fall nie ausgelöst werden müssen. Doch wenn die Gefahr besteht, greifen viele Maßnahmen ineinander. (Symbolbild) Bildrechte: imago images/KS-Images.de

Nachgefragt Amokalarm: So schützen Sachsens Schulen Kinder und Lehrkräfte

24. August 2023, 15:08 Uhr

Der Amokalarm an der Schule in Bischofswerda hat eine Kette von Einsätzen ausgelöst. Auch wenn so eine Situation im besten Fall nie an einer Schule Realität werden sollte, sind die Schulen darauf vorbeitet. Welche Maßnahmen vorab ergriffen werden, hat MDR SACHSEN beim Kultusministerium in Erfahrung gebracht.

Wie wird ein Notsignal abgesetzt?

Jede Schule hat ihr eigenes Alarmierungssystem, das regelmäßig geprobt und überprüft wird. Die Absetzung eines Notsignals ist das Wichtigste in einer Amoksituation. Einige Schulgebäude verfügen beispielsweise über ein Alarmsystem, welches von den Klassenräumen aus aktiviert werden kann.

Welche Daten werden im Notfallplan bei der Polizei hinterlegt?

Zu allen Schulen gibt es einen digitalen Notfallplan. Der liefert ein Bild von der Lage der Schule und der Gebäude sowie Flucht- und Rettungswegen. Dazu gibt er Auskunft über die Anzahl von Schülern und Beschäftigten. "Mit den erfassten Daten können die Einsatzkräfte vor Ort schnell reagieren", erklärt das Kultusministerium.

Wer kontrolliert den Zugang zum Schulgebäude?

Viele Schulen sind vormittags zur Unterrichtszeit geschlossen, aber nicht alle. "Es gibt dafür keine Handlungsanweisung", sagt die Sprecherin des Landesamt für Schule und Bildung (Lasub), Petra Nikolov. "Die Schulen entscheiden selbst aufgrund ihrer Bedürfnisse, Konzepte und örtlichen Gegebenheiten." Eine Schule müsse eine Einlasskontrolle auch personell mit dem Sektretariat abdecken können, gibt Nikolov zu Bedenken.

Kein Zutritt für schulfremde Personen- Hinweisschild am Schuleingang
Lehrkräfte und Hortpersonal achten darauf, dass keine Fremden ins Schulhaus gelangen. (Symbolbild) Bildrechte: imago images/Rolf Poss

Die Schule gehöre wie das Rathaus oder die Kirche zu den öffentlichen Einrichtungen und sollte für die Bevölkerung eine Anlaufstelle sein, meint der stellvertretende Landesvorsitzender der Gewerkschaft Sächsischer Lehrerverband (SLV), René Michel. "Aber wer zu welchem Zeitpunkt ein Schulgebäude betreten kann und ob es spezielle selbstschließende Sicherheitstüren gibt, entscheiden maßgeblich die Schulträger. Da solche Sicherheitsmaßnahmen kostspielig sind, verwundert es nicht, dass sie nicht flächendeckend vorhanden sind", so Michel.

Müssen alle Schulen einen Krisenstab einrichten?

Öffentliche Schulen in Sachsen sind dazu verpflichtet, einen schulischen Krisenstab zu bilden und im Hintergrund bereitzuhalten, so der Sprecher des Kultusministeriums, Dirk Reelfs. Der Krisenstab bestehe in der Regel aus fünf Beschäftigten der Schule und unterstütze die Schulleitung bei der Bewältigung von Notfällen.

Wozu brauchen Schulen ein Notfallmanagement?

Um schrittweise Kinder und Erwachsene aus der Gefahr bringen zu können, hilft ein Notfallmanagement als Handlungsanweisung. Nach Angaben des Kultusministeriums werden darin insgesamt 16 Notsituationen durchexerziert - elf unter Verantwortung der Polizei und fünf unter der Leitung des Schulleiters. "Verschiedene Notfälle werden mit ganz anschaulichen Karten vermittelt: Was ist zu tun? Und wer hat was zu tun?", erklärt Kultusminister Christian Piwarz.

Jede Schule verfügt über so einen Ablaufplan in Amoksituationen, der allen an dieser Schule arbeitenden Menschen bekannt ist, heißt es vom Sächsischen Lehrerverband. In diesem Plan werde das Verhalten - wie beispielsweise Ruhe bewahren und Türen des Klassenraums verschließen - und das Vorgehen - wie der Kontakt zur Polizei - genau geregelt, so Michel.

Wie werden Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrkräfte nach Amoklagen betreut?

Das Kultusministerium hat einen Vertrag mit der Unfallkasse Sachsen abgeschlossen. Demnach übernimmt sie die Nachsorge von Beschäftigten und Schülern nach Amoklagen. Hier beauftrage die Unfallkasse einen Kooperationspartner, der Erfahrung auf dem Gebiet der Bewältigung von Großschadenslagen besitze. Vor allem die psychische Betreuung werde mit angeboten, sagt Ministeriumssprecher Reelfs.

Nach Angaben der Unfallkasse Sachsen sind nach dem Amokfall in Bischofswerda am Freitag Traumatherapeuten vor Ort.

Ein Mitarbeiter der Notfallseelsorge steht auf dem Schulhof einer Grund- und Oberschule.
Im Amokfall von Bischofswerda haben sich auch Ehrenamtliche vom Kriseninterventionsteam des Landkreises Bautzen um die geschockten Kinder und Erwachsenen gekümmert. Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Kahnert

Gibt es Fortbildungen für Lehrkräfte und die Schulleitung zur Vorbereitung auf außergewöhnliche Situationen?

Nach Auskunft des Kultusministeriums werden zahlreiche Fortbildungsmaßnahmen zu Bedrohungs- und Amoksituationen angeboten und die Schulträger in Sachsen regelmäßig zu dem Thema sensibilisiert. Letzteres geschehe bei sogenannten Sprengelberatungen in den regionalen Standorten des Landesamtes für Schule und Bildung. Hier würden Schulleiter und Schulleiterinnen im Bereich auf die Werkzeuge einer Krisenintervention hingewiesen.

Welche langfristigen Maßnahmen können Schulen ergreifen?

Präventiv können Schulen auf einen Rahmenplan zur Bewältigung von Bedrohungslagen zurückgreifen. Darin werden auch baulich-technische Maßnahmen angesprochen. Auch wird auf Früherkennungsmerkmale eingegangen. Schulleitungen und Schulträger können sich des Weiteren vor Ort bei der Abteilung Prävention im Landeskriminalamt Sachsen beraten lassen.

MDR (ama)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 24. August 2023 | 05:00 Uhr

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