Um die Batterieproduktion von Blackstone in Döbeln ist es sehr ruhig geworden.
Bei Blackstone in Döbeln sollten Batterien im 3-D-Druckverfahren hergestellt werden. Hier passiert seit Monaten nichts mehr. Bildrechte: MDR/Madeleine Arndt

Döbeln Batteriehersteller Blackstone: Vom Megahype in die Insolvenz

13. Juli 2023, 21:53 Uhr

Es sollte ein Gamechanger auf dem Markt werden: Batterien aus dem 3-D-Drucker, nachhaltig und super leistungsfähig. Hunderte Arbeitsplätze würden bei Blackstone Technology in Döbeln entstehen. Das überzeugte Sachsens Regierung und Fördergelder wurden ausgereicht. Die PR-Maschine von Blackstone ratterte, vermeldete Auszeichnungen und interessierte Automobilkonzerne. Doch dann wurde es still - keine Produktion, kein Kontakt. Der vermeintliche Gamechanger ist für Investoren zum Albtraum geworden.

Das Gelände ist verwaist, Gras wächst auf den Parkplätzen, die Fenster sind dunkel. Das kastenförmige Produktionsgebäude von Blackstone Technology in Döbeln wird wohl eine Investruine werden. Man habe dort schon lange niemanden mehr gesehen. Es sei immer finster - früh und abends, heißt es aus dem benachbarten Betrieb im Gewerbepark Am Fuchsloch.

Neuartige Batterie soll Markt erobern

Dabei sollte hier eine Weltsensation für die E-Mobilität auf den Markt gebracht werden. Eine Batterie, die im 3-D-Druckverfahren ganz variabel hergestellt werden kann. Ende 2021 startete offiziell die Serienfertigung. "Wichtig ist, zu zeigen, dass Blackstone nicht nur redet, sondern die Produktion vor Ort läuft", sagte damals Unternehmenssprecher Serhat Yilmaz. Doch es läuft vielmehr die PR der Blackstone Resources AG, zu der Blackstone Technology als 100-prozentige Tochter gehört. Der Schweizer Konzernchef Ulrich Ernst betont in Gesprächen mit Journalisten und Fernsehteams man sei auf Kurs, Investoren stünden Schlange, unter anderem eine Kooperation mit VW bahne sich an.

Prototyp einer gedruckten Festkörperzelle im April 2021.
Blackstone zeigte im April 2021 eine Prototypen einer gedruckten Festkörperzelle. Insider sagen, es gab keine Patente und es wurde in Döbeln auch nie produziert. Bildrechte: MDR/Blackstone Pressematerial

Auch Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) und Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) schauten öffentlichkeitswirksam in Döbeln vorbei und hielten die vermeintliche Wunderbatterie in den Händen. Fördermittel in Millionenhöhe wurden von Sachsen und dem Bund in Aussicht gestellt und 840.000 Euro bereits ausgezahlt. Doch die Wunderbatterie gibt es nicht. Bei den Präsentationen wurden von Blackstone Dummies gezeigt, stellte sich im Nachhinein heraus.

Präsentation in Döbeln
SPD-Landtagsabgeordneter Henning Homann (li) und Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (re) lassen sich vom Geschäftsführer Holger Gritzka eine Batterie zeigen. Bildrechte: MDR SACHSENSPIEGEL

SAB: Fördermittel nach genauer Prüfung bewilligt

Der österreichische Journalist Reinhard Bimashofer ließ sich ebenfalls von der Bilderbuch-PR beeindrucken und auch davon, dass deutsche und sächsische Fördermittel fließen. Das werde man ja durch und durch geprüft haben, so seine Überzeugung damals. Das habe man auch getan, verteidigt der Staatssekretär des sächsischen Wirtschaftsministeriums, Thomas Kralinski, die Sächsische Aufbaubank (SAB). Diese habe "sehr genau geprüft und geschaut", ob das, was da geplant war, technologisch möglich ist. "Dazu hat sie auch Gutachten machen lassen und ist dann am Ende zu dem Schluss gekommen: Das ist förderfähig."

Die SAB hat sehr genau geprüft und geschaut, ob das, was da geplant war, technologisch möglich ist.

Thomas Kralinski Staatssekretär des Wirtschaftsministeriums

Ein Mann sitzt in einem Büro.
Man habe das Unternehmen sehr genau geprüft, sagt der Staatssekretär des sächsischen Wirtschaftsministeriums, Thomas Kralinski. Bildrechte: MDR SACHSENSPIEGEL

Unstimmigkeiten häufen sich, Warnung an die Regierung

Bimashofer kaufte selbst einige Aktien des Schweizer Unternehmens. Die begannen eine Talfahrt: Der Vorwurf der Marktmanipulation durch die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma stand im Raum, die Schweizer Börsenaufsicht SER unterstellte Verletzungen von Vorschriften der Rechnungslegung. Blackstone Resources wies alles von sich.

In Döbeln wechselte im Juli 2022 der Firmenchef. Statt Holger Gritzka wurde Michael Hingst als CEO für Blackstone Technology vorgestellt. Reinhard Bimashofer recherchierte und stieß auf immer mehr Unstimmigkeiten zwischen Darstellung und Wirklichkeit. "Es hat nie eine Produktion gegeben, sondern immer nur Experimente", sagt er im Gespräch mit MDR SACHSEN. Auch das Patent zur gedruckten Batterie ließ sich nicht belegen. "Ein Schweizer Anwalt hat herausgefunden, dass das überhaupt nicht stimmt!" Daraufhin schrieb Bimashofer vor einem Jahr einen Warnbrief an die sächsische Aufbaubank (SAB) und das Wirtschaftsministerium.

Ein Mann sitzt am Computer.
Der Österreicher Reinhard Bimashofer schrieb wegen der Unstimmigkeiten in Döbeln einen Brandbrief ans sächsische Wirtschaftsministerium. Bildrechte: MDR SACHSENSPIEGEL

Sachsen stoppt Fördermittelzahlungen

Auf Bimashofers Warnungen reagierte man zunächst nicht. Erst nach erneuten Hinweisen Ende letzten Jahres wurden nach 840.000 Euro die weitere Auszahlung der Fördermittel gestoppt. Stattdessen ermittelt die Staatsanwaltschaft Chemnitz gegen Blackstone wegen Subventionsbetrugs. Auf Presseanfragen gibt es weder von der Firma noch vom Konzern eine Reaktion.

Inzwischen ist bekannt, dass der Schweizer Mutterkonzern Blackstone Resources eine Briefkastenfima war. Darüber berichtete zuerst die Sächsische Zeitung. Preise wie der an Blackstone verliehene "German Innovation Award" könne man kaufen und seien nicht aussagekräftig, so Bimashofer. Eine behauptete Zusammenarbeit mit VW war eine glatte Lüge. Als Journalisten den deutschen Automobilkonzern auf diese Blackstone-Nachricht aufmerksam machte, fiel man dort aus allen Wolken. "Wir haben zu keinem Zeitpunkt eine Kooperation mit Blackstone Technology erwogen", sagt ein VW-Sprecher auf Nachfrage von MDR SACHSEN.

Insolvenzverfahren läuft

War Blackstone von vornherein ein Betrugsmodell, um Anlegern das Geld aus der Tasche zu ziehen? Ein Insider aus dem Unternehmensumfeld des Blackstone-Konzerns äußert sich gegenüber MDR SACHSEN so: "Blackstone war eine Marketing-Lüge", ist er sich sicher. Es habe kein Eigenkapital gegeben. Man habe das Marketing mit missverständlichen und teils falschen Botschaften genutzt, um den Aktienkurs in die Höhe zu treiben. Blackstone Technology habe auch über keine Forschungs- und Entwicklungsabteilung verfügt oder für diese Art von Entwicklung geeignete Mitarbeiter beschäftigt. "Die Firma war nur Holger", sagt der Insider mit Bezug auf den damaligen Chef Holger Gritzka.

Am 5. Juli hat das Amtsgericht Chemnitz als Sicherungsmaßnahme das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Blackstone Technology in Döbeln eingeleitet. Die Dresdner Wirtschaftskanzlei Beck wurde beauftragt, ein Gutachten über die Firma zu erstellen. Darin sollen Insolvenzgründe geprüft und zur Fortführungsfähigkeit des Geschäftsbetriebes Stellung genommen werden.

Um die Batterieproduktion von Blackstone in Döbeln ist es sehr ruhig geworden.
Das Amtsgericht Chemnitz hat das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Blackstone Technology in Döbeln eingeleitet. Bildrechte: MDR/Madeleine Arndt

Blackstone-Konzernchef Ulrich Ernst hat inzwischen ein neues Themenfeld für sich entdeckt. Er wirbt im Netz für die Firma BBC Group und ihre neue Art von Kryptowährung. Es sei eine "unglaubliche Investitionsmöglichkeit mit großem Aufwärtspotenzial", schreibt er. Die Geschichte ist noch lange nicht zu Ende.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | SACHSENSPIEGEL | 13. Juli 2023 | 19:00 Uhr

Mehr aus Döbeln und Rochlitz

Mehr aus Sachsen