Energiekrise Wohnungsgenossenschaft Dippoldiswalde schränkt Warmwasserversorgung ein
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Aus dem Wasserhahn kommt nur lauwarmes Wasser, die Heizung bleibt kalt: Was bisher nur bei Störungen passierte, gehört für viele Mieter der Wohnungsgenossenschaft Dippoldiswalde im Landkreis Osterzgebirge-Sächsische Schweiz seit dem 1. Juli zum Alltag. Der Vorstand hat in einem Teil seiner Wohnungen die Versorgung mit Warmwasser und Wärme heruntergefahren. In den Sozialen Medien hat die Genossenschaft dafür Kritik geerntet.

Die Wohnungsgenossenschaft Dippoldiswalde im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge verringert wegen drastisch gestiegener Energiepreise die Versorgung mit Warmwasser. Betroffen von der seit Freitag, dem 1. Juli, laufenden Einschränkung seien knapp die Hälfte ihrer rund 600 Wohnungen. Diese werden mit Gas beheizt. Das erklärte Genossenschafts-Vorstand Falk Kühn-Meisegeier am Montag MDR SACHSEN.
Heizung bleibt bis September aus, Warmwasser fließt nur zu Stoßzeiten
Das warme Wasser für Küche und Bad ist in knapp 300 von insgesamt 600 Wohnungen der Genossenschaft nicht mehr wie gewohnt rund um die Uhr, sondern nur noch zeitweise verfügbar. Nach der Regelung bleibt Warmwasser in den Hauptnutzungszeiten am Morgen, Mittag und am Abend verfügbar. Laut einem Facebook-Post, der einen Aushang des Vermieters zeigt, ist warmes Wasser zwischen 8 und 11 Uhr und von 13 bis 17 Uhr eingeschränkt, am Wochenende von 13 bis 16 Uhr. Zwischen 21 Uhr und 4 Uhr morgens kommt es ebenfalls kühler aus dem Hahn. Ganz kalt wird das Wasser jedoch nicht, denn im Kessel bleibt es längere Zeit warm.
Eine Regelung, die vor allem Nichtberufstätige betreffen dürfte. Zudem wird die Heizung bis September gar nicht mehr angedreht.
Vorstand will Mieter "nicht gängeln"
"Es geht nicht darum, die Mieter zu gängeln, sondern sich auf das einzustellen, was wir im nächsten Jahr vielleicht sonst nicht mehr bezahlen können", sagte Kühn-Meisegeier am Montag. Es gehe lediglich um einen Beitrag, sich ein wenig einzuschränken: "Wir wollen, dass Mieter gut durch diese Krise kommen. Das Leben ist so schon teuer genug." Im Gespräch mit MDR SACHSEN ergänzte er: "Wir wollen, dass unsere Leute im nächsten Jahr keinen Schreck bekommen, wenn sie auf ihre Nebenkosten-Abrechnung schauen."
Es geht nicht darum, die Mieter zu gängeln, sondern sich auf das einzustellen, was wir im nächsten Jahr vielleicht sonst nicht mehr bezahlen können.
Vorauszahlung für Versorger haben sich vervierfacht
Nach Kühn-Meisegeiers Angaben muss die Genossenschaft beim örtlichen Energieversorger in Vorkasse gehen. Statt mit rund 100.000 Euro Vorauszahlungen wie für das Jahr 2021 rechne die Genossenschaft für das Jahr 2022 nun mit 400.000 Euro, sagte Vorstand Kühn-Meisegeier MDR SACHSEN.
Kritik wegen Drosselung in sozialen Medien
Bei den Mietern stoßen laut Genossenschaft die Einsparungen auf Verständnis. Allerdings beziehe die Genossenschaft in sozialen Medien derzeit "virale Dresche". So postete ein Facebook-User die Ankündigung des Vorstandes und schrieb dazu: "Frei nach Hildegard Knef: So langsam geht's bergab". Der Vorstand verteidigt sich dagegen mit dem Argument: "Bei uns wohnen keine Einkommensmillionäre. Die Leuten müssen einfach die Preisspirale bewältigen können." Der Vorstand werde nun den Effekt der Energiedrosselung jeden Monat mit Blick auf die Zähler abschätzen.
Mieterbund in Sachsen hält Vorgehen für rechtswidrig
Florian Bau, Sprecher des sächsischen Landesverbandes des Deutschen Mieterbundes, hält das Vorgehen der Dippoldiswalder Wohnungsgenossenschaft hingegen für "nicht mit dem Mietrecht vereinbar". Der Mietrechtsexperte sagte auf Nachfrage: "Für das Vorgehen gibt es bisher keine Rechtsgrundlage. Nach geltendem Mietrecht wird eine 24-Stunden-Versorgung mit Warmwasser für eine mangelfreie Wohnung vorausgesetzt." Bei stundenweiser Aussetzung der Versorgung wie im Fall Dippoldiswalde "wird die Wohnung mangelhaft."
Für das Vorgehen gibt es bisher keine Rechtsgrundlage. Nach geltendem Mietrecht wird eine 24-Stunden-Versorgung mit Warmwasser für eine mangelfreie Wohnung vorausgesetzt.
Laut Bau haben betroffene Mieter Anspruch darauf, dass der Mangel abgestellt wird. Bau rät Betroffenen, zunächst einen Brief an die Genossenschaft zu schreiben, dass sie mit der eingeschränkten Warmwasserversorgung so nicht einverstanden sind. "Ansonsten können sie gegebenenfalls die Miete mindern oder ihr Recht mit gerichtlicher Hilfe durchsetzen", sagte Bau, der auch Rechtsberater beim Mieterverein Dresden ist.
MDR (wm), dpa
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 04. Juli 2022 | 16:00 Uhr
Hobby-Viruloge007 am 06.07.2022
Danke nach Dippoldiswalde für das Vorangehen. Die jetzige Diskussion ist typisch für unser Land. Energie wird absehbar so teuer, dass viele Normalverdiener Probleme haben werden die Rechnung zu bezahlen.
Neben dem Preisproblem steht noch die Frage, ob das Gas über den Winter reicht. Danach sieht es aber eher nicht aus.
Macht es dann nicht Sinn, bereits heute zu sparen (oder N2 in Betrieb zu nehmen) . Sparen möchte die Politik im Moment aber anscheinend (noch) nicht .....
THOMAS H am 05.07.2022
hilflos: Ich kann Ihre Zeilen nicht nachvollziehen, aber mit dem schwächsten Gesellschaftskettenglied meine ich die schon mehrmals erwähnten zu Pflegenden. Diese sind meist in einem Alter, welches zeigt, das sie die gewesen sind, die den Aufbau der Gesellschaft bewerkstelligt haben. Sie dürfen nun nicht darunter leiden, weil der heutige jüngere Gesellschaftsteil Maßnahmen ergreift, die Sie als nicht den schlechtesten Weg für die Mehrheit bezeichnen.
Wie schon geschrieben: Ihre vorstehenden Kommentarzeilen kann ich nicht nachvollziehen!?
hilflos am 05.07.2022
Dann hätten sie oder die betroffenen Personen die eigenen Möglichkeiten halt anders einsetzen müssen. Vielleicht haben ihre Eltern lieber dickere Geschenke gemacht, oder lieber Urlaub gemacht, statt Wohneigentum zu besorgen, vollkommen egal, es ist bedauerlich, aber wir leben plötzlich im Kapitalismus. Allerdings gehören ihre Leute dann offenbar nicht zu denen, die nicht eingeschränkt werden dürfen, weil wir Schuld oder etwas anderes auf uns geladen haben