Demo IPO stoppen
Eine Bürgerinitiative hatte am Sonnabend in Pirna zu einer Kundgebung gegen die aktuellen Pläne für ein neues Gewerbe- und Industriegebiet zwischen Pirna, Heidenau und Dohna aufgerufen. Bildrechte: Katalin Valeš

Kundgebung Initiative gibt Kampf gegen Industriepark am Barockgarten Großsedlitz nicht auf

06. Mai 2023, 19:40 Uhr

Zu groß, zu teuer und zu schlecht angebunden: Seit Jahren kritisiert eine Bürgervereinigung aus Pirna, Dohna und Heidenau den geplanten Industriepark Oberelbe (IPO) am Barockgarten Großsedlitz. Die Beteiligten halten die Pläne für überdimensioniert und sehen sie als ein Problem für den Natur- und Lärmschutz. Mit einer Demo will die Initiative das Thema wieder stärker ins Gespräch bringen. Ein prominentes Gesicht unterstützte den Protest auf dem Marktplatz in Pirna.

Etwa 200 Menschen sind am Sonnabend dem Aufruf einer Bürgerinitiative gefolgt und haben auf dem Marktplatz in Pirna gegen die Pläne für ein neues Industrie- und Gewerbegebiet im Dreieck Pirna-Dohna-Heidenau demonstriert.

Für den Industriepark Oberelbe sollen 270 Hektar Land umgestaltet werden, 140 davon zu Gewerbe- und Industrieflächen. Mit der Demonstration wollten die Organisatorinnen und Organisatoren die öffentliche Diskussion um die Pläne zum Industriepark Obere Elbe wieder ankurbeln. Seit Jahren verharrt das Projekt in der Vorplanung.

Demo IPO stoppen
Der Marktplatz in Pirna war am Sonnabend mit etwa 200 aufmerksamen Zuhörerinnen und Zuhörern gut gefüllt. Bildrechte: Katalin Valeš

Zu groß, zu teuer und zu schlecht angebunden

Die Liste der Sorgen und Gegenargumente der Bürgerinitiative ist lang. "Der Industriepark soll auf der grünen Wiese gebaut werden. Es gibt keine S-Bahn oder Eisenbahnanbindung und es wird überdimensional geplant", kritisiert Ingo Düring, einer der Sprecher der Bürgerinitiative "IPO stoppen" die Pläne. Zudem würde das Projekt den Mittelstand schädigen, da es in Zeiten von Arbeitskräftemangel lediglich eine Verteilung von qualifizierten Arbeitskräften geben könne und nicht neue Arbeitsplätze damit geschaffen würden.

Da bislang ungewiss ist, welche Industrie sich konkret auf dem Gebiet ansiedeln soll, ist die Sorge vor Lärm- und Geruchsbelästigung sowie Hochwasser aufgrund von neuversiegelter Flächen groß. Düring verweist auf Studien und Berechnungen, die aufzeigen würden, dass der Industriepark nicht kostendeckend geplant und umgesetzt werden könne. Daher befürchtet er, dass letztendlich die Kommunen einspringen müssen.

Auch mögliche Umweltschäden führt die Initiative an: "Wir befürchten eine massive Veränderung der Umgebung sowie sehr viele Umweltschäden und negative Auswirkungen für die Menschen aus Pirna, Dohna und Heidenau", so Ingo Düring.

Kabarettist Peter Flache
Mit seinem Auftritt zum Abschluss der Kundgebung auf dem Marktplatz in Pirna möchte Kabarettist Peter Flache den Protest untersützen. Bildrechte: Katalin Valeš

Kabarettist unterstützt den Protest

Mit kurzen Statements und seinem Lied "Man weeß es ni" unterstützte Kabarettist Peter Flache den Protest gegen die derzeitigen Pläne zum Industriepark Oberelbe. Damit traf er den Geschmack der Anwesenden und sorgte zum Schluss der Kundgebung für gute Stimmung. Zu MDR SACHSEN sagte Flache: "Ich bin nicht gegen die Industrie, sondern ich bin hier, weil ich die Menschen unterstütze, die sich mit einer vehementen Leidenschaft für den Erhalt unserer Kulturlandschaft einsetzen. Wir stehen auf den Schultern unserer Vorfahren und nur wer das weiß, aus welcher Geschichte er kommt, kann auch für die Zukunft fruchtbar sein."

Ich bin nicht hier, weil ich gegen die Industrie bin, sondern weil ich die Menschen unterstütze, die sich für Heimat- und Kulturschutz einsetzen.

Peter Flache Kabarettist

Barockgarten Großsedlitz
Der Barockgarten Großsedlitz ist deutschlandweit als Gartendenkmal bekannt. Kritiker halten die geplante Nähe des Industrieparks für bedenklich. Bildrechte: IMAGO / Sylvio Dittrich

Sorge um Barockgarten Großsedlitz

Thomas Klinger, Stadtrat in Dohna und Verbandsrat im Zweckverband IPO (Industriepark Obere Elbe), sorgt sich in erster Line um die Konsequenzen für den Barockgarten Großsedlitz.

Als Gartendenkmal sei die Einbettung in die umgebende Landschaft besonders von Bedeutung. Daher engagiert auch Klinger sich gegen die derzeit vorliegenden Pläne des Industrieparks. "Aus meiner Sicht spricht die Nähe zum Barockgarten Großsedlitz, einem mehr als 300 Jahre alten Kulturdenkmal, gegen die derzeitigen Pläne für den Industriepark."

Der Plan sehe lediglich eine Entfernung von 500 Metern vor, was eine "Missachtung des denkmalpflegerischen Umgebungsschutzes" darstelle. "Es ist ein Skandal, der im selbsternannten Kulturland Sachsen nicht tragbar ist".

Als touristische Sehenswürdigkeit sei der Barockgarten deutschlandweit bekannt. Durch die Industrieparkplanungen sei er aber "aufs gröbste gefährdet" - unter anderem weil die Blickachse zum Königstein im Elbsandsteingebirge massiv gestört werden könnte.

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz sieht die Pläne ebenfalls kritisch. Im November hatte sich die Stiftung mit Sitz in Bonn mit einem Brief an die Bürgermeister der Städte Heidenau, Pirna und Dohna gewandt und eindringlich dazu gemahnt, mit Rücksicht auf den denkmalgeschützten Barockgarten in Großsedlitz die Planung einzustellen.

Bürgerinitiative wirft Zweckverband intransparente Kommunikation vor

Ingo Düring von der Bürgerinitiative ist auch darüber frustriert, wie wenig die Bürgerschaft in die Planungen einbezogen wird: "Die Bürgerschaft wurde zum Beispiel aus Stadtratssitzungen in Dohna und Heidenau, in denen der aktuelle Stand vorgestellt wurde, ausgeschlossen. Für eine nicht öffentliche Sitzung lag aber kein sachlicher Grund vor. Und auch in der vergangenen Woche war in einer Informationsveranstaltung für die Stadträte aller drei Städte keine Bürgerschaft zugelassen. Doch die Öffentlichkeit hat ein Recht auf Informationen zu solchen Planverfahren", sagte Düring in seiner Rede auf dem Marktplatz in Pirna und erhielt dafür Applaus.

Auflösung des Zweckverbandes Industriepark Obere Elbe gefordert

Die Bürgerinitiative fordert nun die Auflösung des Zweckverbandes Industriepark Oberelbe, der den Industriepark plant. Somit hätten Ingo Düring zufolge die Kommunen die Planung wieder in der eigenen Hand und würden bürgernah und bedarfsgerecht planen können: "Wir hatten die ganzen Jahre versucht, auch über Alternativen zu sprechen. Das war jedoch nicht zielführend. Der Zweckverband ist ein eigenständiges Konstrukt, bei dem weder Stadträte noch Bürger mitsprechen können."

Große Visionen für die Region

Die Visionen für den geplanten Industriepark Obere Elbe sind groß: Mit den neuen Industrie- und Gewerbeflächen sollen zwischen 3.000 und 5.000 Arbeitsplätze geschaffen und wachstumsstarke Unternehmen sowie "Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts" angelockt werden, wie der für die Planung verantwortliche Zweckverband Industriepark Oberelbe auf seiner Internetseite für das Projekt wirbt. Bereits für 2025 sind laut Zweckverband die ersten Ansiedlungen geplant, von denen sich die Verantwortlichen unter anderem auch Gewerbesteuereinnahmen versprechen.

Konkrete Investoren stehen zurzeit offenbar jedoch noch nicht fest. Die Genehmigung des Bebauungsplans wird nicht vor 2024 erwartet. Derzeit werde nach Informationen von MDR SACHSEN mit Gesamtkosten von 168 Millionen Euro gerechnet. Die Vorplanung und verschiedene Gutachten - etwa zur Verkehrsanbindung, Wassermanagement oder Fledermäusen - sollen bislang etwa fünf Millionen Euro gekostet haben.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 06. Mai 2023 | 19:00 Uhr

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