Anhänger der Kleinstpartei Freie Sachsen halten ein Banner mit der Aufschrift "Schluss mit Illegaler Einwanderung Grenze Geschlossen Hranice Uzavřena.
Die Freien Sachsen demonstrieren gegen illegale Einwanderung nahe des Grenzübergangs in Schmilka. Bildrechte: picture alliance/dpa | Daniel Schäfer

Rechtsextreme Partei Extremismusforscher: Verbot der "Freien Sachsen" nicht durchsetzbar

10. November 2023, 06:30 Uhr

Die Freien Sachsen sind laut sächsischem Verfassungsschutz fester Bestandteil der rechtsextremistischen Szene in Sachsen. Und es gibt immer wieder Überlegungen, die Partei zu verbieten. So hatte Sachsens Innenminister Armin Schuster kürzlich laut über ein Verbot nachgedacht. Die Freien Sachsen gehen dagegen juristisch vor. Der Extremismusforscher Piotr Kocyba hält ein Verbot für nicht durchsetzbar.

MDR-Volontär 2019/2021 Robin Hartmann
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Sie blockieren Fahrstreifen auf Grenzübergängen, inszenieren die Entführungen von Politikern, stellen die freiheitliche Demokratie infrage – auch auf Grund solcher Aktionen gibt es Überlegungen, die Freien Sachsen zu verbieten.

Trotzdem nutzt Martin Kohlmann, Parteichef der Freien Sachsen, aktuell die Wege der freiheitlichen Demokratie, um seine Partei zu schützen. Denn Kohlmann, der auch Rechtsanwalt ist, befürchtet, Sachsens Innenminister Armin Schuster will die Partei verbieten. Hausdurchsuchungen im Rahmen eines Verbotsverfahrens müssen laut Kohlmann beim Verwaltungsgericht beantragt werden. Deshalb hätten die Freien Sachsen dort bereits Schutzschriften hingeschickt. Und: "Zum andern haben wir uns zu einer recht ungewöhnlichen Maßnahme entschlossen. Wir haben vor dem sächsischen Verfassungsgericht einen Eilantrag auf Feststellung gestellt, dass der Innenminister nicht befugt ist, uns zu verbieten", sagt Kohlmann.

Während sich der sächsische Innenminister selbst zu den Überlegungen nicht äußern will, sehen Extremismusforscher keine großen Erfolgschancen für ein Parteiverbot. So reiche es nicht, eindeutig und gesichert als verfassungsfeindlich klassifiziert zu sein, sagt Piotr Kocyba vom Leipziger Else-Frenkel-Brunswik-Institut: "Es müsste auch belegt werden, dass diese Bewegung tatsächlich eine Bedrohung für die demokratische Grundordnung in Deutschland ist und davon sind die Freien Sachsen weit entfernt."

Dazu ist die Partei politisch noch zu unbedeutend. An ähnlichen Gründen war auch ein Verbotsverfahren gegen die NPD gescheitert, deren Mitglieder nun auch im Vorstand der Freien Sachsen aktiv sind. Für Kohlmann ist es kein Problem, wenn es zwischen den Parteien zu Überschneidungen kommt: "Die war auch eine durchaus nicht so einseitig ausgerichtete Truppe, wie man das vielleicht in der Propaganda von anderen wahrgenommen hat."

Freie Sachsen der äußersten rechten zuzuordnen

Der Fakt, dass die Freien Sachsen für Autonomie des Freistaats in der Bundesrepublik kämpfen, ist für Kohlmann außerdem eine klare Abgrenzung zum Rechtsextremismus: "Für diese Forderung, wäre man in den 30er-Jahren sicher in manch berüchtigter Einrichtung gelandet. Da kann man nun schwerlich sagen, dass das nationalsozialistische Forderungen sind."

Extremismusforscher Kocyba ordnet aber ein, dass dieses Argument für eine Bewertung nicht zieht. Rechte heute wie damals müssen nicht die gleichen Ziele verfolgen, um als politisch rechts zu gelten: "Deswegen spricht man auch von den Neuen Rechten, auch von Neonazis, nicht von Nationalsozialisten. Das sind teilweise auch unterschiedliche Bewegungen. Man darf aber auch nicht vergessen, dass auch während des Nationalsozialismus die komplette äußerste Rechte nicht einheitlich aufgetreten ist."

Dennoch zeige das teilweise bedrohliche Auftreten bei Demonstrationen und das Ablehnen von demokratischen Werten, dass die Partei der äußersten Rechten zuzuordnen ist, sagt Kocyba.

Köditz: Diskussion um Verbot zu spät

Für die Linken-Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz kommt die Diskussion um ein Verbot der Freien Sachsen zu spät. Denn gefährlich sei die Partei auf den Straßen und nicht in den Parlamenten. Für Köditz auch mit Blick auf nächstes Wahljahr: "Für sächsische Verhältnisse halte ich es schwer, für eine neue Partei, jetzt so aus dem Stand, mit Konkurrenz AfD, in den Landtag einzuziehen. Da mache ich den Freien Sachsen definitiv keine Hoffnung."

Dennoch befürchtet die Politikerin, dass die Partei im nächsten Jahr das gesamte Wahlkampfgeschehen massiv beeinflussen wird.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 10. November 2023 | 06:10 Uhr

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