Handwerk Kritik an Regierung: "Wo es nicht reicht, da gehen sie in die Politik"

Viele in der Handwerkerschaft treibt die Angst vor der Zukunft um. Rezession, Wirtschaftsabschwung, das kann sehr schnell die guten und fetten Jahre beenden. Wir haben zwei Handwerker portraitiert, die sich zu ihrer aktuellen Situation, ihren Sorgen äußern und eine Wirtschaftssoziologin interviewt, die von einem Jahrzehnt der aufgestauten Probleme spricht.

Ein Mann steht in einem großen Raum neben einer Anlage, in der Hand hält er ein Cuttermesser
Installateurmeister Andreas Lang hält viele politische Entscheidungen für lebensfern. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

  • Installateur Andreas Lang ist seit 25 Jahren selbstständig. Von der Politik ist er enttäuscht, viele Entscheidungen kann er nicht nachvollziehen.
  • Friseurmeisterin Susanne Leyer kämpft mit steigenden Kosten. Auf ihre Kunden will sie diese nicht komplett umlegen. Für Bedürftige schneidet sie Haare kostenlos.
  • Die Soziologin Konstanze Senge von der Universität Halle-Wittenberg sagt, die Politik müsse auf Krisen anders reagieren

Andreas Lang ist Installateur, Innungsobermeister in Chemnitz. Eigentlich läuft das Geschäft. Er baut mit seinen Angestellten moderne Belüftungsanlagen, aber auch Regenwasser-Auffangsysteme oder moderne Heizungen. Aufträge hat er bis zum Jahr 2024.

Was ihm Sorgen mache, sagt er, sei die finanzielle Situation, in der sich die Menschen befinden. Vor allem Gewerbetreibende gehörten zu seinen Kunden. "Wenn die keine Einnahmen mehr haben, können die keine Investitionen mehr machen, auch wenn die Arbeiten notwendig sind, weil vielleicht gar kein Geld mehr dafür da ist."

Installeurmeister Andreas Lang
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Klempnermeister ist schlecht auf Politik zu sprechen

Lang ist seit 1997 selbstständig. Er rechnet mit einem tiefen Fall in der Wirtschaft und ist einigermaßen schlecht auf die Politik zu sprechen. "Heute hat man das Gefühl, wo es nicht reicht, da gehen sie in die Politik", sagt er.

In der Schule, so sein Eindruck, hätten Politiker "Seifenblasen und sonst was gelernt. Aber mit Seifenblasen macht man keine Wirtschaft. Grün und Wirtschaftsministerium, das kann man nicht in einem Satz sagen", so Lang. Aufgeben will er aber nicht. Er sieht sich als Machertyp.

Ein Mann steht in einem großen Raum neben einer Anlage 4 min
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4 min

Handwerker Andreas Lang ist seit 25 Jahren Selbstständig. Von der Politik ist er enttäuscht, viele Entscheidungen kann er nicht nachvollziehen.

Mo 10.10.2022 13:40Uhr 03:57 min

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/chemnitz/chemnitz-stollberg/video-sorgen-finanzen-handwerk-100.html

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Friseurmeisterin fühlt sich im Stich gelassen

Am Görlitzer Bahnhof steht das flache Gebäude der Bahnhofsmission, in dem Susanne Leyer alle paar Wochen die Haare bedürftiger Menschen schneidet. Die Zeit nehme sie sich, sagt sie. Sie hat drei Salons in Görlitz, Ostritz und Bertsdorf. "Die Politik läuft nicht rund."

Eine Frau steht hinter einem sitzenden Mann. In einer Hand hält sie einen Kamm, mit der anderen macht sie eine erklärende Bewegung
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Finanzielle Einschnitte hatte sie schon in der Corona-Zeit, sie habe jetzt schon wieder vorsorglich Kurzarbeitergeld für ihre Angestellten beantragt. Künftig will sie einen ihrer Salons mit einem anderen zusammenzulegen.

"Der Staat ist nicht für alles verantwortlich, natürlich muss die Bevölkerung ihren Teil dazu leisten. Aber trotzdem brauche ich die Unterstützung. Ich fühle mich im Stich gelassen. Das ganze Handwerk. Ich muss es stemmen, aber ich kann das nicht Eins zu Eins auf meine Kunden umlegen", sagt Leyer. Aber auch bei ihr gilt, die Selbständigkeit will sie nicht aufgeben.

Eine Frau schneidet einem Mann die Haare 4 min
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Krisen hemmen die Menschen

Die Politik habe wenig dazu gelernt, sagt Professor Konstanze Senge von der Universität Halle-Wittenberg. Zum Zeitpunkt des Interviews weilt sie in Kalifornien an der Universität Berkley. Seit 2008 reihten sich die Krisen aneinander. Angefangen mit der Finanzmarktkrise bis hin zur Klimakrise.

Das führe zu Unsicherheit und Ungewissheit. Wählerinnen und Wähler müssten dort anders abgeholt werden, fordert Senge. Die Wirtschaftssoziologin spricht davon, dass die Gesellschaft grundlegend von Emotionen geprägt sei. Nur mit Zuversicht und Hoffnung würden in Zukunft die Menschen investieren und auch ihr Geld riskant anlegten. Diese Emotionen müsse die Politik berücksichtigen.

Eine Frau mit Brille und offenen Haaren sitzt in einem großen Zimmer 5 min
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MDR (ms/lam)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 11. Oktober 2022 | 07:00 Uhr

1 Kommentar

Guter Schwabe vor 24 Wochen

Herr Lang hat nur bedingt Recht. Wenn er sagt, wo es nicht reicht gehen sie in die Politik.

Wenn ich mir z.B Lang (Grüne) und Kühnert (SPD) anschaue, haben diese beiden es sogar noch zu mehr gebracht, als (mal milde ausgedrückt: ungelernt) nur in die Politik zu gehen.

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