Lupe lehnt an altem Buch
Immer wieder versuchen Betrüger, mit gefälschten Büchern und unseriösen Geschäften Geld zu machen. (Symbolbild) Bildrechte: IMAGO / agefotostock

Abzock-Masche Fragen und Antworten zum Bücherbetrug in Thüringen

12. November 2022, 05:00 Uhr

Immer wieder kommt es in Thüringen zu Betrug bei Haustürgeschäften, unter anderem mit dem Handel von Büchern. Die Verbraucherzentrale Thüringen (VZTH) und die Polizei mahnen zur Vorsicht und raten von Käufen und Verkäufen ab.

Waldemar E. aus Bad Salzungen ist Büchersammler und war treuer Kunde eines Buchclubs. Über viele Jahre hat er Lexika und Prachtausgaben gesammelt. Ganz unverhofft standen im Mai zwei Vertreter vor seiner Tür - mit einem vermeintlichen "Superangebot". Einerseits wurde ihm gesagt, er könne einige seiner Werke gewinnbringend an Investoren verkaufen. Andererseits sollte er selbst einen Kredit aufnehmen, um rund 60.000 Euro in drei weitere Bücher zu investieren.

Waldemar E. nahm einen Kredit auf, einen zweiten über 50.000 Euro unterschrieb er nicht. Seitdem sind die angeblichen Vertreter nicht mehr erreichbar. Betrug mit Büchern als Masche - auch in Thüringen längst kein Einzelfall mehr.

Wer ist Ziel von Betrug mit Büchern?

Wie die Verbraucherzentrale Thüringen (VZTH) auf MDR-Anfrage mitteilte, sind neben dem Fall von Waldemar E. landesweit mehrere Fälle von Bücherbetrug bekannt, unter anderem auch in Jena, Erfurt, Mühlhausen, Weimar, Gera, Altenburg und Rudolstadt. Es handelt sich also nicht nur um ein lokal begrenztes Phänomen. Laut VZTH verhalten sich die Vertreter in solchen Situationen sehr professionell. Mehrfach sei von Opfern geschildert worden, dass die Gespräche höflich und angenehm verliefen. Am Wohnzimmertisch seien Beziehungen aufgebaut worden, um sich Treffen für Treffen das Vertrauen der Opfer zu erschleichen. Vielfach würden die Vertreter auch aus ihrem eigenen - angeblichen - Privatleben erzählen. Das Bedürfnis gerade älterer Menschen nach Gesellschaft und Kommunikation werde so gekonnt ausgenutzt.

Nach Erfahrungen der Polizei sind vor allem "bibliophile Sammler" von unseriösen Bücherangeboten betroffen. Also in erster Linie Privatpersonen, die seltene, besonders schöne oder aus anderen Gründen wertvolle Bücher sammeln. Die Maschen variierten von Fall zu Fall. Regelmäßig würden beispielsweise Wertsteigerungen versprochen, etwa durch das Ergänzen einer bereits bestehenden Sammlung. Derartige Versprechungen und mögliche Wertsteigerungen seien im Vorfeld aber nicht ermessbar. Zudem werden Sammlern auch gefälschte Bücher angeboten, die zum Beispiel nicht die versprochene Erstausgabe eines Werkes darstellen, sondern lediglich eine Kopie.

Wie viele Fälle von Bücherbetrug sind bisher bekannt?

Eine explizite statistische Erfassung von Straftaten im Bereich Bücherbetrug gibt es nach Polizeiangaben nicht. Die Verbraucherzentrale schätzt, dass es eine hohe Dunkelziffer gibt. Diejenigen, die den Weg in die Beratungsstellte wählen, seien oftmals nur die "Spitze des Eisberg".

Hinzu komme, dass die Täter und besagten Firmen sehr schwer greifbar seien. Laut VZTH sei den Betroffenen oft gar nicht klar, mit welchem Unternehmen sie es genau zu tun haben, oder der Firmensitz lasse sich nicht verifizieren. Dementsprechend schwierig gestalte sich auch die Kontaktaufnahme, etwa wenn es darum geht, bereits gezahltes Geld zurückzufordern. Eine Antwort sei in den meisten Fällen nicht zu erwarten.

Wie die Verbraucherzentrale auf MDR-Anfrage schreibt, hat die bisherige Berichterstattung zum Thema Bücherbetrug bereits präventiv gewirkt. So habe sich etwa eine Dame aus Erfurt gemeldet, um sich zu erkundigen, ob eine gewisse Kunstkanzlei eine seriöse Firma sei. Nach Recherchen konnten aber weder ein Eintrag im Handelsregister noch Informationen zur Firma gefunden werden.

Der Anrufer hatte der Erfurterin angeboten, ihre Faksimile-Sammlung und mehrere Publikationen von Bertelsmann gegen Provision zu verkaufen. Er behauptete, dass ein Verkauf ohne seine Vermittlung sonst nur noch im Ausland möglich sei. Die Dame fand das interessant, war aber von einer Bekannten vor der Masche gewarnt worden, die in der Zeitung davon gelesen hatte. Woher der Anrufende von der Sammlung wusste, blieb unklar.

Welche Vorsichtsmaßnahmen können getroffen werden?

Grundsätzlich ist bei Geschäften an der Haustür immer Vorsicht geboten. Da die dubiosen "Händler" offenbar gut über ihre potentiellen Kunden Bescheid wissen, raten Polizei und Verbraucherzentrale, Vertreter erst gar nicht ins Haus zu lassen. Wer dennoch zu einem Kauf überredet wurde und das im Nachhinein bereut, kann den Vertrag innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Im Idealfall erfolgt der Widerruf schriftlich in Form von Einschreiben mit Rückschein. Die VZTH kann bei Bedarf dabei helfen. Die vierzehntägige Frist läuft erst ab Erhalt der Ware.

Kontakt zur Verbraucherzentrale Thüringen Ein Termin bei der Verbrauchzentrale kann unter der zentralen Servicenummer 0361 555-140 (Es fallen die üblichen Kosten für einen Anruf ins deutsche Festnetz an) vereinbart werden. Unter www.vzth.de/telefonberatung-th ist es außerdem möglich, einen Termin für eine telefonische Beratung per Rückruf zu reservieren.

Wurde man als Käuferin oder Käufer nicht oder nur unvollständig über das Widerrufsrecht belehrt, kann der Vertrag auch noch nach Ablauf der 14 Tage widerrufen werden - spätestens aber zwölf Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss. In bestimmten Fällen wird auch zur Anzeige bei der Polizei geraten.

Besteht dennoch ein Kaufinteresse, sollte nie per Vorkasse bezahlt werden - also vor Erhalt der Ware. Zudem wird geraten, auch auf das korrekte Datum und die Unterschriften zu achten. Ein fehlendes oder falsches Datum erschwert laut Polizei gegebenenfalls die Durchsetzung des Widerrufsrechts. Darüber hinaus sollte nichts unter Zeitdruck unterschrieben werden - oder etwas, das nicht vollständig verstanden wurde.

Ist ein Kaufvertrag unterschrieben worden, sollte eine Vertragsdurchschrift gefordert werden, auf der Name und Anschrift des Vertragspartners deutlich lesbar sind. Auch Nachbarn oder Bekannte beim Vertragsschluss als Zeugen hinzuzuziehen, kann im Nachhinein ein Vorteil sein. Wurde an der Haustür beispielsweise ein Kauf von teuren Faksimile - also originalgetreuen Nachbildungen von Büchern - oder Lexika abgeschlossen, muss mit weiteren Vertreterbesuchen gerechnet werden.

Ist der unseriöse Handel mit Büchern strafbar?

Das kommt auf den konkreten Fall an. Die Polizei teilte auf MDR-Anfrage mit, dass sich die Verkäufer - je nach Art und Weise der Fälschung - gegebenenfalls nach § 263 des Strafgesetzbuches wegen Betruges strafbar machen.

Zum Aufklappen: § 263 Strafgesetzbuch - Betrug

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1. gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,

2. einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,

3. eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,

4. seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5. einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

Quelle: gesetze-im-internet.de

In einem Fall aus Erfurt wurden deshalb Ermittlungen eingeleitet. Dort ist ein Ehepaar Opfer von Betrügern geworden. Seit Februar 2022 tauchten immer wieder verschiedene Vertreter an ihrer Wohnungstür auf. Sie schlossen mit dem Paar auf betrügerische Art und Weise Kaufverträge für Bücher und Kredite ab und gaben an, vorhandene Bücher registrieren und verkaufen zu wollen. Die Unbekannten brachten das Paar so um rund 50.000 Euro.

Sind Bücher als Wertanlage geeignet?

Die Verbraucherzentrale Thüringen hält Bücher und Faksimiles als Wertanlage nur "sehr bedingt" für geeignet. Demnach können sie nur ganz selten zu dem Preis weiterverkauft werden, zu dem sie erworben worden sind. Vor dem Kauf empfiehlt sie deshalb eine Beratung durch ein namhaftes Fachgeschäft oder ein Antiquariat. Wirklich wertvolle Bücher werden laut VZTH nicht an der Haustür verkauft.

MDR (cfr)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Haase und Waage am Vormittag | 28. November 2022 | 11:00 Uhr

7 Kommentare

milbe am 13.11.2022

>"Zudem werden Sammlern auch gefälschte Bücher angeboten, die zum Beispiel nicht die versprochene Erstausgabe eines Werkes darstellen, sondern lediglich keine Kopie." Was heißt "lediglich keine Kopie"? Also doch die versprochene Ware? Es gibt keinen richtigen Sinn.

Wagner am 13.11.2022

Richtig - wertvolle Bücher werden nicht an der Haustüre oder so mal zwischendurch getauscht oder gehandelt.

Sia am 12.11.2022

Die Bank interessiert sind für gewöhnlich nicht für den Grund des Kredits, sondern nur dafür, ob der Kredit zurückgezahlt werden kann.
Ihr Fall hat auch nichts mit einem Kredit zu tun, sondern damit, dass es sich bei ihnen um eine gehackte Überweisung gehandelt haben könnte. In so einem Fall hätte ihnen die Bank das Geld erstatten müssen. Bei einem Kredit bekommt sie das Geld meistens wieder.

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