Ministerpräsident Bodo Ramelow im Gespräch mit dem Fraktionsvorsitzenden der CDU im Thüringer Landtag Dr. Mario Voigt
Bodo Ramelow (Linke) und Mario Voigt (CDU) im Thüringer Landtag. (Archivbild) Bildrechte: IMAGO/Jacob Schröter

Finanzen Ramelow und Voigt wollen Thüringer Haushalt noch vor Weihnachten beschließen: Das bleiben die Knackpunkte

01. Dezember 2023, 18:31 Uhr

Nach einem Krisentreffen von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) und CDU-Chef Voigt stehen die Chancen für einen Thüringer Haushalt vor Weihnachten besser. Doch diese Knackpunkte bleiben.

Aktuelle Nachrichten des Mitteldeutschen Rundfunks finden Sie jederzeit bei mdr.de und in der MDR Aktuell App.

Ein Haushaltskompromiss für 2024 wird nach einem Treffen von CDU-Fraktionschef Mario Voigt und Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) wahrscheinlicher. Beide brachten am Freitag nach einem mehrstündigen Treffen eine mögliche Verabschiedung des Haushalts kurz vor Weihnachten ins Gespräch. Diskutiert wird bei den Fraktionen dafür der 20. und 21. Dezember.

"Nach dem Gespräch ist mein Optimismus gestiegen", sagte Ramelow. Und Mario Voigt bekräftigte: "Ich möchte, dass wir einen Haushalt hinbekommen."

Regierung auf CDU angewiesen

Ramelows rot-rot-grüne Regierungskoalition hat keine eigene Mehrheit im Landtag. Sie ist auf Kompromisse mit der Opposition angewiesen. Die Regierung hatte der CDU zu Wochenbeginn Kompromissvorschläge bis hin zum Verzicht auf eine Verfassungsklage gegen die von ihr durchgesetzte Senkung der Grunderwerbsteuer gemacht. Voigt hatte daraufhin Ramelow zum Gespräch eingeladen.

Reserve soll nicht aufgebraucht werden

Der Regierungsentwurf für den Etat im Superwahljahr 2024 hat bisher ein Rekordvolumen von 13,8 Milliarden Euro. Die CDU besteht laut Voigt darauf, dass das Land dafür nicht all seine Reserven für schlechte Zeiten aufbraucht. Ramelow sprach davon, dass in der Finanzreserve Anfang 2024 zunächst 250 Millionen Euro blieben, Ende 2024 sollen es dann etwa 700 Millionen Euro sein, mit denen die neue Regierung rechnen könne. Am 1. September wird in Thüringen ein neuer Landtag gewählt.

CDU beharrt auch auf Einsparungen

Voigt machte nach dem Treffen außerdem deutlich, seine Fraktion bestehe nach wie vor auf weitere Einsparungen. Zahlen nannte er nicht. Nach Informationen der "Deutschen Presseagentur" geht es dabei aber nicht nur um die von der Regierung angebotene "globalen Minderausgabe" - quasi ein Einsparbetrag von 150 Millionen Euro im Jahresverlauf. Sondern auch um weitere 100 Millionen Euro. Der Haushalt soll den Haushaltspolitikern demnach formal auf etwa 13,7 Milliarden Euro sinken.

CDU will auch Landesaufnahmeprogramme für Flüchtlinge stoppen

Zudem will die CDU keine zusätzlichen Stellen im Landesdienst - schon gar keine hochdotieren - sowie ein Entgegenkommen von Rot-Rot-Grün bei ihren Forderungen in der Flüchtlingspolitik. Dazu gehört der Stopp von Landesaufnahmeprogrammen für Afghanen und Syrer. "Es muss sich grundsätzlich etwas ändern in der Landespolitik, damit Thüringen zu einem Haushalt kommt", sagte Voigt.

Ramelow sprach hingegen von "Klärungsbedarf in einigen Randbereichen". Ihm gehe es in der Migrationspolitik vor allem darum, dass mehr Geflüchtete schnell in Arbeit kämen.

Ausschuss wartet: Regierung soll erst einmal nachbessern

Der Haushaltsausschuss des Landtags vertagte seine eigentlich für Freitag geplante Entscheidung über etwas mehr als 500 Änderungsanträge, die bereits vorliegen. Er wartet damit die Korrekturen ab, die die Regierung noch vorlegen wird. Wie Ausschussvorsitzender Volker Emde der "Deutschen Presseagentur" sagte, soll der der Ausschuss stattdessen am 14. Dezember zusammenkommen.

Laut Ramelow wird sich das Kabinett am kommenden Dienstag mit den Ergebnissen des Gesprächs befassen. Einigkeit scheint nach dem Treffen nach Angaben beider Seiten darin zu bestehen, Thüringens Corona und Energie-Hilfsfonds nicht sofort, sondern erst im Verlauf des Jahres 2024 aufzulösen. Aus dem sogenannten Sondervermögen sollen 200 Millionen Euro in die Finanzreserve fließen.

Ramelow erwartet "keine wilde Abstimmung"

Ramelow sagte am Freitag: "Ich gehe davon aus, dass es im Landtag zu keiner wilden Abstimmung über den Haushalt kommt." Theoretisch könnten auch CDU, AfD und FDP gemeinsam einen Haushalt gegen die Minderheitskoalition beschließen. Es wäre jedoch ein Novum, dass die Opposition in einem Bundesland einen Haushalt beschließt - mit unwägbaren Folgen.

Nach Angaben von Mario Voigt könnte es in der zweiten Hälfte der kommenden Woche ein zweites Treffen zwischen den Politikern geben.

Regierungsfraktionen verhalten - AfD mit Kritik

Die Regierungskoalitionen im Landtag von Rot-Rot-Grün reagierten nach dem Treffen eher nüchtern. Nach Ansicht der Linken ergeben sich aus dem Treffen einige Arbeitsaufträge an die Koalition. Die Grünen gehen davon aus, dass es wieder ein Beschluss unter Zeitdruck wird. Einig sind sich aber auch die Fraktionen von Linke, SPD und Grüne darin, dass der Haushaltsabschluss bis kurz vor Weihnachten machbar ist.

AfD-Fraktionschef Björn Höcke warf Voigt und Ramelow Hinterzimmerpolitik vor. Sie würden "einen über Jahrzehnte eingespielten parlamentarischen Prozess" aushebeln. Monatelang sei Zeit gewesen. Seit Mitte September liegt der Etatentwurf im Landtag.

Verbände machen Druck

Gleichzeitig machen auch der Deutsche Gewerkschaftsbund und andere Verbände Druck auf die Thüringer Politik, dass der Haushalt bis zum Jahresende steht. Im sogenannten "Appell der Thüringer Zivilgesellschaft" fordern die Verbände einen pünktlichen Haushaltsbeschluss.

Denn viele der Verbände und Organisationen sind Träger von Projekten, die ohne Landeszuschüsse gefährdet sind - und sie bräuchten finanzielle Planungssicherheit. Allein bei der Liga der Freien Wohlfahrtspflege wären dann hunderte Stellen in Gefahr. Sollte sich der Haushaltsabschluss weiter hinziehen, wollen die Verbände auch über Protest nachdenken.

dpa/MDR (dst/wh)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 01. Dezember 2023 | 18:00 Uhr

4 Kommentare

Freies Moria vor 33 Wochen

Die einen Extremisten dulden, die anderen beschimpfen. Mehr erkenne ich bei der CDU nicht an Programm. Was für ein Unterschied zu Althaus und vorigen Regierungen!

Ralf G vor 34 Wochen

Die Forderungen der CDU klingen vernünftig. Insbesondere was die Verhinderung zusätzlicher Stellen im Landesdienst sowie den Stopp der Landesaufnahmeprogramme betrifft.

Gut, dass Voigt Druck ausüben kann. Ansonsten wäre wohl Sparen ein Fremdwort.

martin vor 34 Wochen

Ich hoffe mal darauf, dass die demokratischen Fraktionen einen Kompromiss finden und der Haushalt noch in 2023 verabschiedet wird. Ein vorläufige Haushaltsführung in 2024 würden den Interessens Thüringens widersprechen.

Mehr aus Thüringen