Erkältungssaison "Gesundschreibung" meist unnötig: Weiter viele Kinder in Thüringen krank

21. Dezember 2022, 23:24 Uhr

Volle Wartezimmer kurz vor den Weihnachtsferien in Thüringen: Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte rät zu Besonnenheit im Umgang mit der Infektionswelle.

Nach wie vor ist das Infektionsgeschehen unter Kindern in Thüringen hoch. In den Wartezimmern zwischen Eisenach und Altenburg niest, schnupft und hustet es auch kurz vor den Weihnachtsferien von fast allen Stühlen. Die kleinen Patienten kommen mit ganz verschiedenen Leiden in die Praxen.

"Wir haben aber alles unter Kontrolle", sagt Dr. Dirk Rühling vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte Thüringen. Er rechnet auch in den kommenden Wochen mit vielen erkrankten Kindern - und appelliert an Vernunft und Besonnenheit. Es seien derzeit zwar deutlich mehr Patienten als in den Vorjahren in Behandlung, die Zahl der schweren Fälle sei aber nicht überproportional höher.

Erkrankte Mitarbeiter auch in Arztpraxen

"Man sieht jetzt die Nachholeffekte", sagt Rühling mit Blick auf die vergangenen Corona-Jahre mit Kita- und Schulschließungen und entsprechend weniger sozialen Kontakten. "Sonst hatte man immer den neuesten Kindergartenjahrgang in der Praxis - und jetzt sind es drei Jahrgänge auf einmal. So viele Mittelohrentzündungen wie zuletzt habe ich lange nicht gesehen."

Zudem hüten auch so manche erkrankte Ärztinnen, Ärzte und ihre Mitarbeiter in diesen Tagen das Bett. Wenn man das alles zusammen betrachte, verstehe man die vollen Arztpraxen ganz gut, sagt Rühling. "Bei uns ist die Lage nicht anders als in anderen Branchen auch."

Kind im Wartezimmer einer Arztpraxis
Die Zeit im Wartezimmer verkürzen sich auch junge Patienten gern mit einem Buch. (Symbolbild) Bildrechte: IMAGO / photothek

Kindergärten und Schulen dürfen "Gesundschreibung" einfordern

Dass Eltern vermehrt zum Arzt kommen, um sich für Schule oder Kindergarten bescheinigen zu lassen, dass ihr Kind wieder gesund sei, erlebe er zumindest in seiner eigenen Praxis in Weimar zum Glück nicht, sagt Rühling.

Aus dem Thüringer Bildungsministerium heißt es dazu, dass viele Einrichtungen solch ein ärztliches Attest fordern würden - auf Grundlage eines Betreuungsvertrages. Obwohl es "eine gesetzliche Grundlage für die Wiederaufnahme von Kindern in Kindertageseinrichtungen nach Krankschreibung nicht gibt". 

Aufgrund der angespannten Situation in den Arztpraxen empfiehlt das Ministerium deshalb, genau zu prüfen, ob solch eine "Gesundschreibung" tatsächlich erforderlich ist.

Wenn ein Kind nach einer medizinisch eher banalen Erkrankung wieder gesund ist, braucht es nicht nochmal zum Arzt zu kommen.

Dirk Rühling Sprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte Thüringen

Solche "Gesundschreibungen" dienten als "Beruhigungsmittel" für Eltern, Erzieher und Lehrer, sagt Kinderarzt Rühling. Das sei verständlich. Ganz nüchtern betrachtet hätten Kindergartenkinder jedoch ständig allerlei Infektionen, das sei ganz natürlich und nichts Neues.

Bei Erkältung generell keine Bescheinigung nötig

Notwendig sind Atteste über Genesungen - laut Infektionsschutzgesetz - generell nur bei bestimmten meldepflichtigen Krankheiten wie etwa bei Scharlach oder Parasitenbefall. Eine Übersicht dazu liefert das Robert-Koch-Institut. Für grippale Infekte ist in der Regel keine ärztliche Bescheinigung erforderlich. Das ist auch auch nach überstandener Covid-19-Erkrankung der Fall, sofern die Isolationspflicht eingehalten wurde.

Als Nachweis für eine Erkrankung gilt an Schulen laut Thüringer Schulordnung, dass Eltern für ihre Kinder bei "an mehr als drei aufeinanderfolgenden Unterrichtstagen" eine Mitteilung über die Dauer der Krankheit vorlegen müssen, wenn das Kind den Unterricht wieder besucht. Dauert die Erkrankung mehr als zehn Unterrichtstage, kann die Schule ein ärztliches Zeugnis verlangen.

Thüringer Kassenärzte: "Viele Atteste unnötig"

Auch Thüringer Kassenärzte kritisieren viele Atteste für Schul- und Kindergartenkinder als unnötig. Durch das Ausstellen von solchen Nachweisen würden Ärztinnen und Ärzte Zeit verlieren, die sie benötigen, um sich um die zahlreichen Patientinnen und Patienten zu kümmern.

In Sachsen-Anhalt empfehlen Gesundheits- und Bildungsministerium den Kitas und Schulen, auf "Gesundschreibungen" zu verzichten und keine unnötigen Atteste zu verlangen. Ansonsten drohe eine Überlastung der Kinderarztpraxen.

In den kommenden Tagen zumindest müssen sich Eltern schulpflichtiger Kinder in Thüringen weniger Gedanken über solche Nachweise machen: Vom 22. Dezember bis 3. Januar stehen die Weihnachtsferien im Kalender.

MDR (mm)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 13. Dezember 2022 | 11:00 Uhr

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