Riethgen Wie eine Tischlerin allein ein altes Rittergut saniert

25. Juni 2022, 12:55 Uhr

Allein ein Rittergut zu sanieren, klingt für den einen oder anderen nach anstrengender Arbeit und viel Fleiß - für die gelernte Tischlerin und Holztechnikerin Dorrit Schulze-Uhrich ist es der Anfang eines dreijährigen Projektes. Aus dem früheren Pächterhaus in Riethgen soll ein Hofcafé mit Ferienwohnungen werden.

Wo andere hadern und durchrechnen, ob etwas funktioniert, packt sie einfach an: Dorrit Schulze-Uhrich, 54 Jahre alt, gelernte Tischlerin und Holztechnikerin. Seit drei Jahren saniert sie in der Thomas-Müntzer-Siedlung in Riethgen im Landkreis Sömmerda im Alleingang ein ehemaliges Rittergut, das eigentlich schon dem Verfall preisgegeben war. Ihr Ziel: Sie will im früheren Pächterhaus künftig ein Hofcafé betreiben, um Radfahrer und Wanderer des 200 Meter entfernt gelegenen Unstrut-Radweges anzulocken. Auch Ferienwohnungen sollen in dem Haus entstehen.

Haus verfiel mehr und mehr

Immer wieder ging Dorrit Schulze-Uhrich vor einigen Jahren ihre Runden mit dem Hund durch die Siedlung. Dabei lief sie auch immer wieder am mittelalterlichen Pächterhaus vorbei, das zum alten Rittergut gehört. Immer wieder dachte sie: Es kann doch nicht sein, dass dieses Haus mehr und mehr verfällt. Für die gelernte Tischlerin und leidenschaftliche Handwerkerin schwer zu ertragen.

Sie entschied sich, es zu kaufen und nach und nach zu sanieren. Zu dem Zeitpunkt war das 900 Quadratmeter große Pächterhaus in ihren Worten eine Ruine: "Katastrophe. Müll bis unters Dach, DDR-kaputt-saniert, überall Linoleum-Belag, die Dielen waren aufgequollen, so hoch gegangen, weil dieses Linoleum das praktisch versiegelt hat, es war schon kein schöner Anblick. Da muss man schon ein bisschen verrückt sein, um sich das anzutun."

Schulze-Uhrich vom Ehrgeiz gepackt

Während andere bei diesem Anblick die Hände über dem Kopf zusammenschlagen würden, war Dorrit Schulze-Uhrich vom Ehrgeiz gepackt, sie fing einfach an. Da sie unter der Woche in einer Firma in Weißensee angestellt ist, arbeitet sie meist an den Wochenenden. Zuerst hieß es, den Müll loszuwerden, containerweise.

Dann begann sie, mit einem Hammer die Innenwände einzuschlagen, kratze alte Tapeten ab und brachte sich selbst das Fliesenlegen bei - mit Videos aus dem Internet. Die Arbeit hat sich inzwischen bereits ausgezahlt: Im Untergeschoss ist eine modern sanierte Wohnung entstanden, in der sie seit diesem Jahr wohnt. Von hier aus kann sie sich nun im Haus weiter voran arbeiten.

Über das Rittergut ist nicht viel bekannt

Über das mittelalterliche Haus selbst ist nicht viel bekannt. Dorrit Schulze-Uhrich weiß nur, dass das damalige Rittergut von einem Pächter verwaltet wurde und dieser vermutlich samt der Bediensteten in diesem Haus gelebt haben. In dem 300 Quadratmeter großen Kellergewölbe war früher vermutlich ein Verlies.

Einen Goldschatz habe sie in dem Haus leider noch nicht gefunden, sagt sie schmunzelnd. Um das Haus überhaupt sanieren zu können, hat sie ihren alten Hofladen in Sömmerda verkauft und hatte damit sozusagen ein Startkapital. Dazu kamen noch mal Fördermittel von der regionalen Aktionsgruppe Sömmerda-Erfurt. So konnten inzwischen auch das Dach und die Fenster des Hauses saniert werden.

Ihr nächstes Ziel ist ein Hofcafé im Erdgeschoss. Wenn sie die noch wüsten und leeren Räume betritt, hat sie bereits Bilder vor Augen, wie es einmal aussehen soll. Ihre Vorstellung ist, mit dem Hofcafé Rad- und Wandertouristen vom Unstrut-Radweg anzulocken, eventuell auch Paddler. Denn Unstrut sowie Radweg sind nur rund 200 Meter von dem Gut entfernt.

Café soll nächsten Sommer öffnen

"Die meisten Radfahrer auf dem Unstrut-Radweg sind ja am Wochenende unterwegs und da hab ich mir gedacht: "Da haben die ein schönes Ziel und hier einen schönen Hof, wo sie auf der Terrasse sitzen, einen Kaffee trinken, ein bisschen Kuchen essen. Und dann ist das vielleicht so ein kleines Ausflugsziel für Sömmerda und Umgebung, weil: Wenn man den Unstrut-Radweg befährt, gibt es nicht viel."

Das Café will sie, wenn alles gut läuft, im nächsten Sommer eröffnen. Aber sie hat auch langfristige Pläne: Im Obergeschoss des Pächterhauses sollen Ferienwohnungen entstehen, auf dem Gelände um das Haus können Camper ihre Zelte aufschlagen.

Und als Tierfreundin ist ihr Wunsch zudem, künftig irgendwann Schweine, Schafe und Hühner auf dem Gelände zu haben: "Ich muss ja auch irgendwie das alles beweiden und bewirtschaften dann. Vielleicht sogar im Hofcafé die Eier von den eigenen Hühnern dann zum Backen verwenden oder fürs Frühstück oder so. Also, so ist der Plan."

Anfangs wurde sie belächelt

Für ihre Ideen und Pläne wurde die 54-Jährige von ihrem Umfeld anfangs belächelt. Auch als sie die Bank nach einem Förderkredit fragte, war die Skepsis vonseiten der Bank groß. Doch inzwischen sei vielen um sie herum klargeworden, dass die Ideen nicht bloß Spinnereien waren, sondern dass sie das, was sie vorhat, auch umsetzt.

Für Dorrit Schulze-Uhrich selbst ist das Sanieren und Einrichten einfach ein Hobby, sagt sie: "Andere gehen ins Fitnessstudio - ich hab meinen Vorschlaghammer oder meinen Beton oder meine Mischung, die ich mache. Es macht mir Spaß! Und das Schöne ist, man sieht am Ende des Tages: Das habe ich gemacht und das ist wieder ein Schritt weiter."

MDR

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 23. Juni 2022 | 15:10 Uhr

7 Kommentare

Frau K. am 26.06.2022

@Freies Moria
Da die Frau den Laden allein übernommen hat, braucht sie keine Quote.

Wenn in Teams Jobs vergeben werden, dann nimmt der Chef den Kandidaten am "liebsten", der ihm am ähnlichsten ist (das fängt auch schon beim Geschlecht an) oder den er kennt oder ihm empfohlen wurde und wenn man auf die Statistiken in den höheren "Etagen" schaut, wird es somit vorrangig ein Mann sein.
Solang der Mensch nicht in der Lage völlig objektive Entscheidungen zu treffen, wird es in die eine oder andere Richtung Quoten brauchen.

DenkPositiv am 26.06.2022

OK, eigenhändig durch eigenständig ersetzen. Ist doch jedem klar, dass auch "Männer vom Fach" gebraucht werden. 😉 Ansonsten klingen ihre Kommentare etwas neidisch, dass die Frau das stemmt und ihre Träume lebt.

Deputy am 25.06.2022

@Breakpoint
Stimmt. Die fleißige Handwerkerin wuselt nur im Innenbereich, kratzt und sägt und spachtelt. Aber auch dort ist sie bei allen tragenden Konstruktionen, oder bei der Elektro- und Sanitärinstallation völlig überfordert. Da müssen dann entsprechend qualifizierte Spezialisten tätig werden. Außerdem kann da ohne ein genehmigtes Bauprojekt gar nichts laufen.

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