Großprojekt in Mühlhausen Barrierefreies Butzemannhaus: Wie ein Kindergarten in einen Ü50-Wohnpark umgebaut wird
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23. Oktober 2022, 14:01 Uhr
Die Nachfrage ist hoch für die 35 neuen Wohnungen. Mehrere sind vermietet, viele reserviert. In Mühlhausen werden einstige Kindergarten-Räume zu Wohnungen umgebaut. Die Besonderheit: Alle Mieter sollen über 50 Jahre alt sein.
- Ü50-Wohnungen als Alternative zu Pflegeheimen in Mühlhausen geplant
- Einkaufsbeutel ohne Treppensteigen nach Hause tragen
- Sehr hohe Nachfrage vor allem aus der Nachbarschaft
- DDR-Wohngebiet fast völlig umgebaut
- Butzemannhaus-Investor hat bereits anderes Großprojekt umgesetzt
- Drei Jahre Bauzeit für Großprojekt
Im Mühlhäuser Forstbergviertel entstehen derzeit 35 Wohnungen in einem ehemaligen Kindergarten in der Gartenstraße. Die ersten Mieter sind bereits eingezogen. Investor Uwe Jenner hat sich dabei für das Konzept "Ü50" entschieden - seine Mieter sollen alle über 50 Jahre alt sein. Weil in Deutschland mittlerweile jeder dritte Bewohner über 50 ist, sei das ein passendes Konzept, ist Jenner überzeugt. Er ist selbst Jahrgang 1964.
Die bis zu 100 Quadratmeter großen Wohnungen mit Fahrstuhl und Balkon werden in den nächsten Monaten etappenweise fertiggestellt. Die ersten Quartiere sind bereits vermietet.
Wohnungen als Alternative zu Pflegeheimen
Selbstbestimmt und barrierefrei leben, das müsse für Menschen im Rentenalter und darüber hinaus möglich sein, sagt Jenner. Alten- und Pflegeheime sehe er daher mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Fast alle seiner Wohnungen sind zwischen 50 und 70 Quadratmeter groß, haben zwei oder drei Wohnräume, einen Abstellraum, einen Balkon und einen Fahrstuhl. Zwei Wohnungen haben auch eine Fläche von 100 Quadratmetern.
Plattenbau stark verändert
Die Wohnbereiche entstanden aus den früheren Gruppenräumen eines Kindergartens: Alle Wohnungen hätten ein großes Wohnzimmer, erklärt er weiter. Die Bäder haben Tageslicht. Hinter dem Haus entsteht dazu ein großer Parkplatz mit Carport. Jeder Mieter könne seinen Einkauf, ohne eine Stufe zu erklimmen, in seine Wohnung bringen. Außerdem ist ein großzügiger Garten mit Sitzgelegenheiten sowie einem großen Gartenhaus als Begegnungsstätte geplant.
Nachfrage nach Wohnungen ist "riesig"
Die Nachfrage sei riesig, berichtet der Investor weiter: Einige der 35 Wohnungen sind bereits vermietet, viele andere reserviert. Die ersten Mieter sind schon eingezogen. Vor allem gibt es Interesse von Menschen, die seit Jahrzehnten im Forstbergviertel wohnen. Sie hätten dort Bushaltestellen, Arzt, Einkaufsmarkt und ihre Bekannten - sie wollen ihr Kiez nicht verlassen, erklärt Jenner, der die genaue Investitionssumme nicht nennen möchte. Nur ein Fahrstuhl fehlt vielen bisher. Denn die Blöcke in der Nachbarschaft erstrecken sich über bis zu fünf Etagen. Dazu kommt: Sich im Rentenalter noch einmal etwas Neues einzurichten oder zu gönnen, ist für einige außerdem ein Grund für einen Umzug ins Butzemannhaus.
Der Name Butzemannhaus bleibt
Das Butzemannhaus war in den 1980er-Jahren als "Kinderkombination" im damals neuen Mühlhäuser Wohngebiet Gartenstraße gebaut worden. Die Kinderkombination, bestehend aus Krippe und Kindergarten, wurde zugleich die letzte, die in der DDR in der Stadt entstand. Im Neubaugebiet Gartenstraße waren zu Beginn der 1980er-Jahre mehr als zehn Wohnblöcke, ein Altersheim und eine Kaufhalle gebaut. Die dringend benötigte Kita "Butzemannhaus" eröffnete schließlich im Sommer 1986. Doch von den Blöcken steht mittlerweile keiner mehr.
2015 ziehen Kinder aus Kindergarten aus
Nach einem Stadtratsbeschluss war knapp 25 Jahre nach dem Ende der DDR das Schicksal des nicht mehr ausgelasteten Kindergartens besiegelt: Im Jahr 2015 zog der Kindergarten in einen anderen Stadtteil, die Einrichtung wurde geschlossen. Das Grundstück schrieb die Stadt zum Verkauf aus und verkaufte es 2016 an den Meistbietenden.
Käufer und Bauherr Uwe Jenner hat Erfahrung mit solchen Projekten. Er baute bereits das schon 2009 geschlossene Schweitzer-Gymnasium in einen Wohnpark um. Auch dort sind 35 barrierefreie Wohnungen entstanden - mit Mietern aus allen Generationen, einem großen Gemeinschaftsbereich mit Sport- und Spielplätzen. Dort in der Damaschkestraße wohnen nun die Menschen aus mehreren Generationen in umgebauten Klassenzimmern.
Eine Etage obendrauf für Butzemannhaus
In der Gartenstraße sind es die Gruppenräume und Flure des ehemaligen Kindergartens, in die nun neue Mieter einziehen sollen. Das lang gestreckte Gebäude ist dafür sogar um eine Etage erweitert worden. Die Sanierung erfolgt in mehreren Bauabschnitten. Die Fassade ist hell mit bunten Farbtupfern, hinter der Fassade gibt es jetzt Ü50-Wohnkomfort.
Tausende Kinder wurden in der DDR im Kindergarten betreut
Auf alten Fotos sind noch an Fenstern, Wänden und Decken viele Zeichnungen und Malereien zu bewundern. Seit der Eröffnung 1986 wurden im Butzemannhaus Tausende Kinder betreut, in Spitzenzeiten täglich etwa 200 Kinder.
Drei Jahre Bauzeit für Großprojekt
Die Vorarbeiten hätten viel Zeit in Anspruch genommen, erinnert sich Uwe Jenner. Da es sich um einen solide errichteten DDR-Beton-Bau handelt, waren auch die Abrissarbeiten aufwendiger. Weil jeder Gruppenbereich seine eigenen sanitären Anlagen hatte, mussten 70 WC und knapp 100 Waschbecken ausgebaut werden. Auch die Essensaufzüge wurden entfernt und sämtliche Trennwände abgebrochen. Die gesamten Elektro-, Heizungs- und Sanitäranlagen wurden erneuert.
MDR (rom)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 23. Oktober 2022 | 11:00 Uhr