Die Ilsenhöhle.
Eine Art archäologische Schatzkammer: die Ilsenhöhle direkt unter der Burg Ranis. Bildrechte: Stadt Ranis

Archäologie Forscher finden in Ostthüringen Belege für frühere Besiedlung durch Homo sapiens

31. Januar 2024, 17:41 Uhr

Archäologische Grabungen in der Ilsenhöhle unterhalb der Ostthüringer Burg Ranis haben neue Erkenntnisse über den Homo sapiens erbracht. Demnach lebte er schon deutlich früher in Mitteleuropa als bislang angenommen. Und er erfand ein Werkzeug, das die Wissenschaft bislang dem Neandertaler zugeordnet hatte.

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Der moderne Mensch - landläufig bekannt als Homo sapiens - hat nach neuesten Forschungen deutlich früher in Mitteleuropa gelebt als bislang angenommen. Das belegen jüngste Funde in der Ilsenhöhle in Ranis in Ostthüringen, wie das Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig am Mittwoch berichtete.

Demnach wurden in der Höhle 45.000 Jahre alte Knochen des Homo sapiens entdeckt. Bislang war die Wissenschaft davon ausgegangen, dass der Homo sapiens erst vor rund 40.000 Jahren Europa besiedelte und hier nur vereinzelt früher auftauchte.

Ein Fund aus der Stadt Ranis bei Saalfeld
Ein Knochenfund aus der Ilsenhöhle. Bildrechte: picture alliance/dpa/- | Tim Schüler TLDA

Tausende Knochenfragmente gefunden

Bei Grabungen in der Höhle unterhalb der Burg Ranis im Zeitraum von 2016 bis 2022 fand ein Wissenschaftler-Team um den emeritierten Direktor des Leipziger Instituts, Jean-Jacques Hublin, tausende zersplitterte Knochenfragmente, darunter welche von Homo sapiens sowie von Tieren.

Diese belegen nach Einschätzung der Wissenschaftler, dass die Höhle abwechselnd von Tieren wie Hyänen und Höhlenbären und von kleinen Menschengruppen bewohnt wurde. "Obwohl diese Menschen die Höhle nur über kurze Zeiträume nutzten, verzehrten sie Fleisch einer Reihe von Tieren, darunter Rentiere, Wollnashörner und Pferde", erklärte Geoff Smith von der Universität Kent.

Damals war es deutlich kälter als heute

Analysen von Knochen haben demnach auch ergeben, dass vor rund 45.000 Jahren in Mitteleuropa ein kaltes Kontinentalklima herrschte - mit Temperaturen, die etwa 7 bis 15 Grad Celsius unter den heutigen lagen. Die frühen Homo sapiens-Gruppen seien aber in der Lage gewesen, sich an solch raue klimatische Bedingungen anzupassen.

Funde aus der Stadt Ranis bei Saalfeld.
Solche beidseitig bearbeiteten Steinklingen wurden bislang dem Neandertaler zugeordnet. Nun gehen Wissenschaftler davon aus, dass dieser Werkezugtyp vom Homo sapiens entwickelt wurde. Bildrechte: picture alliance/dpa/Museum Burg Ranis | Josephine Schubert

Werkzeug nicht von Neandertaler erfunden

Die neuen Funde in der Höhle - dort war bereits in den 1920-er und 1930-er Jahren archäologisch gegraben worden - zeigten laut dem Wissenschaftler-Team auch, dass ein bisher den Neandertalern zugeordnetes Werkzeug offenbar vom Homo sapiens stammt. Dabei handelt es sich um beidseitig bearbeitete Klingenspitzen aus Stein.

MDR (dr), dpa, AFP

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 31. Januar 2024 | 17:00 Uhr

6 Kommentare

weils so nicht unwidersprochen bleiben darf vor 12 Wochen

Naja.
Womit Sie recht haben, H.Kater, ist, dass die "Anpassungsphasen" an Veränderungen heute nicht ausreichen, um mit der menschlichen Ernährung darauf zu warten, daas die Evolution das Wollhaarnashorn durch ein anderes Jagdwild ersetzt.
Aber: Das haben wir auch nicht nötig! Im Gegensatz zu unseren Vorfahren "vor 45000 Jahren" können wir nämlich schon im nächsten Jahr nach einem "Klimawandel" Pflanzen oder Tiere aus Gegenden mit anderem Klima in die veränderten Gebiete bringen; können MORGEN schon Zebras in Brandenburg oder Kartoffeln in der Anarktis einführen. Und HEUTE schon Nashornfleisch aus Afrika importieren, wenns bei uns alle ist!
Also: Die "Anfälligkeit" der Menschen ist deutlich GERINGER geworden; sie werden gut (und besser als heute!) überleben - wenn sie nicht dumme Kriege führen oder sich selbst durch überzogen-bürokratische Umweltschutzmassnahmen, Gentechnikverbote oder ähnliches die Hände fesseln. Was aber allerdings tatsächlich zu befürchten steht.

DER Beobachter vor 12 Wochen

Also die Abschlagspuren kenne ich schon eher von Werkzeugen des Homo Sapiens als von denen des Homo Neandertalensis. Schön zu wissen, dass es in Thüringen mal auch Vernunftbegabte gab - waren übrigens Zuwanderer aus dem Süden... ;););)

H.Kater vor 12 Wochen

Selbstverständlich gibt es natürliche Klimaveränderungen: Warmzeiten und Eiszeiten wechseln sich ab, Flora und Fauna haben sich daran über Jahrtausende angepasst.
Heute haben wir Menschen den Prozess aber derart beschleunigt, dass es keine so lange Anpassungsphase mehr gibt. Zumal wir modernen Menschen viel anfälliger für ein verändertes Klima sind als unsere Vorfahren vor 45.000 Jahren. 'Damals' gab es vielleicht ein paar Millionen von "uns", da konnten wir in besser geeignete Gebiete ausweichen (und Oma zurücklassen, wenn sie nicht mehr weiter konnte) und sind von einem Wollnashorn satt geworden, das uns über den Weg lief. Heute sind wir 8 Milliarden Menschen, haben den Planeten dicht besiedelt und können nirgendwo hin mehr ausweichen - wir sind ja schon überall. Und Wollnashörner jagen wir auch nicht mehr, sondern sind auf hocheffiziente und leider anfällige Landwirtschaft angewiesen. Achja. Oma lassen wir natürlich auch nicht mehr zurück, wenn sie nicht mehr weiter kann.

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