Der Redakteur | 01.11.2023 Warum Thüringer Straßen oft so viele Schlaglöcher haben

01. November 2023, 21:22 Uhr

Ein Schlagloch kommt selten alleine. Denn es gibt meistens Ursachen, die tiefer liegen. Und dass nicht immer sofort alles repariert werden kann, hat Gründe. Zwei Beispiele aus Göllingen (Gemeinde Kyffhäuserland) und Hausbreitenbach (Stadt Werra-Suhl-Tal) - exemplarisch für viele im Lande.

Vor den Herbstferien hat MDR THÜRINGEN an einem "Schlagloch-Thementag" verschiedene Exemplare zugeschickt bekommen. Also Foto versteht sich. Einige Löcher wurden schnell beseitigt, aus einigen sind größere Straßenbau-Themen geworden, an denen noch recherchiert wird.

Während es in Göllingen in Nordthüringen an der gemeldeten Stelle nur für die grobe Schadensbeseitigung reicht, ist in Hausbreitenbach mehr geplant. Die Beseitigung "unseres" Schlaglochs ist nur ein angenehmer Nebeneffekt.  

Die Plane von Hausbreitenbach

Wenn die Ortsstraße gefühlt über die Fensterbretter der Häuser führt, sind die Anwohner dichter dran als ihnen lieb ist. Keine zwei Meter sind es bei Familie Siefert in Hausbreitenbach. Das Unangenehme: Genau an dieser Engstelle hat sich vor Jahren schon die Fahrbahn etwas abgesenkt. Nicht viel, aber ausreichend, um an dieser Stelle das Wasser einzusammeln.

Wenn dort ein Auto durchfährt, wird die Hausfassade geflutet und weil das Fenster der Druckwelle nicht standhalten würde, spannt Horst Siefert im Herbst immer eine Plane davor. Schön ist anders. Seit acht Jahren besteht das Problem, vor etwa drei Jahren war schon einmal jemand von der Verwaltung vor Ort und hat sich die Pfütze angeschaut, erzählt er.

Lösung in Hausbreitenbach in Sicht

Die Lösung könnte ein Einlauf sein an dieser Stelle oder der eben ganz große Wurf. Der wird es nun werden, denn bis nächstes Jahr werden in Hausbreitenbach Abwasser und Straßendecke erneuert. Im Nachbarort Herda haben die Arbeiten schon begonnen, deshalb ist die Straße ohnehin derzeit gesperrt. Die großen Lkw bleiben weg und es fahren derzeit nur ein paar Anwohner am Haus der Sieferts vorbei.

Der neue Bürgermeister Maik Klotzbach von Werra-Suhl-Tal im Wartburgkreis, wozu Hausbreitenbach gehört, freut sich ein bisschen, dass er quasi die Lösung geerbt hat. Er verspricht aber, dass bei den für 2024 geplanten Baumaßnahmen auch die Interessen der Anwohner beachtet werden. Einige Grundstücke liegen zum Beispiel tiefer als die Straße - und Wasser fließt selten bergauf. Hier muss verhindert werden, dass bei Starkregen das Wasser in die Höfe und Häuser läuft.

Für Herrn Siefert bedeutet die Herangehensweise: Auch "seine" Senke wird Thema sein - und hoffentlich behoben. Vielleicht muss an dieser Stelle sogar ein Gully hin.

Vorteil solcher Baumaßnahmen ist, dass der Untergrund komplett aufgegraben wird. Dadurch haben wir die Möglichkeit, neue Einläufe zu setzen, was im laufenden Betrieb kaum möglich ist.

Maik Klotzbach, Bürgermeister von Suhl-Werra-Tal

Flickschusterei an bestehenden Oberflächen führe wieder zu Schnittkanten, erklärt Maik Klotzbach. Und über diese "stolpern" gerade Lkw gerne, was wieder für zusätzlichen Lärm sorgt. Die neue Fahrbahndecke von Hausbreitenbach wird diesbezüglich makellos sein und dann auch ohne Schlaglöcher und Wassersammelsenken.

Die Schlaglöcher von Göllingen

Göllingen ist Teil der Gemeinde Kyffhäuserland, die insgesamt acht Dörfer umfasst: Badra, Bendeleben, Göllingen eben, Günserode, Hachelbich, Rottleben, Seega und Steinthaleben. Knut Hoffmann ist der Bürgermeister für alle und ihm geht es wie vielen seiner Kollegen. Löcher gibt es nicht nur auf den Straßen, sondern auch im Haushalt.

Man muss sich also gut überlegen: Wo setze ich die Mittel und Kapazitäten ein, wo reicht das Flicken noch, wo muss grundlegend etwas passieren. Was die Löcher in der Schachtstraße entlang der Wipper betrifft, nerven diese MDR THÜRINGEN Hörer Wolfgang Finke ziemlich, weil sie in einer Kurve liegen und die Fahrzeuge immer auf die Gegenfahrbahn ausweichen.

Es gebe sogar noch schlimmere Löcher, sagt der Bürgermeister, verspricht aber Abhilfe. Einmal im Jahr sind die Kollegen des Bauhofes dann mit größerem Besteck unterwegs und flicken die neu entstanden Löcher, wo es geht. Es sind Kosten- aber auch Kapazitätsgründe, dass man nicht jedes Loch einzeln ansteuert.

Dabei kann er nur die Straßen flicken lassen, für die die Gemeinde zuständig ist. Manchmal ist es aber auch der Kreis oder das Land; und die Koordination der Beteiligten ist mindestens anspruchsvoll, vor allem bei größeren Baumaßnahmen.

Warum sind unsere Straßen überhaupt so löchrig?

Viele Straßen, besonders in ländlichen Regionen und kleinen Dörfern, sind eigentlich keine Straßen im Sinne heutiger Baunormen. Es sind ehemalige Pflasterstraßen oder Betonpisten aus DDR-Zeiten, die nach der Wende mal eine Bitumenschicht bekommen haben oder gar nichts.

Die Qualität einer Fahrbahndecke entscheidet sich aber etwas weiter unten. Wenn die aus Schotter bestehende Frostschutzschicht nicht existent oder fehlerhaft ist und auch der restliche Schichtaufbau unzureichend, ist die Basis schon gelegt für neue Schlaglöcher.

Schlagloch auf einer Straße
Schlaglöcher sind für Autofahrer gefährlich und für Anwohner nervig. Bildrechte: IMAGO / Gottfried Czepluch

Die Straße zu erneuern, macht aber nur Sinn, wenn alle Beteiligten mitziehen. Und beteiligt sind alle, die unter der Decke Leitungen verlegt haben oder dies planen. Wasser, Abwasser, Strom, Gas, Telekommunikation. Da geht es oft nicht nur um die Hauptleitungen, sondern auch um die Hausanschlüsse. Alle müssen wollen und auch können und das zur gleichen Zeit. Sonst geht die Flickschusterei hinterher wieder los. Und die Straßenbauarbeiten sind der teuerste Teil der Veranstaltung.

Wir haben mit der grundhaften Sanierung etwas Nachholbedarf. Und das versuchen wir seit mehreren Jahren aufzuholen, und gemeinsam mit den Zweckverbänden die Ortslagen und Straßen anzugehen.

Knut Hoffmann, Bürgermeister der Gemeinde Kyffhäuserland

Abgesehen davon sind es ja nicht nur (Auto-)Straßen, die gebraucht werden. Und vieles muss auch größer gedacht werden. Zum Beispiel die Radwege in der Gegend. Die Orte liegen quasi auf halbem Wege zwischen Harz und Thüringer Wald und sind wunderbare Haltestationen für Radwanderer.

Neben dem "Unstrut-Werra-Radweg" gibt es noch den "Weg in die Steinzeit" (der nicht wegen des Belages so heißt) und den Radweg "Harz-Kyffhäuser-Rennsteig". Hier steht noch ein Lückenschluss aus, der bis 2025/2026 abgeschlossen werden soll. Auch zum Vorteil der Leute vor Ort.

Der touristische Aspekt ist die eine Seite, die andere Seite ist der Alltagsradverkehr. Wir können Sondershausen und Bad Frankenhausen sehr gut erreichen über das Radwegenetz, das ist der zweite Aspekt.

Knut Hoffmann, Bürgermeister der Gemeinde Kyffhäuserland

MDR (dvs)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 01. November 2023 | 16:40 Uhr

2 Kommentare

Ralf G am 02.11.2023

Es ist beim Straßenbau wohl ähnlich wie beim Wohnungsbau. Und sicher nicht nur ein kommunales, sondern ein deutschlandweites Problem.
Die Prioritäten beim Geldausgeben liegen woanders. Schlechte Gemeindestraßen betreffen vorwiegend Einheimische. Die sollen Steuern zahlen und keine Ansprüche stellen.

Thueringer Original am 01.11.2023

Wurde sich denn an die TLBV gewandt? Wenn man sich natürlich an die nicht zuständige Kommune wendet und diese nicht kompetent genug ist, die zuständige Stelle zu kontaktieren, dann kann sowas natürlich auch dauern. Denn was man nicht weiß, kann man auch nicht beheben.

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