Schleppjagd in Römhild Absolute Freiheit für Reiter, Pferde und Hunde

23. Oktober 2022, 19:04 Uhr

Kondition, Kraft, Geschick und vor allem viel Gefühl muss man haben, wenn man da mithalten will. 40 Reiter mit ihren Pferden haben die Herausforderung in Römhild angenommen. Bei einer Schleppjagd legen zwei Reiter an der Spitze mit der Hufspur die sogenannte Schleppe. Die Hundemeute muss diese Spur finden und die Jagdreiter begleiten die Hunde.

In vollem Speed über Wiesen fegen. Vor einem die wehende Pferdemähne und die aufmerksamen Pferdeohren. Für Reiter gibt es fast nichts Schöneres. Eine Schleppjagd bietet all das und noch ein bisschen mehr. Denn da kommen auch noch Jagdhunde und ein ganzer Schwung weiterer Pferde samt ihrer Reiter ins Spiel. Römhild hat am Samstag erstmals eine Schleppjagd mit allem Drum und Dran erlebt.

Reiter legen die Schleppe

"Bei einer Schleppjagd gehen zwei Reiter voraus und legen mit ihren Hufen eine Spur. Wir Jagdreiter sagen dazu Schleppe", erklärt Armin Kirchdörfer geduldig. "Die Hundemeute muss diese Spur finden und die Reiter begleiten die Hunde." Bei einer Schleppjagd gibt es laut Kirchdörfer keinen Sieger. "Wir genießen einfach das Erlebnis gemeinsam mit den Tieren draußen in der Natur."

Armin Kirchdörfer aus Bad Königshofen im benachbarten Bayern ist Tierarzt und auf Pferde spezialisiert. Deshalb ist er immer mal wieder auf der Anlage des Römhilder Reit- und Fahrvereins unterwegs. "Wir sind dann so ins Gespräch gekommen und irgendwann war die Idee geboren, in Römhild eine Schleppjagd auszutragen."

Kirchdörfer und seine Mitstreiter von der Frankenmeute sind fast jedes Wochenende auf einer Jagd unterwegs. Erst letztens im Erzgebirge.

Frankenmeute stellt die Hunde

Die Frankenmeute, das sind insgesamt fast 60 aufgeweckte Beagle-Jagdhunde. "Beagle sind besonders lauffreudig und haben eine sensationell gute Nase", so Kirchdörfer. Aber am allerwichtigsten sei, dass sie Freude haben. "Du kannst keinen Hund zwingen."

Dass die Hunde bei der Jagd nicht unter die Hufe geraten, dafür ist die sogenannte Equipage zuständig. Das sind vier Reiter mit langen Hetzpeitschen. "Aber wir schlagen die Hunde damit nicht" sagte Uwe Hochbrückner. Im Sattel führt er vor, wie er mit der Peitsche wedelt. "So signalisieren wir, hier geht es nicht weiter."

Großes Reiterfeld versammelt

Judith Gundelwein vom Römhilder Reitverein war sofort Feuer und Flamme. "Wann kannst du schon mal mit so vielen anderen Reitern und Pferden raus und so eine lange Strecke im Gelände erleben?" Trotzdem hätte Kirchdörfer mit so viel Zuspruch nicht gerechnet.

Mehr als 40 Reiter aus Thüringen und Bayern waren angereist. "Das ist das größte Jagdfeld in diesem Jahr, das hätte ich im Leben nicht gedacht." Und was Kirchdörfer besonders freut, es machen viele Anfänger mit. Deshalb haben die Helfer darauf geachtet, dass die Strecke auch für Jagd-Einsteiger gut zu reiten ist. 15 Kilometer, meist eben und auf Wiesen entlang.

Allerding auch acht Sprünge und ein Graben. Außerdem muss das Feld einmal bergab galoppieren. Nur wer das im Sattel schon einmal erlebt hat, weiß wie heikel das sein kann.

Überholen streng verboten

"Wir sind hier nicht beim Pferderennen", gibt Armin Kirchdörfer kurz vor dem Start den Reitern noch einmal die Richtung vor. "Voran gehen die beiden Reiter, die die Schleppe legen. Danach folgen Equipage und Hundemeute.

Dann die Springer, dann die Vielleicht-Springer und dann die, die es ruhiger angehen lassen wollen. Wichtig" - und das wiederholt Kirchdörfer gleich zweimal - "es wird nicht überholt! Es wird Position geritten." Nichts sei schlimmer, als wenn Pferde ins Rennen geraten und kopflos durch die Gegend schießen. "So ein Pferd ist dann nicht mehr zu kontrollieren und bringt den Reiter und sich in Lebensgefahr."

Kurz nach 12 Uhr geht es dann endlich los. Anfangs gemütlich im Schritt. Pferde und Hunde müssen erst warm werden. Nach etwa 20 Minuten legen Armin Kirchdörfer mit Landmann und Judith Gundelwein mit Caruso die erste von insgesamt neun Schleppen. Die Hufe fliegen nur so über die Wiese. Die Hundemeute wird losgelassen und folgt der Spur. Wenig später kommen die ersten Reiter.

Zwischen den Schleppen wird Pause gemacht. Die Hunde dürfen im Fluss saufen und Jagdhornbläser in Uniform spielen dazu.

Man fühlt sich in längst vergangene Zeiten versetzt. Tatsächlich hat die Schleppjagd ihre Ursprünge in den früheren Hetzjagden. Damals wurde das Wild von den Hunden und Reitern zu Tode gehetzt. Seit den 1930er-Jahren ist das in Deutschland verboten. "Aus dieser Zeit kam ja nicht viel Gutes, aber das war eine richtige Entscheidung", sagt Uwe Hochbrückner und wedelt mit seiner Hetzpeitsche. Beagle Paul ist heute ein bisschen vorwitzig und muss immer wieder zurückgerufen werden.

Jagdeinsteiger reiten im Westernsattel

Nach zwei Stunden hat es das Jagdfeld fast geschafft. Nur noch eine Schleppe muss gefunden werden. Fast ganz hinten reitet Alexander Patsch aus Coburg. Seine Painthorse-Stute mit der hellen Mähne ist eigentlich ein Westernpferd.

Patsch reitet sie deshalb auch im Westernsattel: "Ich war einfach neugierig was da so abgeht bei einer Schleppjad". Er sei vor allem stolz auf sein Pony. "Ich glaub, der hat das auch Spaß gemacht". Gesprungen sind die Beiden aber nicht. "Mit einem Westernsattel und dem Horn vorne dran geht das auch nicht so gut", sagt Patsch und lacht.

Belohnungen für alle

Zurück auf dem großen Reitplatz stellen sich alle Reiter und ihre Pferde noch einmal im Halbkreis auf. Für das sogenannte Curé steigen die Reiter ab. Uwe Hochbrückner gibt mit einer Pfeife ein Signal und die Hundemeute stürzt sich auf eine riesige Portion Pansen.

Für Hunde ist Magen eine Delikatesse. Später bekommen die Pferde eine Extraportion Möhren und für die Zweibeiner gibt es Soljanka. Sie sind jetzt nicht einfach nur Reiter, sondern Jagdreiter.

MDR (gh)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 22. Oktober 2022 | 19:00 Uhr

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